Demonstration

Meinungserhebung versus Demo

Schon seit geraumer Zeit verfolgen mich Gedanken, ob in der heutigen digital-durchdrungenen Welt die alten Meinungsäußerungsgedanken der Bewegung, der Wache und der Demonstration noch zielführend sein können und ob angesichts der aktuellen Vorgänge bei Montagsdemonstrationen, deren Gegendemonstrationen und Kampfaufrufen wie bei G20 in Hamburg diese nicht neu durchdacht und angepasst werden müssen. Großveranstaltungen wie die genannten können immer und jederzeit von anders gesinnten Teilnehmern okkupiert und damit gegen die erklärten Ziele der Demonstranten selbst gerichtet werden. Sie werden dann medial mit großem Aufwand als gewalttätig, radikal oder sogar staatsfeindlich dargestellt.

Ist die Versammlung, die Großveranstaltung, die Demonstration, die Mahnwache oder die Kundgebung also in ihrer Reinheit weiterhin verwendbar als Meinungsäußerung der Bevölkerung? Wie am Beispiel der G20-Demos in Hamburg zu sehen ist, kann selbst von Staatsseite, entweder durch bewusst eingesetzte harte Maßnahmen oder durch falsche Konzepte aufgrund vollkommen veralteter Vorstellungen, eine zunächst friedliche Kundgebung schnell ins Gegenteil umschlagen. Weiterhin scheint man in allen politischen Lagern die freie Meinungsäußerung schon lange nicht mehr als Grundrecht unserer Gesellschaft anzusehen. Oder wie erklären sich anders Gegendemonstrationen gegen Demonstrationen, das Niederbrüllen von Menschen, die ihre freie Meinung auszudrücken versuchen oder die hämischen Pressemeldungen und Fernsehberichte über Menschen, die von redegewandten Reportern zu Äußerungen verleitet oder provoziert werden, über die dann die ganze Mediensparte danach mit Häme und Spott herfällt. Vielleicht sollten Medienvertreter und Reporter sich den Begriff des Fremdschämens einmal genauer durch den meist leeren Kopf gehen lassen, bevor sie sich an solchen Aktionen beteiligen. Nicht gemeint sind hier bewusst die Aktionen von Satiresendungen, deren Aufgabe ja gerade ist, Politikern, Wirtschaftsvertretern und natürlich auch dem Volk auf Maul zu schauen und so auf satirische Weise auf Missstände hinzuweisen, die es zu bekämpfen gilt. Auch der Glaube an vollkommen falsche Informationen, die es ja heute unbegrenzt gibt und die mittlerweile sogar einen eigenen Namen tragen (fake News), sind in diesem Falle ein Missstand.

Satiresendungen wie die Heute-Show, die Anstalt, Extra-Drei und viele andere sind heute für mich ein Meilenstein der Information, der die als Nachrichten getarnten klassischen Sendung wie Tagesschau und Heute sinnvoll ergänzen und sozusagen eine Gegendarstellung derselben darstellen, in denen teilweise die fehlenden oder bewusst weggelassenen Inforationen transportiert werden. Sie entlarven durch ihre satirisch unvorhersehbare Art der Fragestellungen nahezu jede politische Floskel als solche und zeigen ganz frisch die Gesichter derer, die uns regieren wollen, in ungeschminkter Art. Ich würde mir viele weitere Sendungen dieser Art wünschen, zur besten Sendezeit und am Liebsten direkt hinter den Nachrichtensendungen. Wenn am Beispiel Katalonien in den Nachriten von einigen tausend Demonstranten in Barcelona berichtet wurde und in der direkt nachfolgenden Heute-Show ein Kameraschwenk durch die Straßen dieser Stadt von erhöhter Position aus klar belegte, dass hier Millionen die Straßen bevölkerten und wie aus eine Kehle ihr Anliegen skandierten, stellt sich doch schnell die Frage, warum hier die freie Meinung von so vielen Menschen herunterberichtet wurde auf nur ein versprengte Gruppe von Radikalen.

Kommen wir zum Recht auf freie Meinungsäußerung zurück, kommen wir zurück zu Versammlungen und Demonstrationen und der Frage, ob die Teilnahme an solchen Veranstaltungen noch anzuraten sei oder ob hier andere, bessere Lösungen gefunden werden müssen. Angesichts der technischen Möglichkeiten durch die digitalen Medien sind viele Menschen bequem und einfach zu erreichen. Nur dürfte dieses nicht ausschließlich kommerziellen und an Auftraggeber gebundenen Organisationen überlassen bleiben. Wir tätigen heute unsere Bankgeschäfte, versorgen die Finanzämter mit unseren Daten, kaufen ein und informieren uns doch bereits übers Netz. Warum ist es nicht möglich, die klassische Meinungsumfrage durch ein staatlich finanziertes, aber unabhängig arbeitendes Meinungsmedium zu ersetzen, mit dem alle Bundesbürger in regelmäßigen Abständen ihre Meinung zu Fragen der aktuellen politischen und wirtschaftlichen Lage abgeben können. Die Betonung liegt hier auf „staatlich finanziert“ und „unabhängig“. Wenn unsere Gesellschaft in der Lage ist, alle Telefonverbindungen zu überwachen, alle Rechner mit einem Trojaner zu infizieren oder sogar den gesamten Mailverkehr zu überwachen, wie leicht sollte dann doch auch ein Meinungserhebungsdienst zu organisieren sein. Wir erinnern uns, Demokratie ist die Herrschaft des Volkes, nicht die Herrschaft über das Volk. Wie anders sollte das geschehen wenn nicht über eine garantiert unabhängige Möglichkeit, seine Meinung kund zu tun. Die klassischen Gelegenheiten dazu, alle vier Jahre an einer Wahl teilzunehmen, in der Republik herumzureisen, um an Kundgebungen teilzunehmen oder der Stammtisch sind einfach unbrauchbar. Menschenketten, Fackelzüge und Mahnwachen zu ersetzen durch eine umfassende Meinungsbefragung wäre ein großer Schritt in Richtung Demokratie. Der dem folgende Schritt wäre die Auslotung, wie diese Äußerungen dann in Politik umgeformt werden können. Die Umsetzung eins zu eins wird sicherlich zumindest heute nicht geeignet sein, wie der Brexit eindeutig belegt, aber als Grundlage für eine Debatte (Parlamente, Medien, öffentliche Meinung) sollten diese Daten durchaus taugen. Weiterhin erzwingt eine Befragung die Bürger, sich wirklich eine Meinung zu bilden, denn es wird gesprochen darüber, es wird diskutiert werden darüber und viele werden Hintergrundinforationen heranziehen, wie dies bei der Anschaffung von Konsumgütern ebenfalls schon lange der Fall ist.

Die Gestaltung der Meinungserhebung, die nachfolgt, hat gerade einmal 5 Minuten gedauert. Sicherlich sind hier keine Maßnahmen über doppelte Votes vorgesehen, aber wer Trojanerergebnisse auswerten kann wird auch dieses sicherlich zu regeln wissen. So schwer kann es also nicht sein!

Würden Sie sich an Meinungserhebungen beteiligen?

 

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