Moderne Zeiten

Ein weiteres Dogma unseres Wirtschaftssystems ist Effizienz. Nun ist effizientes Handeln, darüber herrscht allgemeiner Konsens, ja etwas Gutes: Nur so viel verbrauchen wie notwendig, nur soviel bereitstellen wie notwendig, nur soviel tun wie notwendig, nur soviel nachdenken wie notwendig, … Nur, und das lehrt uns die Natur, die eher ein verschwenderisches System fährt, ist Effizienz nur dann einträglich, wenn auch eintritt, was geplant wurde. Folgt die Wirklichkeit aber nicht mehr dem Plan, wird Effizienz schwierig. Rohstoffe 1 gehen aus, Arbeitskräfte stehen nicht zur Verfügung 2 Oder aber es entstehen unvorhergesehene Krisen, die sich auf das ganze schöne System ausbreiten 3. Und manchmal folgen die Menschen auch einfach nicht den Gesetzen des Marktes, der ja ein Hauptdogma des Kapitalismus darstellt, und sei es nur darum, weil sie einfach keinen Bock mehr darauf haben. Produkte verkaufen sich nicht, Dienstleistungen werden nicht angenommen, Regierungen ersinnen neue Ordnungen oder der böse Nachbarstaat droht mit Krieg oder Embargo. Dann ist schnell Schluss mit der schönen Effizienz. Nun ist das kein Plädoyer für Verschwendung. Aber Effizienz beinhaltet für mich zumindest auch die Einplanung eines Puffers, der bei unvorhersehbaren Ereignissen die Abläufe der Wirtschaft nicht stocken lässt. Nur wenige Menschen scheinen das heute noch zu verstehen. Und besonders in den Wirtschaftskanzeln sind Puffer und Vorsichtsmaßnahmen eher unbeliebt, kosten sie doch Geld, erhöhen den Aufwand und schmälern den Gewinn. Das letzte geht eigentlich, so das Dogma, gar nicht. Besonders gut war das zu sehen in den Krisen unserer Zeit: Banken haben noch immer keine Puffer, Gesundheitsämter sind in Pandemie-Zeiten überfordert, es fehlen LKW-Fahrer in GB, wir haben zu wenig Polizisten, wir rechnen nicht mit Starkregenfällen, wir kaufen zu wenig Gas für die bevorstehende Heizperiode und/oder wir verlassen uns auf die Treue unserer Stammkunden oder Lieferanten, usw. Genau, und dann eines davon mal schief, das Gesamtsystem folgtaus Angst oder Gier und das ganze schöne effiziente System versagt seinen Dienst und wir stehen wieder einmal fassungslos und ohne Plan vor neuen Herausforderungen.

Cancel Culture

Und dann muss ich noch auf ein Thema zu sprechen kommen, das mein Verständnis von verstandener Demokratie ins Wanken geraten lässt: Den Syndrom Cancel Culture. Was sich hinter dieses „neudeutschen“ Ausdruck verbirgt bringt selbst Wikipedia auf den Punkt:
Cancel Culture ist ein politisches Schlagwort, mit dem systematische Bestrebungen zum sozialen Ausschluss von Personen oder Organisationen bezeichnet werden, denen beleidigende, unanständige oder diskriminierende Aussagen beziehungsweise Handlungen vorgeworfen werden…
Das Ganze mal im Klartext ausgesprochen: Man bezeichnet damit systematische (also gezielte…) Bestrebungen (Taten, Versuche, …), den Ausschluss von Personen und/oder Organisationen (von Teilhabe an der Gesellschaft) zu betreiben (durch Medien, die koordiniert Angriffe fahren…), denen beleidigende, diskriminierende und unanständige Aussagen beziehungsweise Handlungen vorgeworfen werden. Noch mal deutlicher: Es geht auch um Aussagen, die unanständig sind (Was bitte sehr ist unanständig?). Weiter: Man bekämpft Diskriminierung durch Diskriminierung und Beleidigung durch üble Nachrede zu Ungunsten der Beleidiger? Und noch einmal noch klarer ausgesprochen: Der Ausschluss an der gesellschaftlichen Teilhabe verstößt gegen die Unantastbarkeit der Würde eines Menschen, sprich Staatsbürgers. Anstand ist in etwa das Gleiche wie die akzeptierte gesellschaftliche Gesinnung, und wer gegen diese Gesinnung verstößt, ist unanständig und darf, folgt man diesem Schlagwort, ausgeschlossen werden? In unseren Demokratien herrscht aber laut Gesetz Meinungsfreiheit. Das schließt die Verfolgung von Gesinnung schlichtweg aus. Und auch wenn ich in einem Rechtsstaat Opfer einer Beleidigung geworden bin, ermächtigt mich dieses nicht dazu, ebenfalls zu beleidigenden Äußerungen zu greifen. Das wäre Selbstjustiz und ist demnach keinem Bürger gestattet.
Nun könnte man glauben, das es Cancel Culture in unserem Lande nicht gibt. Das stimmt so aber nicht. Im Moment werden bei uns Impfgegner, Impfverweigerer, Querdenker, Verschwörungstheoretiker, wenig folgsame weil unabhängige Medienorganisationen, Gefährder, Autonome, Neonazis, rechts außen angesiedelte Parteien, Prominente (die „unangemessene“ Äußerungen getätigt haben) und Kritiker (der aktuell akzeptierten politischen Richtung; jenseits der Mitte…) mit Cancel Culture überzogen. Ich werde keine Beispiele nennen, denn die Betroffenen sind auch so schon betroffen genug.

  1. Öl, Kohle, Metalle
  2. Zu wenig ausgebildet. Zu wenige bereit, die monotone Arbeit zu tun. Es wird gestreikt. Vorschriften behindern die Prozesse. Es treten unvorhergesehene Ereignisse auf.
  3. Corona, Börsenkrach, Blase

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