Gehen wir weiter und schauen wir uns die Haltung der USA genauer an. In welcher Weise die USA nach dem Zweiten Weltkrieg die vorherrschende Rolle auf der Welt spielen konnten, ist mehr als bekannt und muss nicht wiederholt werden. Auch das sie mit dem Dollar als Leitwährung lange Zeit das Wirtschafts- und Finanzgeschehen der Welt dominierte/dominiert, ist ebenso bekannt. Und das sie über die Internetkonzerne eine gewaltige Medienmacht in den Händen halten, muss auch nicht erneut betont werden. Weiterhin ist mit den unzähligen Militärpräsenzen in der ganzen Welt ihre Rolle als Machtfaktor Nummer 1 (…zumindest in der Eigenwahrnehmung…) mehr als offensichtlich. Unzählige Kriege, Umstürze und Umsturzversuche, Farbeinrevolutionen, Eingriffe in die Politik der Länder und deren Interessensphäre einschließlich Erpressungsmaßnahmen 1 und Geheimdienstaktivitäten belegen, das sie ihre Rolle als Imperium ernst nehmen und auch bereit sind, diese zu erhalten und ggf. auch mit militärischen Mitteln zu verteidigen. Interessant aber hier ist die Rolle, die die USA in der Ukraine spielen und gespielt haben. Nach dem Maidan im Jahr 2014 wechselte die Regierung des Landes von einer pro-russischen zu einer pro-westlichen Ausrichtung. Die neue Führung der Ukraine hoffte, relativ schnell in die Nato und die EU eintreten zu können und tat alles, um das den westlichen Regierungen schmackhaft zu machen. Gegen die beiden autonomen Provinzen Luhansk und Donezk wurde Militär eingesetzt, alle Sanktionen des Westens einschließlich des Boykotts der Gaslieferungen gegenüber Russland wurden umgesetzt und weitere anti-russische Gesetze wurden erlassen. Das die USA unter Obama mit der Personalie Biden maßgeblich am Maidan beteiligt und in der Folge weite Teile der Politik in der Ukraine bestimmt/mitbestimmt haben, steht heute außer Frage. Amerikanische Staatsbürger hatten dort sogar Regierungspositionen inne. Über die Motivationen dazu aber herrscht allgemeine Unsicherheit. Das die Ukraine als Speerspitze in einem Krieg gegen Russland eingesetzt werden sollte, dazu gibt es Planspiele von amerikanischen Strategen schon aus dem Jahre 1997, zu einer Zeit also, als mit Russland aus westlicher Sicht noch alles in Ordnung zu sein schien. Vielleicht, und hier beginnen die Spekulationen, war es schon immer klar, das eine Annäherung Russlands an die EU, ihre Aufnahme vielleicht sogar, von den USA niemals akzeptiert werden würde. Das würde aus US-Sicht das Ende des amerikanischen Imperiums bedeuten, denn mit Russland an Bord wäre kein Land der EU mehr erpressbar, verfügte die EU über genug Bodenschätze, Energie- und Nahrungsreserven, um autonom sein zu können. Mit anderen Worten: Russland ist schon seit der Sowjetunion der wichtigste Gegenspieler der USA und wird das mit der neuen Rolle wohl auch bleiben, weil sich Russland dem Einfluss der USA mehr und mehr entzogen und seit ihrem Engagement in Syrien gezeigt hat, das sie diese eigenständige Rolle auch erfolgreich umsetzen kann.
Die Entzauberung der EU. Die EU war zu Beginn ihrer Existenz eine Friedensmission. Sie sollte die unzähligen Kleinkriege der historischen Vergangenheit und die Großkriege der Neuzeit verhindern helfen. Warum und aus welcher Motivation heraus sich heute die wirtschaftlich mächtige EU nur noch an der Seite der USA sehen kann und jede und jegliche Forderung der US-Regierungen unterstützt und mit vorauseilendem Gehorsam begegnet, ist ehrlich gesagt aus dem Weltgeschehen, wie es tagein-tagaus erklärt wird, nicht nachzuvollziehen. Wenn wir die Demokratien Europas genau betrachten, sind/waren diese zumindest in den Gründungsländern die fortschrittlichsten und freiheitlichsten Machtsysteme der Welt. Mit den Erweiterungen in den Osten Europas hat sich das, ohne ins Detail gehen zu wollen, in eindrucksvoller Weise geändert. Das EU-Parlament, die EU-Kommission und deren Präsident sind zwar gewählt und somit demokratisch legitimiert, aber auch die Regierungschefs der Mitgliedsstaaten bestimmen über den EU-Rat und den Minister-Rat über die Gesetzesvorlagen als auch über den Gerichtshof und den Rechnungshof und somit über die Grundlagen der europäischen Politik mit. Dort allerdings ist Konsens die Voraussetzung für einen Beschluss. Das Ergebnis ist, das bereits ein Mitgliedsstaat allein schon eine Entscheidung verhindern kann, wie das immer wieder GB, dann aber auch Ungarn und Polen demonstriert haben und zu ihrem Vorteil zu nutzen wussten. Heute ist wahrscheinlich nahezu jedem klar, das eine politische Institution wie eine Union so nicht handlungsfähig genug sein kann, um geopolitisch wirken zu können. Was die Nähe zu den USA mAn auszumachen scheint sind verschiedentliche Abhängigkeiten, die manche Mitgliedsstaaten eingegangen und in der Folge ausgesetzt sind und die diese dauerhaft an die USA binden. So zumindest ist die Anlehnung der EU an die USA vielleicht zu erklären. Eine weitere Erklärung könnte die Angst einiger osteuropäischer Mitglieder sein, wieder in die Einflusssphäre Russlands geraten zu können, womit sie ja in der Vergangenheit schon einmal schlechte Erfahrungen gemacht haben. Allerdings gibt es dazu nur Vermutungen, denn weder Zahlen, Daten noch Fakten sind allgemein bekannt geworden. Zur Zeit unterstützt die EU die Ukraine im „Krieg“ gegen Russland mit allen Mitteln, liefert Waffen, Munition, Waren und Propaganda in großzügiger Weise und es scheint, das sie dabei auch vor der Schädigung der eigenen Verteidigungsfähigkeit, ihrer wirtschaftlichen Versorgungssicherheit und der Verarmung der eigenen Bevölkerung nicht zurückschreckt. Aus welchen Gründen das geschieht, ist nicht offensichtlich. Es bestehen keine rechtlichen Verpflichtungen gegenüber der Ukraine, und das sich Berufen auf eine Wertegemeinschaft, auf den Erhalt einer wertebasierten Weltordnung oder was sonst noch so im Diskurs gehandelt wird, erklärt diese in Europa nie dagewesene Opferbereitschaft nicht.
- Beisiel: Nord Stream 2 ↩