Definitionen

Nachdem sich scheinbar weltweit die populistische und neoliberale Verfahrensweise durchsetzt, eigentlich sehr klar definierte Begriffe in der Berichterstattung und Diskussion umzudeuten, zu verbiegen und in ihr Gegenteil umzuinterpretieren, habe ich mich nunmehr dazu durchgerungen, ein paar der Begriffe, die mir auffielen in der letzten Zeit, in der eigentlichen und ursprünglichen Form definitiv zu beschreiben und ins Netz zu setzen. Ich werde diese Liste nach und nach ergänzen und mich in all meinen Artikeln auf diese Definitionen beziehen.

Die hier dargelegten Definitionen und Beschreibungen sind in Anlehnung an den Brockhaus entstanden, von dem ein Exemplar aus dem Jahre 1996 sich tatsächlich bis heute in meinem Bücherschrank halten konnte. Ich greife mittlerweile gerne auf dieses Exemplar zurück, seit sich Wikipedia und Co in politischen Fragen mehr und mehr aus der Neutralität verabschiedet, populistisch umdeutend beschreibt und sich an keine Konventionen mehr zu halten scheint. Viele ihrer Beschreibungen zu aktuellen Themen sind historisch gefärbt und können teilweise sogar eindeutig als propagandistische Beschreibungen angesehen werden.

Annektion

Die völkerrechtliche Einverleibung fremder Staatsgebiete gegen den Willen des verlierenden Staates ebenso wie der Bevölkerung des betreffenden Gebietes. Annektionen finden wir in der Einverleibung Tibets durch China, der Besetzung von Palästinensergebieten durch Israel sowie in nachkolonialen Überresten weltweit, meist Inseln oder kleinstaatliche Gebiete.

Exzeptionalismus

Beim Exzeptionalismus handelt es sich um den Anspruch der Regierung eines Staates, dass der eigene Staat eine Sonderstellung gegenüber allen anderen Nationen einnähme und sich daher weder an Verträge noch an Absprachen noch an Konventionen halten müsse. Ein exklusives Beispiel dafür stellen heute die USA dar, deren letzte Präsidenten (Trump, Obama, Bush, Clinton) sich alle zu dieser Einstellung bekannten und ihre Politik auch entsprechend ausrichteten.

Fundamentalismus

Fundamentalismus ist das kompromisslose Festhalten an Grundsätzen, Einrichtungen und Geschichten, die uns bisher nur aus den religiösen Traditionen bekannt war.Der Begriff wird heute leider fast ausschließlich auf den Islam angewendet. Eine fatale Entwicklung, wenn Sie mich fragen, denn der Fundamentalismus wächst und wächst in nahezu allen Sparten auch der modernen westlichen Gesellschaften.

Fundamentalistische Formen der Anschauung in unterschiedlichen Tiefen finden sich in nahezu allen Staatsformen wieder, die heute in der Welt Zuspruch finden. Der Islam in der Form deines Kalifats erfüllt diese Definition vollkommen ebenso wie die schwächeren Formen, wie sie von verschiedene Gruppierungen (Taliban, Moslembruderschaft) anstreben oder wie sie im Iran als der islamischen Republik installiert und gelebt werden. Aber auch in westlichen Gesellschaften wird das Christentum oder das Judentum von vielen Anhängern oftmals in fundamentalistischer Weise ausgelegt. Ebenso betroffen sind in der Welt zum Beispiel der Hinduismus in Indien und der Buddhismus in Myanmar.
Fundamentalistische Ansichten berufen sich fast immer auf eine Niederlegung einer angestrebten Gesellschafts- oder Zusammenarbeitsform in einem Buch, einer Schriftensammlung oder schriftlich niedergelegten Prophezeiungen, die meist entweder wortwörtlich interpretiert oder durch eine Priesterhierarchie gesetzt werden. Aber nicht nur Religionen können fundamentalistisch sein, auch Weltanschauungen wie zum Beispiel der Kommunismus oder der Neoliberalismus können solche Züge annehmen.

Kommunismus

Theorie einer Gesellschaftsordnung, in der es keine Klassenunterschiede gibt und sowohl Produktionsmittel als auch die Güterverteilung in den Händen der Gesellschaft liegen und der Staat mit seiner Zwangsgewalt zugunsten freiwilliger Zusammenarbeit verschwunden ist. Eine solche Staatsform wurde oft versucht, scheiterte aber wie in der Sowjetunion sowie in China und vielen Kleinstaaten und wurde bislang nahezu vollständig durch Oligarchien ersetzt. Eine Näherung an diese Theorie findet sich heute nur noch auf Kuba, wobei auch dort heute immer noch erhebliche Mängel gegenüber dem Ideal auftreten.

Liberalismus

Eine Gesellschaftsform, in der die Freiheit des Einzelnen als grundlegende Norm des Zusammenlebens ansieht. Sie nimmt den Fortschritt in Kultur, Recht, Sitte und Wirtschaft als eine historische Entwicklung an und fordert eine sich fortentwickelnde Gleichberechtigung jedes Einzelnen ein. Die Wirtschaftsform diese Bewegung beruht auf der Einrichtung eines fairen Wettbewerbs, der im Zweifel auch durch Regulierungen durch die Staatsmacht erhalten wird sowie die Gewerbefreiheit und der Freihandel über gleichberechtigte Staaten hinweg. Sie erfuhr in der Entwicklung des 20. Jhds. leider einen starken Bedeutungsverlust.

