Zwei beliebte Narrative, kurz beleuchtet…

Wenn wir unsere Zeitungen aufschlagen, ist immer öfters vom Klimawandel zu lesen, der unsere Zukunft, nein, die Zukunft unserer Kinder und Enkel, bedroht. Und was allgemein zu lesen ist, erklärt, das es da wohl zwei gegenteilige Lager gibt: Die Klimaleugner und die Klimaschützer. Nun, das ist nicht nur wissenschaftlich betrachtet falsch, sondern auch unlogisch, denn das es einen Klimawandel gibt ist nicht zu leugnen. Die seit 100 Jahren gesammelten Daten, das Abschmelzen der Polkappen und Gletscher und die Klimaveränderungen weltweit sind mit Daten belegt und längst erwiesene Tatsachen. Worüber man sich streitet ist, ob diese Veränderungen Menschen-gemacht sind und ob das in die Luft geblasene CO2 der Autos, der Kraftwerke, der unzähligen Hochsee-Schiffe, der Industriebetriebe und anderer Umweltschäden dafür die Ursache sind. Hier gibt es wie so oft im menschlichen Denken zwar viele Theorien und Modellrechnungen, aber keine wirkliche Beweise. Es ist wahrscheinlich, das wir Menschen die Verursacher sind, aber außer CO2 gibt es noch andere Gase, die zum Treibhauseffekt führen können. Ich denke da an Methan und das ganze Gaszeug aus unseren Sprühdosen, Kühlschränken, Wärmepumpen, Flüssiggasbehältnissen, Lösungsmitteln und Industrieanlagen, die wir zusätzlich in die Luft jagen. Auch unseren Klimaklebern scheint es nicht bekannt zu sein, das sowohl der Klebstoff als auch die Lösungsmittel, die zum Ablösen von der Straße verwendet werden müssen, Klima-schädigend sind. Die verursachten Staus halten die Fahrzeuge unmäßig lange auf den Straßen fest und erzeugen zusätzliche Emissionen, weil diese lange niedrig-tourig laufen und sich somit nicht in ihrem optimalen Verbrennungsmodus befinden. „Stop and go“ (neudeutsch für Stau…) erzeugt erwiesener Maßen mehr Emissionen als eine gemütliche Heimfahrt bei Tempo zwischen 50 und 120 km/h. Übrigens gibt es eine sehr wirkungsvolle Technik, den CO2-Gehalt der Luft abzusenken. Diese besteht darin, das wir der Natur wieder erlauben, so zu wachsen wie das in vergangenen Zeiten in der Natur mal üblich war. Jeder Baum, jeder Strauch und jeder Grashalm verbraucht und bindet CO2. Was ist das also mit den Steingärten und den versiegelten Flächen? Wäre aufforsten, wachsen und wuchern lassen nicht sinnvoller als kahl rasieren und versteinern? Unsere Insekten zumindest hätten dann wieder ausreichend zu beißen, denn die Flächen wären überfüllt mit blühenden Pflanzen und würden wieder leuchten in allen Farben.

