Weltweite Risiken und Baustellen

Diplomaten können reden ohne viel zu sagen und sagen, was sie nicht meinen. Sie scheuen das Direkte, kennen alle Umwege und denken lieber zweimal nach, bevor sie nichts sagen, wie es Winston Churchill einmal beschrieb. Diplomaten sind Meister des Zuhörens, aber auch groß darin, wenn es sein muss, ohne viele Worte auszukommen und doch alles anzusprechen. 1 Ein schönes Zitat, wie ich finde. Und auf der gleichen Seite wird dann aufgezählt, was wichtig für Diplomaten sei:

Lösungen finden
Gemeinsam arbeiten
Professionell bleiben
langfristig Denken
Ziele kennen

Diplomaten sollten also bei allem was sie aussenden, ihre Ziele kennen (Ständiger Sitz im UN-Sicherheitsrat zum Beispiel) und dabei langfristig alles notwendige tun und sagen, um das auch zu erreichen. Dabei aus kurzfristigen Erwägungen (Medienaufmerksamkeit ist kurzfristig!) und ohne Not Öl in ein Feuer zu gießen und wegen Kleinigkeiten diplomatische Verstörungen zu produzieren, ist einfach unprofessionell. Es ging darum, ob internationale Hilfsgüter über ein oder zwei Grenzübergänge in den letzten oppositionelle Außenposten in Syrien zur Versorgung von Flüchtlingen geliefert werden können. Dort verschanzen sich die Reste der Oppositionsmilizen, die Assad in Syrien stürzen wollten, hinter einem großen Flüchtlingslager und den Resten der US-amerikanischen Armee, die dort syrisches Öl stehlen. Ich weiß ja nicht, wie unsere Politik darüber denkt, aber für mich war schon vor 2020 der Umsturzversuch in Syrien gescheitert, und das Land sollte doch wohl endlich Gelegenheit bekommen, zur Ruhe zu kommen. Nun geht es mir nicht darum, wer Recht hatte im Konfliktherd Syrien. Es geht darum, das deutsche Diplomaten ihre Aufgabe im Dienste des deutschen Volkes nicht erfüllen und die Interessen ihres Landes vertreten. Amerikanische Interessen werden von amerikanischen Diplomaten vertreten, deutsche Interessen werden von deutschen Diplomaten vertreten. So einfach sollte das sein! Das Geschriebene bis hier entstammt wie gesagt dem Jahr 2020.

Heute schreiben wir das Jahr 2024. Wir haben eine andere Regierung, die „Ampel“ genannt wird und mit der große Hoffnungen auf eine andere Politik aufkamen. Heute haben wir den Krieg in der Ukraine, den aufgeflammten Konflikt im Nahen Osten, haben durch ein politisch „weiter so als sei nichts gewesen“, eine Wirtschaftskrise, darin eingeschlossen eine selbst verschuldete Energiekrise, eine staatliche Finanzkrise und eine neue aufkeimende Hoffnungslosigkeit angesichts der diplomatischen Fähigkeiten der zur Zeit Regierenden. Ich dachte mal, es kann nicht schlimmer werden. Weit gefehlt. Die zur Zeit in unserem Auftrag in Sachen Diplomatie Reisenden haben scheinbar keine Ahnung mehr davon, was sie da eigentlich für eine Aufgabe erfüllen und wem sie dienen sollten. Haben Sie auch das zunehmende Sterben des politischen Kabaretts bemerkt? Größere Witze als die der zur Zeit Regierenden kann ein Mensch sich gar nicht ausdenken: Wie soll ein Kabarettist das noch toppen können? Sie führen einen Krieg, ohne Krieg führen zu wollen, sagen aber, das sie einen Krieg führen vor internationalen Publikum. Gestern sind deutsche Panzer auf russisches Staatsgebiet vorgedrungen. Sie führen aber immer noch keinen Krieg. Die dort agierenden Soldaten kämpfen mit deutschen Waffen, deutscher Munition und finanzieren sich mit deutschem Geld. Aber Deutschland führt keinen Krieg? Sie verhängen nun schon das 13. Sanktionspaket, wollen Russland ausbluten, ruinieren, isolieren, zerschlagen, aber sie führen keinen Krieg? Ich weiß nicht, aber es gibt im Grundgesetz einen Artikel, der die Aussage enthält, das von deutschem Boden niemals wieder Krieg ausgehen soll/darf. Kennen unsere Eliten ihre eigenen Gesetze nicht mehr und wo bleibt das Bundesverfassungsgericht? Unsere Elite hält sich nicht an das Grundgesetz. Anklage, Urteil, Vollstreckung? Ich bin ratlos.

