Dann kommen wir zum wahrscheinlich größten Verstoß gegen journalistische Grundsätze überhaupt, die regelmäßig in Funk und Presse zu beobachten sind, nämlich die Vermischung von Meinung, perspektivischer Schlussfolgerung und Information ohne deren Klarstellung. Charakteristisch für diese Form ist, dass sie die perspektivischen Seiten einer Thematik nicht darlegt und Meinung und Information bewusst versteckt vermischt. Der „Feind“ und Widersacher der gewünschten Ansicht kommt nicht zu Wort, der Freund dagegen darf seine Meinung als Wahrheit verkaufen. Wer so berichtet, will nicht diskutieren und mit Fakten überzeugen, sondern verwendet Tricks und Emotionen, um das Verhalten der Menschen zu beeinflussen. Sie erzeugen Angst, erregen Ärger oder wecken eine positiv belegte Erwartung. Dem Menschen soll das Denken abgenommen und er soll für eine bestimmte Meinung gerichtet werden. Das Verfahren ist nur mit dem Wort „Manipulation“ zu beschreiben. Diese Absicht sieht den Leser und Beobachter als Zweck an und verachtet somit die Würde des Menschen, die im Grundgesetz festgeschrieben ist. Die Würde des Menschen ist dort so definiert, das er niemals als Mittel zu einem Zweck angesehen werden darf. Diese eingangs erwähnte Vermischung wird per Definition in den Geisteswissenschaften „Propaganda“ genannt und dient aber nur bestimmten Zwecken.
Was allen Auswahlverfahren gemein ist ist die Auftrennung der Gesamtheit in Freund und Feind und deren Beschreibung mit entweder positiv oder negativ besetzten Worten. Man versucht durch Auswahl und Darstellung ein ganz bestimmtes Meinungsbild zu erzeugen, verwendet bewusst Tricks und modische Vorlieben, um entweder Stimmung zu machen oder Angst zu erzeugen. Diese Form der Information hat mit Freiheit, Rechtsstaat und Demokratie nichts am Hut, denn sie stellt dem Leser, Beobachter oder Hörer nicht die Informationen zu Verfügung, die zu einer persönlichen Meinungsbildung notwendig wären. Es fehlt dafür an Ausgewogenheit, Klarheit und Respekt vor dem Nächsten. Das ist eine fatale Entwicklung, wenn sie mich fragen.
Weiterhin wir häufig und ausgiebig mit Bildern gearbeitet, die eine emotionale Reaktion auslösen können. Kinder und Säuglinge sind dabei ein häufig gewähltes Motiv. Mit Tricks und Umdeutungen werden Bilder aus der Vergangenheit zu aktuellen Aufnahmen umgedeutet wie jüngst in Syrienkonflikt erkennbar wurde. Mit Photoshop werden Bilder manipuliert und im Kontext verändert, so das eine gewünschte Aussage entsteht. Es werden Szenen gestellt, nachgespielt und offen gefälscht und später als Nachricht verkauft. Und mit Photoshop aufgepeppte Arbeiten sind zum Teil nicht mal mehr die Ausnahme, sondern bereits zum Standard aufgestiegen. Im Grunde genommen können Sie heute keinem Bild, keinem Kurzfilm und keiner Momentaufnahme mehr Vertrauen schenken.
Doch nicht nur Bilder, auch Reportagen werden mit falschen Beschreibungen, nie stattgefundenen Interviews und Ausschmückungen versehen, denen jegliche Wirklichkeit abhanden gekommen ist. Wir sahen das deutlich in Berichten, die ein Spiegelreporter gefälscht hatte, der damit sogar Journalistenpreise gewinnen konnte. Das kam nur ans Licht, weil sich genannte Interviewpartner, die nie interviewt wurden, gemeldet hatten. Was das sonst noch so alles zu finden sein mag, wenn gesucht würde, möchte ich mir eigentlich gar nicht vorstellen.
Was können wir jetzt schon tun? Das ist die Frage am Ende jeden kritischen Artikels. Nun, die Frage ist niemals leicht zu beantworten. In meinem Verständnis muss man sich immerzu fragen, wer schreibt, wer berichtet oder interpretiert das und warum tut er/sie das auf gerade dieser Weise? Ist die Berichterstattung einseitig und kommt die Gegenseite auch zu Wort? Weiterhin ist zu fragen, ob im Bericht bereits vorverurteilt wird. Werden die Quellen der Fakten bekannt gemacht, sind diese zuverlässig und können als neutral angesehen werden?. Handelt es sich vielleicht nur um Hörensagen? Handelt es sich um eine Meinung, die der persönlichen Meinungsfreiheit unterliegt oder ist das die Ansicht einer Organisation oder Regierung? Und natürlich muss man davon ausgehen, das die Urheber jedes Berichts bekannt dafür sind, meist eine ganz bestimmte Richtung dauerhaft zu verfolgen. Und auch wenn das Magazin gleich bleibt, gibt es doch verschiedene Interpreten in allen Redaktionen. So ist zum Beispiel Spiegel und Spiegel-Online nicht das Gleiche, so finden sich hinter der Bezahlschranke oftmals andere Informationen als in den Schlagzeilen. Gehen Sie davon aus, das ungefärbte Informationen nicht oder nur schwer zu bekommen sind. Sie sind immer gefragt, sich selbst eine Meinung zu bilden, können oder müssen sogar Gegenlesen und sich über die Quellen klar sein, auf denen sich ihre Interpretation letztlich aufbaut. So können sie zum Beispiel bei Berichten über die Nato und die US-amerikanische Außenpolitik bei RT-Deutschland gegenlesen. Trump freundliche Informationen finden Sie zum Beispiel bei VoltaireNet ebenso wie fundierte Berichte über den Nahen Osten. Bei Berichten über Südamerika sollten Sie bei Amerika21 fündig werden, Berichte über China können sie meist nur noch in Wirtschaftsmagazinen gegenlesen. Und wirklich enthüllende Berichte finden Sie noch noch in der Süddeutschen, der Zeit und der FAZ, aber meist immer nur weit hinter der Bezahlschranke. Seien Sie besonders aufmerksam vor Wahlen oder vor maßgebenden politischen Entscheidungen und lassen Sie sich nicht zu schnellen Reaktionen verleiten. Emotion ist ein gern genutztes Werkzeug der Manipulation. Ich weiß, die Zeit ist knapp und der Geldbeutel oftmals leer, aber ohne Aufwand und ohne Einsatz sind ausgewogene und richtige, wahre Informationen schwer zu bekommen. So können Sie sich zum Beispiel fragen: Was in der Informationsflut ist wichtig für mich? Dann informieren Sie sich umfassend nur darüber und handeln danach. Vielleicht wird so trotz wenig Zeit und geringem Einsatz doch noch eine eigene, unmanipulierte Meinung sich herausbilden können.