Moderne Zeiten

Ideologie

Nun sind Krisenjahre in der Weltgeschichte nicht immer Katastrophen gewesen, sondern viele gestalteten sich auch als die eine große Chance, die von den Menschen ergriffen wurde. Wir haben durch Krisen den größten Teil aller Monarchien bezwungen, wir haben so in weiten Teilen der Welt die Sklaverei abgeschafft und den Großteil aller Kolonialherrschaften abgeschüttelt. Hier und da sind noch Restbestände des Alten zu beklagen, aber im Großen und Ganzen war das Ergebnis vieler Krisen ein Erfolg. Auch wenn viele scheinbar davon träumen, man könnte diese Befreiungen rückgängig machen, so glaube ich doch noch immer daran, das sich der Freiheitsgedanke, wie ihn der Liberalismus seit langem beschreibt, letztlich durchsetzen wird. Die wenigen Baustellen, die heute noch ausgeschlossen sind, könnten, Einigkeit in der Welt vorausgesetzt, relativ schnell geschlossen werden. Nur ist es mit der Einigkeit in der Welt nicht allzu gut bestellt. Das liegt wohl daran, das einige verblendete Geister in den Eliten der Nationen daran glauben, man könne die alten Geschichten immer wieder neu erfinden und einfach Monarchie durch Geld-Herrschaft, Sklaverei durch Abhängigkeit der Beschäftigten und Kolonialherrschaft durch Bündnis- und Handelsverträge ersetzen. Betrachten wir die Krisenergebnisse der letzten Jahre einmal detailliert, so müssen wir doch wohl eingestehen, das alle durch falsche Vorstellungen, Doktrin, Unwissenheit und Unvernunft entstanden sind oder zumindest stark verstärkt wurden. Dazu zählen die Kriege (Vietnam, Syrien, Afghanistan, Somalia, Jemen, Irak, Libyen, Kosovo), die Gesundheitsbedrohungen (Aids, Schweinegrippe, Influenza, Asiatische Grippe, Hongkong-Grippe, Russische Grippe, Covid), die Weltwirtschaftseinbrüche (Dotkom-Blase, Bankenkrise, Eurokrise, Covid-Shutdown) und auch die modernen Wirtschaftskriege (USA gegen Kuba und China; USA und EU gegen Russland, Iran, Venezuela).

Beginnen wir bei den Kriegen. Nicht einer davon hat für die Menschen, die durch die Kampfhandlungen betroffen waren, einen messbaren Fortschritt erbracht. Die zugrundeliegenden Probleme hätten nahezu ausnahmslos entweder auf friedlichem Wege oder aber auf nationaler Ebene gelöst werden können, und auch wenn das nicht immer mit friedlichen Mitteln geschehen wäre, es hätte weniger Opfer gekostet. Die Internationalisierung der Auseinandersetzungen auf jeden Fall hat viel mehr deutlich größere Opfer gekostet. Vietnam wäre wohl schneller kommunistisch geworden, Libyen unter Gaddafi wäre wohl immer noch intakt und Syrien wäre auch weiterhin ein schlecht regiertes, aber wohlhabendes Land geblieben. Das Argument, in Nachhinein wüsste man es eben immer besser, zieht hier nicht. Wenn Großmächte und reiche Staaten Revolutionen, Aufstände und Befreiungsbewegungen unterstützen, ist noch nie etwas Gutes herausgekommen. Und wenn sich Großmächte und international agierende Konzerne und Investoren in die Politik kleiner Staaten einmischen, hat in aller Regel die Bevölkerung des betroffenen Landes nur zu leiden. Wir sehen das in Kuba, sehen das in Venezuela, in Ägypten, sehen das im Iran und vielen anderen Staaten.

Bei den Gesundheitsbedrohungen weltweit, bekannt sind hier eigentlich nur die Fälle, die auch in den reichen Industriestaaten für Aufregung gesorgt haben, sind Ignoranz und befremdliche Vorstellungen wie „Aida betrifft nur homosexuelle Männer“ sowie falsche Einschätzungen der Gefahrenlage die Ursache dafür, das diese sich etablieren und ausbreiten konnten. Stets war am Anfang zu vermelden, das das uns ja gar nicht beträfe, das das ja hier noch gar nicht angekommen sei und wir mit unseren Innovationen und Techniken das alles schnell bewältigen würden. Das hat sich meist sowohl als arrogant als auch unwissend erwiesen. Und dann begann stets der altbekannte Dilettantismus, mit dem Politik, Behörden, Wirtschaft und Wissenschaft eine schnelle Lösung zu verhindern wussten. Zusätzlich zu erwähnen sind hier wirtschaftliche und finanzielle Interessenlagen einzelner, die stets die Not der Masse für sich zu nutzen wussten. Das ist ja auch nicht so neu. Mit der Not der Masse war stets gut Geld zu verdienen. Ich denke da an die Prohibition in den USA, die so manch reiche Familie hervorgebracht hat und Wirtschafts- und Machtimperien zu gründen vermochte. Auch die Wiederaufrüstung und Industrialisierung Deutschland nach dem ersten Weltkrieg brachte große Magnaten hervor, die auch heute noch mehr auf der hohen Kante liegen haben, als sie je ausgeben können. Das größte Unheil allerdings brachte meist die Uneinigkeit und Nichtsolidarität der Staaten untereinander, die in allen Krisen hervortraten und im Kampf um Arzneistoffe, Nahrung, Materialien und deren Verteilung ausgetragen wurden. Das ging und geht noch immer bis zu Diebstahl, Mord und unterlassener Hilfeleistung 1, reicht noch immer von Erpressung bis zur Vorteilsnahme. Jeder scheint sich selbst der Nächste zu sein. Mit den Werten und Vorstellungen, die nicht nur in der westlichen Welt gepredigt werden, hat das nicht viel zu tun.

  1. Einem Hungernden das letzte Brot abzukaufen ist Diebstahl; einem Staat und seiner Bevölkerung Medikamente zu verweigern ist Mord; in einer Umweltkatastrophe nicht zu helfen ist unterlassene Hilfeleistung. Nach den Gesetzen nahezu aller zivilisierten Länder sind das Straftaten.

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