Neoliberalismus

Eine Erneuerungsbewegung des Liberalismus, die überwiegend wirtschaftspolitisch ausgerichtet ist und den Staat verpflichtet, einen echten Leistungswettbewerb zu garantieren, ohne dabei eine Wirtschaftslenkung anzustreben. Der Staat solle sich sozusagen vollkommen aus der Wirtschaft heraushalten, die nur dem freien Spiel des Marktes unterliegt. Heutige Formen des Neoliberalismus sind nahezu vollständig als Strukturen anzusehen, die zwangsläufig in Oligarchien münden.

Oligarchien

Eine Oligarchie ist eine Regierungsform, in der eine kleine, selbstsüchtig agierende Gruppe über ein Volk oder eine Staatsbevölkerung herrscht. Wir finden diese Form der Verwaltung eines Staates in vielen osteuropäischen Ländern (Ukraine, Russland, Polen, Ungarn), in nahezu allen lateinamerikanischen Ländern sowie sehr eigenwillig ausgeprägt in den USA. Auch China, das ja mehr im Sozialismus bzw. Kommunismus beheimatet wird, entwickelt sich seit der Öffnung mehr und mehr in diese Richtung.

Sanktion

Eine Sanktion ist eine gesetzlich vorgesehene Maßnahme für die Nicht-Befolgung einer Rechtsnorm, eines Vertrages oder verbindlichen Absprache. Im Völkerrecht ist unter Sanktion eine kollektive Maßnahme gegenüber einem Staat oder Staaten durch Beschluss durch die UNO vorgesehen, die den politischen, wirtschaftlichen oder militärischen Frieden bedrohen. In der Regel werden Sanktionen durch den Sicherheitsrat einstimmig beschlossen oder in einer Vollversammlung durch Mehrheitsbeschluss in Gang gesetzt. Heute ist die Sanktion allerdings völkerrechtlich mehr zu einer Zwangsmaßnahme verkommen, der sich die Mächtigen dieser Welt (Russland, USA, EU und China) bedienen, um ihre Interessen gegenüber kleineren Staaten durchsetzen.

Neuestes Beispiel ist die aktuelle Entwicklung in Venezuela, in der die Großmacht USA sich die Rohstoffe dieses kleinen Landes gerne aneignen würde. Zu den Sanktionen bekennen sich hierbei nur die USA und die als Vasallen sich bekennenden EU-Staaten. Die Sanktionen sind nicht durch die UNO abgesichert und daher völkerrechtswidrig, wie der wissenschaftliche Dienst des Bundestages das auch richtig bestätigt. Das Sanktionen trotzdem verhängt wurden, ist im Grunde nur mit dem Wort „Wirtschaftskrieg“ zu definieren.

Weitere Sanktionen von Seiten der USA bestehen in Form einer Blockade und wirtschaftlicher Behinderungen gegenüber Kuba, die ebenfalls völkerrechtswidrig sind. Trotz mehrfacher Aufforderung der UNO, diese zu beenden, werden diese Sanktionen fortgesetzt und erweitert. Hier liegt in klarer Weise ein Bruch des Völkerrechts vor. Weiterhin werden von westlicher Seite mehrere Staaten mit Sanktionen belegt, teils mit, teils ohne Bestätigung durch die UNO. Genannt werden müssen hierbei unter anderen der Iran, Nord-Korea, Somalia, Myanmar, Türkei, Syrien, Jemen, Nicaragua, Venezuela, Kuba und andere.

Säkularisierung

Ein anderes Wort für Verweltlichung. Es wird gebraucht, um die Autonomie der Kultur innerhalb eines Staates gegenüber Religionen und Weltanschauungen zu beschreiben. Das Gegenteil dieser Form könnte die erzwungene „Strenggläubigkeit als Staatsreligion“ sein.

Sezession

Abtrennung von Gebietsteilen eines Staates gegen dessen Willen durch die dort ansässige Bevölkerung mit dem Ziel, einen eigenen Staat zu bilden oder sich einem anderen Staat anzuschließen. Diese Abtrennung wird in der Regel durch einen Volksentscheid beschlossen. Beispiele hierfür sind die Sezession der Krim und deren Rückanbindung an Russland sowie die Bemühungen Kataloniens, sich vom spanischen Verbund zu lösen und selbstständig zu sein. Ebenfalls eine Sezession war die Abtrennung des Südsudan aus den früheren Sudan, die als einzige Sezession der neueren Vergangenheit völkerrechtlich anerkannt wurde. Auch könnte die Aufspaltung Jugoslawiens und der Sowjetunion in verschiedene Nationalstaaten als Sezession angesehen werden.

Sozialismus

Die durch die Industrialisierung und Proletarisierung der Arbeitermassen entstandene Bewegung des 19. Jhds., die die liberal-kapitalistische Ordnung durch eine auf Gemeinwirtschaft gegründete klassenlose Ordnung ersetzen will. Eine solche Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung wurde bisher noch nirgendwo auf der Welt umgesetzt bzw. verwirklicht. Ihnen am nächsten kommen die Länder Schweden und Norwegen, obwohl diese noch heute besonders in der Wirtschaft sehr viele oligarchisch-neoliberale Elemente beherbergen.

Vergesellschaftung

Überführung von privaten wirtschaftlichen Unternehmen in Gemeineigentum des Staatsvolkes. Die kann geschehen durch Verstaatlichung, durch Übergabe an Genossenschaften, durch Beteiligung der Belegschaften und andere Formen der Gemeinwirtschaft wie zum Beispiel durch Stiftungen, deren Gewinn gemeinnützigen Zwecken zugeführt werden.