Weltweite Risiken und Baustellen
Wir leben in schwierigen politischen Zeiten, die sich in mangelnder Planungssicherheiten ausdrücken. In der aktuellen Weltlage stehen in nahezu allen Ressorts wichtige Entscheidungen an. Ich habe nicht den Eindruck, das die Eliten der Welt diese Lage zu begreifen bereit sind. Maßlose Selbstüberschätzungen, irreale Vorurteile, sinnlose Ideologien und ein Ignorieren der realen Wirklichkeit sind überall anzutreffen, wo Entscheidungsträger zusammenkommen. Das sehe ich weltweit als gegeben an, aber ganz besonders stark vertreten sind die Regionen des Westens. Mittlerweile frage ich schon nicht mehr, wodurch dieser Trend sich begründet, ich schreibe nur noch auf, was dieser Trend gebiert und welche Probleme damit niemals zu einer Lösung gelangen können.
Das beginnt mit den anstehenden Wahlen in den USA im Nov. 2024. Sollten die bisher vorliegenden Umfragen auch nur annähernd zutreffen, werden die Republikaner mit Trump als Präsidentschaftskandidat und Vance als Vice die Wahlen haushoch für sich entscheiden. Eine der letzten Bilder der Parteienlandschaft dort zeigt ein rotes Bild mit wenigen blauen Tupfern. Aber das kann sicher täuschen. Die Wahlen in den USA hängen mehr davon ab, wie viele Wähler für die Partei und/oder den Kandidaten gewonnen werden können und wie hoch die Wahlbeteiligung sein wird. Umfragen zeigen meist ein einseitig gestimmtes Bild. Es ist und bleibt wahrscheinlich bis zuletzt spannend. Die Wahl des Kandidaten wird sicherlich darüber entscheiden, welche Haltung die USA künftig zum Rest der Welt zeigen wird. Die weltweite Dominanz werden beide Parteien anstreben, die Frage wird sein, welche Mittel sie jeweils dazu einzusetzen bereit sein. Wir werden wohl warten müssen, bis die Wahl dort entschieden sein wird und wie die Sieger dann an ihre Aufgaben herangehen. Mir scheint, da bleibt alles offen. Den Ankündigungen in Wahlveranstaltungen war bisher in den USA nie zu trauen. Es gibt auch heute keine vertrauenswürdigen Aussagen. Auf jeden Fall werden die USA ihre Politik der Stärke getragen von einer übergroßen Armee samt politischem Exzeptionismus unter beiden Kandidaten nicht aufgeben. Somit ist von dort auch keine Besserung für die Welt zu erwarten.
Ob der Krieg in der Ukraine durch die Wahlen in den USA beigelegt oder fortgesetzt werden wird bleibt ebenfalls offen. Selbst Putin fand den Kandidaten Biden und in der Folge auch Harris wohl als die zuverlässigeren Präsidenten. Was Trump, sollte er gewinnen, für dort vorsehen wird, ist heute noch ungewiss. Ganz bestimmt aber ist jetzt auch zu verstehen, warum Russland vor Wochen schon massiv in die Offensive gegangen ist. Meiner Ansicht nach möchte Putin für die kommenden (?) Verhandlungen einen guten Ausgangspunkt erreichen und sicher sein wollen, das die Ukraine nicht erneut hinterrücks aufgerüstet werden kann, wenn die Waffen schweigen. Mit den Minsk-Abkommen hat das Vertrauen Russlands in den Westen und dessen Zusagen massiv gelitten. Putin wird kontrollierbare Sicherheit und ein Ende der Sanktionspolitik einfordern. Ich verstehe das. Und ich denke, das es angebracht ist, in den russischsprachigen Gebiete der heutigen Rest-Ukraine erneut ein Referendum abzuhalten darüber, in welchem Staat die Menschen dort künftig leben wollen. Selbiges wird auch in den rumänisch-, bulgarisch- und ungarisch-sprachigen Gebieten notwendig werden. Ich gehe davon aus, das der Osten der heutigen Ukraine und der breite Streifen im Süden mit großen russisch-sprachischen Bevölkerungsanteilen in der Linie von Saporischschja bis Odessa an Russland gehen wird und das die schon jetzt in die russischen Förderation aufgenommenen Gebiete auch künftig russisch bleiben werden. Ob diese Regelungen durch einen Waffenstillstand oder die Kapitulation der Ukrainischen Armee erreicht werden, ist eigentlich ziemlich gleich gültig. Es wäre wie auch immer die beste Lösung.