Wir können schauen, wohin wir wollen, seit 2020 sind nahezu alle Ressorts der politischen Landschaft zu einem chaotischen Mischmasch verkommen: Kriegsbeteiligung und Befürwortung in mehreren Regionen, imperiales Imponiergehabe ohne Grundlage, kein Geld in allen Kassen, keine Armee, die diesen Namen verdient, keine Gesundheitspolitik, die auch nur ansatzweise von Erfolg gekrönt ist, fehlerhafte Gesetze, die von Gerichten kassiert wurden, Altersarmut, Inflation, verrottende Schulen, verrottende Brücken und Straßen, sinkender Lebensstandard und fallendes Bruttosozialprodukt, Deindustralisierung, diplomatische Isolierung, … Wie weit soll dieser Trend eigentlich noch gehen, bevor die Bevölkerung einer Kulturnation endlich reagiert? Ich bin ratlos.

Nun werden viele Leser, sofern sie nach den unbequemen Zeilen nicht bereits abgebrochen haben, mich wohl als Putin-Versteher (1), als politischen Laien (2), als wirtschaftspolitisch Unprofessionellen (3) oder geopolitisch Ungebildeten (4) abqualifizieren. Sei es drum. Trotzdem sei mir zu diesen Aussagen ein paar Worte zu sagen erlaubt:

(1) Wer gegen eine Nation wie Russland mit Putin an der Spitze Krieg führt, sollte über den Präsidenten des Gegners und dessen Ansichten schon genau informiert sein. Besser als informiert aber sollte jeder Kriegführende seinen Gegner zu verstehen lernen, wenn er nicht untergehen möchte. Putin ist, und da sind sich alle seine Gegner einig, ein Mann, der Schach zu spielen versteht und der einen Bluff erkennt, bevor er ausgewiesen wurde. Machiavelli und Sunzu lassen grüßen. Jede andere Idee ist Selbstmord in Raten. Jemanden „Versteher“ zu nennen ist übrigens eine Sprachform aus dem Kindergarten und der Grundschule. Sie ist nur ein anderes Wort für Streber, was in Kinderkreisen ja negativ besetzt ist. Erwachsene im Atomzeitalter aber sollten das aber schon anders sehen, meinen sie nicht?

(2) In der Demokratie als Staatsform ist der Souverän immer Laie, denn die Macht geht vom Volke aus, und das ist im Querschnitt politisch nicht bis wenig gebildet. Allerdings neigt ein Laie weder verstärkt noch bewusst dazu, einer Ideologie zu folgen, sondern bewertet zunächst einmal sein persönliches Umfeld und zieht daraus Schlussfolgerungen. Wenn er seine Rechnungen nicht mehr bezahlen kann sorgt das für schlechte Stimmung. Wie war das noch? Ein guter Regent hält sein Volk satt und sorgt für unterhaltsame Spiele, tritt nicht rechthaberisch und belehrend auf und lässt sich nicht beim Lügen und Versagen erwischen. Einen schönen Gruß an die Kuppel in Berlin und an alle Qualitätsmedien-Redaktionen.

(3) Angesichts der wirtschaftlichen und haushaltspolitischen Lagen in Deutschland kann wohl niemand so wirklich behaupten, das wir in Berlin noch wirtschaftliche Kompetenz versammelt haben. Also ich halte das mit dem Wirtschaften so: Ich sorge stets dafür, meine Rechnung bezahlen zu können, verschenke kein Geld, das ich nicht habe und verkaufe mein Auto nicht, bevor der Ersatz bestellt und geliefert wurde. Wie ist das denn in Berlin so üblich? Ich denke da an den Staatshaushalt, die Ukraine-Hilfen und die Gaslieferungen. Und vor allem anderen führe ich mit unserer schlecht aufgestellten Bundeswehr und unserer schwächelnden Wirtschaft keinen Krieg gegen irgendwen… Auch das ist Selbstmord in Raten.

(4) Nun verstehe ich die politische Pokerrunde um Russland und China sehr gut. Das sind Länder, so groß und reich (Land, Menschen, Rohstoffe, Natur), das sie ausbeutenden Freischärlern schon eine fette Beute versprechen. Aber, selbst wenn ich dieses Raubverhalten gut heißen würde (Was ich nicht tue…), ohne eine schlagkräftige Armee, genügend funktionierende Waffen, ausreichende Vorräte an Munition, finanzkräftige Rücklagen, eine florierende Wirtschaft und ein verlockendes Angebot an die künftig Auszubeutenden wird das wohl doch nur in die eigene Hose gehen. Haben das unsere Geostrategen nicht bedacht, als sie Russland als Opfer freigaben? Wie dumm kann man eigentlich noch sein? Und jetzt wollen sie sich zusätzlich auch noch mit China anlegen, das Land, das die ganzen schönen Sachen zusammenbaut für kleines Geld, mit dem wir in der Welt herum protzen? Versuchen sie mal einen Rechner zu kaufen, an dem China nicht beteiligt ist, oder ein Smartphone, oder ein E-Auto… Viel Vergnügen beim Suchen. Sollten sie irgendwann mal etwas etwas Vorzeigbares gefunden haben: Sie finden mich im Altersheim oder auf dem Friedhof.

  1. Quelle: Karrierebibel.de/Diplomatie

Kommentar hinterlassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert