Caren Miosgas Schau-Moderation in der ARD

Ich bin von Polit-Talks (Neudeutsch: Moderierte Gespräche mit Politikern) ja viel gewohnt und seit vielen Jahren auch gar nicht verwöhnt, aber was sich Caren Miosga gestern (09.09.24 – Ist mit Ihnen Staat zu machen, Frau Wagenknecht) in der ARD geleistet hat, kann ich nur mit dem Begriff Schau-Moderation 1 bezeichnen. In der heutigen Zeit und mit dem Anspruch, ein demokratischer Rechtsstaat zu sein, sollte der ÖRR 2, ein Programm also, das von Gebührenzahlern, also allen Privat-Haushalten des Staates, finanziert wird, doch zumindest die einfachsten journalistischen Standards einhalten. Ich kann ja verstehen, das es zur Aufgabe eines Moderators einer politischen Sendung gehört, einen Politiker auch mal zu „Grillen“. Aber, es gehört doch zumindest noch zum guten Ton eines Gespräches oder einer Befragung, das man den Befragten zumindest ein oder zwei zusammenhängende Sätze erlaubt zu sagen, wenn sie versuchen, eine Frage ausreichend und für das Publikum verständlich zu beantworten. Ich sah nur wenige Momente in der Sendung, in der Frau Miosga und ihre geladenen Helfer-Gäste das Frau Wagenknecht auch nur ausreichend zugestanden hätten. Dann entspricht es nicht der Norm, das man einen angeblichen Wissenschaftler 3 das Auftreten einer als Gast geladenen Politikerin mitten im Gespräche eine Einblendung vorführt, die einem psychologischem Gutachten gleich eine abwertende und diskriminierende Ansicht darstellt, zumal man das darin Gesagte schlicht und einfach als Üble Nachrede bezeichnet werden kann. Und dann natürlich die Diskussion über den Parteinamen BSW und den von Frau Miosga diagnostizierten Personenkult, gewürzt mit der Lüge, das keine andere Partei so einen Verkauf von personalisierten Fan-Artikel anbieten würde. Ich brauchte gerade mal zwei Minuten, um den Fan-Shop der CSU zu finden, und auch der Fan-Shop der CDU ist unter Werbemittel zwar gut versteckt, aber trotzdem leicht zu finden. Da gibt es alles vom Teddybär bis zum Rucksack, lediglich die Tasse habe ich nicht gefunden. Das eine neue Partei eine höchst beliebte und bekannte Leitfigur verwendet, sollte eigentlich jeder verstehen. Wer würde eine neue Partei denn sonst bekannt machen können und auch finden, wenn sie auf Platz 28 ganz unten auf der Wahlliste steht. Das wird sich wohl in naher Zukunft ändern, schätze ich ohne einen Anflug von Häme zu verspüren. Und wie hätte sich diese Partei wohl nennen können, um nicht in vorgefertigten Klischees sich selbst zu diskreditieren: Sozial, Demokratisch, Christlich, Frei, Grün, Sozialistisch, Pazifistisch, Liberal, Republikanisch, Deutsch, National, Ampere, Hellblau, Alternativ, Reformer, usw. Das sind doch Worte, die nach heutigen Maßstäben den Daumen nach unten bereits im Wort mit sich tragen. Schuld daran sind die Etablierten und deren Namen, die nichts von dem einhalten, was deren Name verspricht. Dann holte Frau Miosga Zitate und Beiträge von Frau Wagenknecht aus den Keller, die diese als 20-Jährige getätigt hat. Warum gräbt sie nicht mal bei Merz, bei Kiesewetter und anderen CDU’lern im Keller. Da muss man nicht mal in deren Jugend zurück. Kiesewetter wollte den Krieg medienaktiv nach Moskau tragen, schon vergessen? Da gibt es bei vielen bei den Christlichen reichlich Material für Spott, an dem sich Journalisten abarbeiten könnten. Und auch andere Parteigrößen wären dann schon mal dran. Ich würde mit den Grünen anfangen. Da brauchte sie auch nicht lange in der Vergangenheit zu suchen. Da wird mal schnell vor internationalem Publikum einer Großmacht der Krieg erklärt, wird Wirtschaft ganz neu definiert und es werden lustige Videos zum Fremdschämen gedreht. Auch hier wäre noch viel Platz für Spott und Häme. Das Frau Wagenknecht Die Grünen für inkompetent, verlogen und gefährlich hält, können schon die zwei Beispiele im vorherigen Satz bestätigen. Dann kamen die netten, aber unsachlichen Einwürfe von Michael Bröcker, seines Zeichens Chefredakteur bei Table.Media 4. Googeln Sie mal Michael Bröcker oder Table.Media. Sie werden feststellen, das hier nichts zu finden sein wird. Erst wenn Sie eine Suchmaschine wie eTools.ch bemühen werden Sie fündig. Sein Versuch, Frau Wagenknecht über Unkenntnis bezüglich des Auswärtigen Ausschusses beim Bundesrat und den Vorsitzenden Kretschmer in Verlegenheit zu bringen, ging ziemlich gut nach hinten los. Auch die Miosga-Frage, wann sich Frau Wagenknecht eigentlich „radikalisiert“ habe, fand ich eine maßlose Beleidigung. Die Gruppen in Deutschland, die sich „radikalisiert“ haben, laufen mit Messern durch die Städte und ermorden Menschen. Ich bin mir sicher, das Frau Wagenknecht nicht diesem Kreis angehört. Dann gab es noch einen Kommentar in Web.de, Frau Wagenknecht sei bloß gestellt worden. Nein, ganz und gar nicht, die Dame, die sich bloß gestellt hat, heißt Caren mit Vornamen. Kurz vor Ende der Sendung wurden dann selbst Thorsten Frei von der CDU und Michael Bröcker ziemlich still in der Runde. Ich nehme an, sie wurden sich doch so langsam der Fremdschäm-Attacken bewusst und schalteten einen Gang runter, um nicht ins gleiche Licht gerückt zu werden wie die Moderatorin. Außerdem hat die CDU wohl doch ein Interesse daran, mit Frau Wagenknecht im Gespräch zu bleiben. Ich möchte mir hier nicht vorstellen, wie das gelaufen wäre ohne die Erfolge bei den Wahlen. Die Vergangenheit schreibt ja wohl Bände darüber.