Steigen die USA aus der Förderung des Krieges in der Ukraine aus, werden die EU und ihre Mitglieder ebenfalls aussteigen. Besonders Deutschland besteht ja regelmäßig darauf, lediglich im Fahrwasser der US-Politik mitzuspielen. Europäische Alleingänge sind angesichts der Schwäche Europas ganz undenkbar. Das gilt sowohl für die wirtschaftliche, finanztechnische als auch für die militärische Sparte. Allerdings ist die Sorge, das die EU-Staaten allein auf den Kosten für die Ukraine sitzenbleiben, mit einer Amtseinführung von Trump durchaus berechtigt. Es ist ja nicht nur der Krieg und seine Finanzierung, sondern dazu kommen Kosten für den Wiederaufbau des Landes. Das wird nicht so gemäßigt sein wie die Angleichung der DDR-Gebiete an den westdeutschen Standard. Hier wird ein durch Krieg zerstörtes Land mit traumatisierten Menschen zurückbleiben. Das wird teuer, sehr teuer. Dann hat die EU und ihre Aufgabe, Stabilität in Europa herzustellen und zu erhalten, massive Rückschläge erlitten. Erst stieg GB aus dem Verbund aus, dann gibt es einige Länder, die den Angriff mit Sanktionen gegen Russland ablehnen, Deutschland und Frankreich als Restanker sind wirtschaftlich und finanziell mächtig ins Wanken geraten und Europa als Gesamtheit hat einen deutlich Ruck zu politischen Verhältnissen zu verzeichnen, die man früher „rechts“ nannte und die sich immer lauter so artikulieren, das die Bevormundung durch die EU doch wohl übertrieben sei und aufhören müsse. Und nationale Interessenlagen an diese EU abzugeben wird immer weniger eine Mehrheit der Mitglieder finden. Für eine Organisation, die Einstimmigkeit in der Entscheidungsfindung vorsieht, sind das ganz massive Probleme. Weiterhin hat die EU zunehmend ein Einwanderungsproblem, das weite Teile der Bevölkerung mehr und mehr in einen Zustand der Sorge versetzt.
Der nächste Krisenherd wird entstehen, wenn sich die USA ihrem Lieblingsfeind zuwenden. Und nein, das ist nicht Russland, sondern der Wirtschaftskonkurrent China. Russland hat Rohstoffe und eine mächtige Armee, die helfend China zu Seite stehen könnte. Das ist einer der Gründe für die Feindseligkeiten zwischen USA und Russland heute. Aber darum sollten sich, so amerikanische Strategen immer lauter, gefälligst die Europäer kümmern. China allerdings mit 1,3 Mrd. Menschen ist eine ganz andere Liga. China beherrscht schon heute maßgebliche Märkte, einerseits durch seltene Rohstoffe und deren Ausbeutung (Seltenen Erden), andererseits ist China in der Produktion von Massenwaren weltweit schon längst die Nummer Eins, und China selbst ist auch noch ein riesiger Markt mit Nachholbedarf. Und die Menschen dort sind fleißig und fern der Beeinflussbarkeit von Freiheit und Demokratie nach westlicher Vorstellung. China ist heute neben Russland die politisch stabilste Volkswirtschaft der Welt. Und eine Tatsache ist noch wichtig zu bedenken: China ist autonom und wirtschaftlich vollkommen unabhängig. Sie sind niemanden Dank schuldig und denken gar nicht daran, sich von wem auch immer bevormunden zu lassen. Der Konfliktherd Taiwan ist nur ein Vehikel, mit dem die USA Druck zu machen versuchen. Ich habe nicht den Eindruck, das China sich dem beugen wird. China arbeitet mit Win-Win-Verfahren, nicht mit Pokern, und wird sich demnach nicht auf Abenteuer einlassen. Da ist viel Tam-Tam auf der westlichen Seite und ein verhaltenes Lächeln auf Seiten Chinas. Meiner Ansicht nach wird hier der längere und ruhigere Atem entscheiden, und der wird sich auf Chinas Seite befinden. Und die sogenannte „Dritte Welt“ wird auf der Seite Chinas stehen. Für den Westen brechen harte Zeiten an.
