Der erneut modern gewordene Krieg aller Kategorien

Was aber ist die eigentliche Ursache all dieser aufgezeigten Verwerfungen in Staaten und Regionen? Vielleicht kommen wir mit anderen Überlegungen den Ursachen doch etwas näher. Die erste Ursache war 1991 der Zerfall der Sowjetunion in insgesamt 15 souveräne Einzelstaaten, wobei innerhalb deren Grenzen selten Rücksicht genommen wurde auf die Abstammungen und Zugehörigkeiten der Einwohner zu den bekannten Volksgruppen, die sich nicht nur durch verschiedene Sprachen unterscheiden. Besonders der Ukraine der folgenden Jahre waren zwei große Volksgruppen in einen Staat gezwängt, die sich traditionell nicht gut verstehen, Russen und Ukrainer. Und in weiteren Kleinstaaten rund um Russland entstanden vergleichbare Problemstellungen. Ich denke dabei besonders an Armenien und Aserbaidschan und die umstrittene Provinz Bergkarabach. Es ist kein Geheimnis, das der Westen heute nach wie vor davon träumt, auch den großen Staat Russland in mehrere souveräne Kleinstaaten aufzuteilen, womit die Weltmacht Russland ausgedient hätte. Meist ist dabei von drei bis zu sieben Kleinstaaten die Rede. Diese Träume waren unter den Präsidenten Gorbatschow und Jelzin auch durchaus realistisch, wurden aber spätestens durch Putin erfolgreich vereitelt. Ihm gelang es, die in Russland verbliebenen Republiken zu einem stabilen Staatsgebilde umzuformen. Das dieser Erfolg dem Westen nicht recht sein konnte, liegt/lag auf der Hand. Nicht umsonst ist Putin dort in Politik und Medien der Staatsfeind Nummer 1. Russland erholt sich zur Zeit trotz massiver Sanktionen des Westens schnell, baut seine Wirtschaft ständig aus und ist unangefochten eine der drei großen Weltmächte, ohne die politisch nichts geht auf der Welt. Russland und China sind sich der Bevormundung durch den Westen längst überdrüssig und befürworten mehr eine Multilaterale Weltordnung, in der die bestehenden Staaten gleichberechtigt am Welttisch sitzen.

Ähnliche Verwerfungen wie durch den Zerfall der UdSSR waren und sind im Nahen Osten zu verzeichnen. Dort ist mit Israel nach dem Weltkrieg ein neuer Staat entstanden, der in seinem muslimischen Umfeld auf wenig Gegenliebe stieß/stößt. Die Kriege der letzten Jahre mit seinen Nachbarn überstand Israel nur durch massive Hilfe des versammelten Westens, besonders durch die USA. Das sich dieser neue Staat lange Zeit in der Region isolieren und abgrenzen musste ist eine direkte Folge dieser Auseinandersetzungen. Hinzu kommt in der Region der islamisch regierte Staat Iran, der wie Russland im Osten Europas im Nahen Osten ein Dorn im Auge des Westens darstellt. Das liegt darin begründet, das westliche Konzerne den Zugriff auf die Ölvorkommen dort verloren haben. Dazu kommen weiterhin die Problemstellungen Iran/Irak, die Zwiste unter den arabischen Staaten und die Verwerfungen im Norden Afrikas. Es stehen sich also überall in dieser Region fundamentalistisch geprägte Interessengruppen gegenüber, die unversöhnlich zu sein scheinen. Bereits kleinste Konflikte können hier zu einem Pulverfass werden.

Ein dritter Konfliktherd bahnt sich an der Ostküste Chinas an. Dort ist mit Taiwan ein Inselstaat entstanden, der dem Westen zugeordnet wird, den aber China als einen Teil seines Staatsgebietes ansieht. Auch hier ist nur durch die ausgeprägte Hilfe des Westens ein Erhalt der aktuellen Lage möglich. Die USA versuchen in der Region Südasien, ein der Nato ähnlich geartetes Militärbündnis aufzubauen, das sich definitiv gegen China wendet. Alternativ dazu wird diskutiert, ob sich die Nato nach Südasien ausdehnen solle. Auch dieser Krisenherd kann jederzeit zu einem Pulverfass werden. An Provokationen aller Konfliktparteien mangelt es dort ebenfalls nicht.

Aus meiner Sicht geht es weltweit in den drei genannten Konfliktherden nur um den Erhalt beziehungsweise die Verteilung der Macht im weltweiten Maßstab. Russland und China stehen für eine Multilaterale Weltordnung, die den Frieden sichern soll durch Nichteinmischung aller Nationen in die bestehenden staatlichen Gefüge. Der Westen mit der Vormacht USA bevorzugen mehr eine imperiale Struktur, die sie unilateral nennen und die davon ausgeht, das die USA die unangefochtene Führungsmacht der Welt ist. Für den Westen bliebe dabei die bisher bestehende Machtverteilung erhalten und würde es ermöglichen, allein durch finanztechnische und wirtschaftliche Größe dem Rest der Welt seine Vorstellungen aufzudrängen. Dem allerdings widerstreben in letzter Zeit immer mehr sogar die aufstrebenden Länder der sogenannten Dritten Welt. Der Zulauf zum Wirtschaftsbündnis BRICS spricht da für sich. Weiterhin ist zu verzeichnen, das Frankreich seine Rolle in Afrika aufgeben muss, das sich Süd- und Mittelamerika mehr und mehr von den USA distanziert und das in Asien die Staaten mehr und mehr sich zu einer wirtschaftlichen Größe entwickeln. Damit verbunden sind dann ja auch die entstandenen Abhängigkeiten der westlichen Staaten, wie gerade zu sehen ist an der Arzneimittelversorgung Deutschlands, die auf Lieferungen aus China und Indien angewiesen sind. Die ehemaligen Billiglohnländer gewinnen zunehmend an Wirtschaftsmacht, und der Westen hat mit der Reduzierung seiner Produktionsmittel dazu massiv beigetragen. Das Sanktionsgebaren des Westens hat damit wohl bald ausgedient, bringt sich die große Mehrheit der Welt doch gegen den Westen bereits still und leise in Stellung. Sie rebellieren zwar nicht konfrontativ und offen, aber die Zurückhaltung in der Parteinahme ist mittlerweile schwer zu leugnen. Und sanktioniert werden von den USA ja nicht nur China und Russland, sondern weiterhin Kuba, Venezuela, Nicaragua, Somalia, Nord Korea, Iran, Afghanistan und Jemen direkt und offen, ohne die vielen kleineren Restriktionen, die nahezu alle Staaten einschließlich die der EU betreffen, ebenfalls noch in die Liste aufzunehmen. Ich denke, das sich unsere Politik wohl bald eines Besseren besinnen und seine strategische Ausrichtung verändern muss. Die Zeiten der Kolonialmächte sind längst endgültig vorbei. Nur die internationale Gemeinschaft zusammen kann bewirken, das sich Gebietskonflikte, Wirtschafts- und Rohstoffinteressen befrieden und militärische Lösungen nicht mehr angestrebt werden können. Das wird zwar ein langer und steiniger Verhandlungsweg werden, aber der ist wirklich alternativlos, wenn das Morden irgendwann mal aufhören soll.

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