Dann gehen wir ja nicht mehr hinaus in die Natur, denn diese gibt es in der mitteleuropäischen Kulturlandschaft gar nicht mehr. Für mich ist Natur das, was ohne Menschenhand wächst, lebt und gedeiht. Finden tun wir das höchstens noch in abgelegenen Naturparks, und dort auch nur dann, wenn touristisch orientierten Menschen der Zugang dahin verwehrt wird. In Wirklichkeit ist des Menschen Werk in jeder Beziehung doch wohl so anzusehen, das wir alles, was mit Natur im oben definierten Sinn bezeichnen, bekämpfen. Was ist mit den Pestiziden und Insektiziden, die überall versprüht werden? Sind die für oder gegen die Natur gerichtet? Was ist weiterhin mit den Monokulturen, die überall gepflegt werden? Ist nicht Artenvielfalt eine Besonderheit der Natur? Wie kann die aber bestehen in Monokultur-Landschaften? Und dann die vielen Kleingärten. Diese abgezäunten Zellen sind doch auch keine Natur mehr oder Orte der Ruhe und Entspanntheit. Eine einzige Feiergesellschaft pro Wohngebiet oder Anlage bereits sorgt im Umkreis von mehreren Straßen für eine gepflegte Geräuschkulisse mit lauter Musik und herzhaftem gegenseitigem Anschreien. Von den Reparatur- und Bauarbeiten samt Laubgebläse und Kettensägen am Samstag will ich erst gar nicht anfangen. Dazu kommen Rasenmäher, Schredder und laute Unterhaltungen sowie Hundegebell quer durch die Wohn- und Garten-Anlage, auch weil der gesuchte Gespächspartner sich ja in einer der anderen Zellen oder der anderen Straßenseite aufhält und daher Entfernungen überbrückt werden müssen. Weiterhin wird der Freund oder Kollege, den man zu Hause abzuholen gedenkt, mit einem lauten Hup-Geräusch vom Auto aus benachrichtigt. Und dann gibt es noch die vielen Fluggeräte, die lautstark über die Häuser und Gärten brettern. Was bleibt so von der gesuchten Stille noch übrig. Von Natur ist da dann gar nichts mehr zu sehen, und vom Hören derselben bleibt wenig bis nichts mehr übrig. In der wirklichen Natur singen mal ein paar Vögel und hier und da blökt ein größeres Tier, ansonsten nur der Wind in den Zweigen und Ästen der Bäume. Davon bleibt in den Gärten, ob hinterm Haus im Wohngebiet oder in der Kleingartenanlage, nichts übrig.

Ist es nicht die Stille, die Natur auszeichnet und die wir so dringend suchen? Warum aber machen wir dann immerzu soviel Krach? Wozu brauchen wir 80 Dezibel laute Musik, wenn wir in Gesellschaft im Garten sitzen und die Natur genießen wollen? Bumm, bumm, bumm, dazwischen das Geschrei der Menschen, die versuchen, die Musik zu übertönen und sich Gehör zu verschaffen…, und das mancherorts bis tief in die Nacht hinein. Ich verstehe vieles daran nicht. Oftmals würde ich gerne an lauen Sommerabenden auf der Terrasse sitzen und dort etwas lesen oder mich leise unterhalten, in den Gesprächspausen vielleicht den Vögeln beim Singen zuhören oder etwas dösen. Das aber ist weder im Wohnviertel noch nebenan in der Kleingartenanlage kaum mehr möglich. Ruhe finde ich bei trockenem und sonnigen Wetter nur bei geschlossenen Fenstern im Eigenheim, und dort ist Natur nun einmal abwesend. Bleibt vielleicht nur noch das Spazieren gehen zu ungewohnten Zeiten? Nein, ein Radler nach dem andern klingelt mich aus der Ruhe, laut durch das mobile Telefon kommunizierende Mitmenschen kreuzen den Weg, dazu ungeduldige Autofahrer, die sich auch auf den Feldwegen rasant vorwärts bewegen wollen und nicht zu vergessen die großen Familien- oder Nachbarschafts-Trauben, die sich laut schwatzend und unaufmerksam auf Spazierwegen fortbewegen. Von Stille kann selbst hier nicht mehr gesprochen werden.

Irgendwann am Anfang dieses Artikels hatte ich von einer Alternative geschrieben, die es gibt, und zu der wir jederzeit Zugang haben. Eine der Grundlagen dafür ist die Fähigkeit, seine selbst verursachte Geräuschkulisse zu bemerken. Was spricht eigentlich dagegen, sich leise zu unterhalten, Musik in angemessener Lautstärke oder mit Kopfhörer zu genießen und/oder einfach zu versuchen, mal nicht allzu laut zu sein. Der Nachbar würde sich darüber bestimmt freuen. Dazu gehört unter anderem, das an einem Tisch nur einer spricht und die anderen solange zuhören, bis sie an der Reihe sind sich zu äußern. Wenn jeder unaufhörlich erzählt und brabbelt, hört doch im allgemeinen Getöse niemand mehr wirklich zu. Dazu kommen schreiende Kinder, die auch gehört werden wollen und deren Rufen scheinbar niemand mehr wirklich zu stören scheint. Das ist meiner Ansicht nach auch der Grund, warum Kinder oft so laut sind. Auch muss ich nicht bei jedem Zweiten, dem ich begegne, Zuhörer seiner Telefonate werden. Es gab mal so was wie Privatsphäre. Dazu gehörte auch, die Mitmenschen in der Nachbarschaft nicht unnütz durch lärmendes Verhalten zu stören.