Was die Presse des Westens ihren Lesern verschweigt sind die massiven Bestrebungen vieler Staaten, den Dollar als Leit- und Petro-Währung loszuwerden. Das wird nicht gefordert, weil der Dollar keine sichere Währung mehr darstellen könnte, sondern weil die Politik hinter dem Dollar ihre Währung benutzt, um weltweit Druck zur Durchsetzung ihrer geopolitischen Vorstellungen aufzubauen. Wer ins Fahrwasser der Ablehnung westlicher Vorstellungen gerät, riskiert, von internationalen Finanzströmen abgekoppelt zu werden und so massive Probleme zu erhalten, ihre Wirtschaft zu entwickeln und auszubauen. Die Staaten, die sich in den Brics 1 zusammengeschlossen haben, entwickeln eigenen Angaben zu Folge bereits ein von den USA und EU unabhängiges Finanzsystem, in dem die nationalen Währungen der Handelsländer eine große Rolle spielen sollen. Besonders der Rubel und der Yuan werden hier die sichernde Rolle des Dollar übernehmen. Auch große finanzkräftige Länder wie Saudi Arabien 2 haben sich entschlossen, diesem Weg zu folgen. China stößt zunehmend US-Anleihen ab und reduziert seine Dollarreserven. Wenn diese Entwicklungen Fahrt aufnehmen, wird die Leitwährung und damit die Wirtschaftskraft der führenden Nation des Westens stark eingeschränkt. Im Fahrtwind wird ebenfalls der Euro diesem Trend folgen. Auch wirtschaftlich ist der Westen auf schwierigen Terrain unterwegs. Mit einem drohenden Niedergang sinkt auch die Fähigkeit, sich durch wirtschaftliche Sanktionen und/oder solcherlei Drohungen in der Welt durchzusetzen. Die Fähigkeiten, mit Erpressung zum Ziel zu kommen, gehen für den Westen somit bald gegen Null. Und seien wir ehrlich: Aus eigener Kraft ohne die Ausbeutung von irgend wem wird Europa zu neuer Blüte aufsteigen…? Unwahrscheinlich.
- BRICS (ein Akronym aus den Anfangsbuchstaben der ersten fünf Mitgliedsstaaten) ist eine Vereinigung von Staaten. Gegründet wurde sie (als BRIC) 2006 durch Brasilien, Russland, Indien und China. 2010 erfolgte eine Erweiterung um Südafrika, zu Jahresbeginn 2024 um Ägypten, Äthiopien, Iran und die Vereinigten Arabischen Emirate, nun zuweilen auch als BRICS plus bezeichnet. Zu den weiteren Interessenten gehören: Algerien, Bangladesch, Bahrain, Belarus, Bolivien, Gabun, Honduras, Indonesien, Kamerun, Kasachstan, Kolumbien, Demokratische Republik Kongo, Komoren, Kuba, Kuwait, Malaysia, Myanmar, Nicaragua, Nigeria, Nordkorea, Palästina, Senegal, Simbabwe, Sri Lanka, Südsudan, Syrien, Thailand, Türkei, Venezuela, Vietnam. Wikipedia.org ↩
- Saudi-Arabien hat die Vereinbarungen über den Petrodollar mit den USA nicht erneuern. ↩