Alles in allem war diese Sendung ein Tiefpunkt der Meinungsbildungskultur des ÖRR, in diesem Fall der ARD. Diese Sendung wurde offiziell von der Mio Media GmbH im Auftrag der ARD produziert. Da stellt sich mir die Frage, wer da wohl Sponsoring betrieben haben könnte. Man sollte mal professionell der Spur des Geldes folgen, finde ich. Ich habe selten eine so deprimierende Sendung gesehen und halte das entstandene Produkt für ein Paradebeispiel der Depravation 5 der deutschen TV-Medienkultur. Ich weiß ja nicht, was die anderen Kommentatoren in dieser Sendung gesehen haben, aber in meinen Augen hat hier Frau Wagenknecht sich ausgesprochen routiniert und wacker geschlagen. Ich sah sie nicht in die Ecke gedrängt. Und selbst die FAZ sah das Ganze in einem, wenn auch für meinen Geschmack unseligem Licht:

Dass die ARD-Talkshows der BSW-Gründerin eine noch größere Bühne bieten könnten als bisher, schien ausgeschlossen. Doch dann kam Caren Miosga auf die Idee, Wagenknechts Rhetorik zu entlarven. Es ging dramatisch schief. FAZ

Ich sah Frau Wagenknecht in diesem Duell in der Rolle des David, der gegen einen durch den Gastgeber und die Helfer-Gäste sich zusammensetzenden Goliath klar gewonnen hat. Ich wünsche mir noch viele Talk-Shows dieser Art, auch wenn mir Frau Wagenknecht dabei etwas leid tun wird. Aber so wird das BSW bekannt, beliebt und hebt sich ab durch eine bisher ungewohnte sachliche Auseinandersetzung mit der derzeitigen politischen Landschaft. Darin hätte sie dann ein Alleinstellungsmerkmal, das weitere Erfolge bei Wahlen verspricht. Frieden, Freiheit und eine bürgerorientierte Innen- und Wirtschaftspolitik sind die tragenden Säulen der heutigen Zeit. Hier hat das BSW nicht nur neue Konzepte, sondern sogar ein besonders gutes Händchen in der Mediendarstellung, die alle Arten von Doppelstandards vermeidet. Ich werde Frau Wagenknecht und das BSW weiterhin unterstützen. Ich wüsste nicht, wen ich sonst wählen könnte, ohne die Demokratie zu verraten.

  1. Schau-Moderation: abgeleitet von dem Begriff Schau-Prozess, mit dem Diktatoren ihre politischen Gegner medial wirksam zu zerstören versuchen.
  2. Die Bezeichnung öffentlich-rechtlicher Rundfunk gilt für zwei Begriffe – die Hörfunk- und Fernsehprogramme und die Organisationsstruktur öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten. Er wird hauptsächlich durch Gebühren finanziert. Sein Gegenstück ist der privatrechtliche Rundfunk. Zusammen mit ihm bildet der öffentlich-rechtliche Rundfunk das Duale Rundfunksystem. Der privatrechtliche Rundfunk finanziert sich hauptsächlich über Werbeeinnahmen. Wikipedia (DE)
  3. Der sich als Kommunikationsforscher darstellende Herr Hillje, der das Auftreten von Frau Wagenknecht in Veranstaltungen zu analysieren versuchte, ist Wahlkampfleiter der Grünen und ganz und gar kein unabhängiger Experte.
  4. Die Süddeutsche Zeitung beschreibt die Publikationen des Verlags als „in die Tiefe gehende Informationsangebote, die auf eine sehr kleine, aber zahlungskräftige Zielgruppe zugeschnitten sind“, der monatliche Abonnementspreis für die täglich erscheinenden kostenpflichtigen Newsletter beträgt rund 200 Euro. Table Media vertreibt seit 2021 die Newsletter China.Table und Europe.Table, die fünfmal pro Woche per E-Mail verschickt und deren Inhalte auf der Website von Table Media veröffentlicht werden. In den Jahren 2021 bis 2023 kamen weitere Angebote zu den Themen Bildungspolitik, Forschungspolitik, internationale Klimapolitik, Außen- und Sicherheitspolitik, ESG (Nachhaltigkeitspolitik) und Afrika hinzu. Daneben gibt es werktäglich den kostenlosen Newsüberblick 100 Headlines und mit Berlin.Table einen kostenlosen Newsletter zur Bundespolitik. Seit Januar 2024 gibt es außerdem mit dem Table.Today ein Audioformat, das werktäglich erscheint und sich mit bundespolitischen Themen beschäftigt. Der ca. 30-minütige Podcast wird von Helene Bubrowski und dem von Media Pioneer AG zu Table.Media gewechselten Michael Bröcker moderiert…Kritiker problematisieren am von Turner mit Table.Media verfolgten „Deep Journalism“ eine zunehmende Polarisierung der Medienlandschaft in kostenfreie Angebote von geringen Aufklärungsgrad (Clickbaits) und über „hochpreisige“ Newsletterformate vermittelte Hintergrundrecherchen mit verringertem Zugang für die breite Öffentlichkeit. Wikipedia.org
  5. Verlust sittlichen und normgebundenen Verhaltens.

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