Eine weitere Grundlage stellt das Verstehen dar, das wir Natur im klassischen Sinne brauchen, um leben zu können. Wir brauchen Grünflächen, Wälder, um CO2 zu reduzieren und O2 zu produzieren, wir brauchen größere Schutzräume für Tiere und Insekten, weil diese zum Lebensgleichgewicht beitragen. Wir brauchen Gebüsche zwischen den Feldern, Bäume und Sträucher überall, wo sie wachsen können, auch in den Vorgärten. Jede Pflanze und jedes Leben trägt zum Leben aller bei. Alles Natürliche nur zu bekämpfen, ist Unsinn. Jeder Grashalm und jedes Moos sorgt für gesunde Luft zum Atmen und beugt dem Klimawandel vor. Gefallenes Laub und gemulchtes Gras sorgen erwiesener Maßen besser für fruchtbaren Boden als unsere chemischen Helfer. Warum es also nicht mehr wachsen und gedeihen lassen? Und die Tiere und Insekten sorgen dafür, das nicht irgendeine Art in diesem geschlossenen System zu groß und mächtig wird und alles andere erdrückt. Gerade der Mensch sollte das verstehen, denn darauf beruht nicht erst seit heute seine Vorherrschaft in der Artenvielfalt. Warum nicht einfach mehr Natur wagen und sich dort vernünftig verhalten, wo selbige noch einigermaßen, wenn auch als Kulturlandschaft, erhalten ist? Und vernünftig bedeutet in meinem Sinne leise sein und sich so zu verhalten, das alles Leben davon profitiert. Das einzuhalten, kostet doch meist nichts, und Natur ist oft sogar preiswerter als die gepflegten Areale zu unterhalten und macht auch meist weniger Arbeit.

Um es kurz und prägnant auf den Punkt zu bringen: Möglichst leise sein, die Ruhezeiten einhalten, nicht herum schreien, nicht lautstark telefonieren, Musik hören in angemessener Lautstärke und der Natur ihren Raum lassen, im Garten ebenso wie im Feld, im Naturschutzgebiet und in Parks, das sind die kostenlosen und jedem Geldbeutel angemessenen Verhaltensmodi, die zu mehr Ruhe und Naturnähe führen könnten. Und wenn sich alle daran halten würden, könnten der Garten hinter seinem Haus, der Park in der Stadt und die Spazierwege in der Nähe Erholungsorte sein, die ohne Reise-Stress und zusätzliche Geldmittel jedem Anwohner zur Verfügung stünden. Was wir doch immerzu suchen und zu finden versuchen ist Naturnähe und Stille. Ein Zitat von Hans Magnus Enzensberger drückt doch mehr als deutlich aus, was unser heimischer Krach und die dadurch ausgelöste Flucht hinaus mit der Suche nach Natur und Stille auslösen:

Der Tourist zerstört, was er sucht, indem er es findet.

Bitte nicht falsch verstehen: Es geht mir nicht um den wohlverdienten Jahresurlaub und die Kontakte und Reisen mit/zu Menschen in aller Welt. Es geht um das alltägliche Verhalten dort, wo wir in Wohnungsnähe nach Erholung suchen vom Stress und den Anforderungen des Alltags, also an Wochenenden, an Feiertagen und am/im Feierabend. Es ist doch so: Wer sich zu Hause erholen kann, braucht nicht aufgeregt, aufwendig und hastig in der Gegend herum zu fahren. Ich bemerke das an jedem langen Wochenende und den Wochen mit Feiertagen. Alles ist auf der Straße und im Garten hinter dem Haus und auf den Feldwegen in der Nachbarschaft ist es einfach still, sofern mal keine Bauaktivitäten in der Nachbarschaft stattfinden. Und an solchen Tagen genieße ich meinen kleinen Garten mit all seinen wild wachsenden und gesetzten Pflanzen und dem Gesumme und Gebrumme der Insekten, die dort ihre Nahrung einsammeln. Und auch der Spaziergang im nahen Feld lohnt sich an solchen Tagen wieder. Es könnte so einfach sein!

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