Der erneut modern gewordene Krieg aller Kategorien

Es ist richtig und auch durchaus nachvollziehbar, das innerhalb Gesellschaften, also Gruppen von vielen Millionen Menschen, die sich für ihre Zusammenarbeit Regeln sprich Gesetze, Verordnungen und kulturell begründete Sitten gegeben haben, es schwierig ist, immer und für alle Zeit eine von allen akzeptierte Form des Zusammenlebens zu finden. Und ebenso verständlich ist es, das Neuzugänge in Gesellschaften (Heranwachsende, Zuwanderer) lernen müssen, die Regeln ihrer neuen Umgebung anzunehmen. Das benötigt Zeit, einen guten Willen und ebenso die Geduld derer, die diese Regeln schon lange verinnerlicht haben. Aber während Gesetze und Verordnungen bindend sind, sind Sitten und Gebräuche eben nicht einforderbar. Das führt zwangsweise bei großer Masse zu einem nicht einheitlichen Meinungsbild. Anders ausgedrückt ist das logisch und daher normal, und dass das auch so sein kann, dafür haben sehr viele Menschen sehr lange Zeit gekämpft, sich eingesetzt und auch gestritten. Ich denke da mal an die Zeiten der Aufklärung und an die vielen gesellschaftlichen Änderungen seit dieser Zeit, an die vielen Revolutionen, Umstürze, Aufstände und Protestbewegungen. Nicht alle davon waren erfolgreich, waren nützlich und auch nachhaltig, wie man heute so schön sagt. Trotz allem ist es uns in Zentraleuropa in neuerer Zeit gelungen, eine für viele Jahre stabile und auch vorzeigbare, das heißt im weltweiten Vergleich durchaus erstrebenswerte Ordnung zu schaffen. Und ich verstehe nicht, warum das auf einmal so schwierig sein soll, diese zu erhalten und weiter zu kultivieren. Ich sehe in den weiter oben bereits genannten Problemstellungen (Kriege, Wirtschaftskrise, Meinungs- und Versammlungsfreiheit) einen zunehmende Tendenz zu fundamentalen Ansichten, also Meinungsbildern, die von einem mehrheitsfähigen Mob als allgemeingültig und daher alternativlos gesehen werden und somit jegliche Gegenansicht als ein kriminelles oder unmoralisches Verhalten darstellen (müssen).

Gleichzeitig müssen wir bemerken, das nahezu jeder Staat, auch in Westeuropa, seine eigenen Gesetze, Verordnungen und Sitten hat und diese auch nur an der eigenen Bevölkerung ausrichtet, oder besser ausgedrückt: Der eigenen Bevölkerung gemäß reguliert. Das ist auch gut so, haben die verschiedenen Staaten doch oft eine andere Sprache, eine andere Geschichte mit stets anderen Herausforderungen hinter sich, die in die Entwicklung der Gesellschaft eingreifen konnten. Auch hier ist dann wohl Toleranz im oben definierten Sinn vonnöten, um ein friedliches Zusammenleben zu gewährleisten. Das versucht wurde, viele Staaten Westeuropas zu einem Staatenbund zusammenzuschließen, war in langen Jahren des Wiederaufbaus ein erfolgreich Kriegs-verhinderndes Unterfangen, aber heute, in der die stets bergauf gehende Entwicklung langsam zu kippen beginnt und hier und da im Gefolge großer Krisen auch ein Bergab zu verzeichnen ist, wird der Staaten-Bund immer stärker herausgefordert. Wie mir scheint erwächst aus der daraus resultierenden Sorge um die eigenen Bedürfnisse der Drang nach nationaler Führung und des damit verbundenen Abtreten-Wollens der Verantwortung in weiten Teilen der Bevölkerung, die wie es scheint bis zu einer politischen Lethargie zu reichen scheint. Vielerorts haben politische Medien die Bewertung der Verantwortlichkeiten an sich herangezogen und bestreiten heute einen großen Teil des Disputs der Gesellschaft. Nur, die Medienschaffenden stammen meist aus einer städtischen Provenienz und sind überwiegend akademisch gebildet, was durchaus einen eingeschränkten Blick auf das Alltagsleben mit sich bringt. Es herrscht bei ihnen ein bürokratisches Verwaltungsdenken vor, hat sich in den engen Straßenschluchten von der Natürlichkeit des Lebensraumes oftmals weit entfernt und ist viel mehr auf theoretisches, strategisches, moralisierendes und profitables Denken ausgerichtet. Das erklärt dann auch, warum gut verkäufliche und der Mehrheit der Leser nachvollziehbare Geschichten weit beliebter und verbreiteter sind als die Beschreibung der Wahrheit. Und Krieg in all seinen Formen ist im strategischem Denken nach wie vor eines der Mittel, um politische und wirtschaftliche Probleme zu lösen. West-Europa ist ein Rohstoff-armes und hoch besiedeltes Gebiet mit wenig Platz und Raum für die ständig wachsende Bevölkerung. Schon im zweiten Weltkrieg wurde versucht, den Lebensraum westeuropäischer Kultur immer stärker nach Osten zu vergrößern und Russland, damals noch UdSSR und seine riesige Landmasse zu assimilieren und sich die dortigen riesigen Bodenschätze zugänglich zu machen. Ich bin mir schon lange nicht mehr sicher, ob die zur Zeit laufenden Krisen und Kriege aus der Sicht des Westens nicht auch diesen strategischen Hintergrund noch immer verfolgen, wenn auch nicht so offensichtlich wie vor 90 Jahren. Die oft von vielen Seiten geäußerte Ansicht, das die Ukraine gegen Russland unbedingt gewinnen müsse scheint mir ein letzte Hoffnungsschimmer dieser alten strategischen Absichten zu sein. Aus ähnlichen Erwägungen scheinen auch die ständigen Krisen im Nahen Osten sich zu nähren. Hier ist zu beobachten, das sich der Westen durch die USA nach wie vor der syrischen Ölquellen bemächtigt und sich durch den Irak-Krieg sich Zugang zu irakischen Ölquellen gesichert hat. Die anderen Öl-reichen Länder der Region drohen schon seit Jahren, bedingt durch ihren hohen Entwicklungsstand in der Gesellschaft, sich der Bevormundung durch den Westen entziehen zu wollen. Da ist es doch gut, zumindest einen Fuß noch in der Tür zu haben. Was sich gerade jetzt zwischen Israel und Gaza abspielt, ist im Grund ähnlich gelagert. Der politische Staat in Gaza ist zwischen machtlos und nicht vorhanden angesiedelt und unterliegt beständigen israelischen Bevormundungen. Letztlich war der Konflikt, wie er sich heute ereignet hat, absehbar und es war nur eine Frage der Zeit bis zu seinem Ausbruch. Politische Kreise in Israel würden sich den Gazastreifen gerne einverleiben und die Besatzung der letzten Jahre gerne in eine Assimilation umwandelt. Das war nie ein Geheimnis. Was störte, waren die Menschen dort. Wenn aber die Bevölkerung von Gaza als Flüchtlinge in die Nachbarstaaten vertrieben werden könnte, steht da ein unbesiedelter und herrenloser Landstreifen mit einer langer Küste zur Besiedlung durch Israel bereit. Das die Gewalt heute auch noch von Organisationen aus Gaza ausging, ist da für westliche Interessen doch fast schon ein Glücksfall und eine für den Westen willkommene Entschuldigung.

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