Nach 2002 hatten wir wieder einmal, und ganz passend zur BT-Wahl, eine Hochwasserkatastrophe, und neben intensiven Berichten im Fernsehen und Radio samt Brennpunkten wird das Schicksal der betroffenen Bevölkerung, die wieder einmal sehr viel von ihrer Habe verloren geben mussten, in bewegenden Bildern gezeigt. Und das Mitgefühl ist groß, die Hilfsbereitschaft ist überwältigend und alles scheint in allerschönster Ordnung. Nur:
Die Frage, was aus diesen Katastrophen gelernt werden muss, stellen nur noch TV-Reportsendungen zu später Nachtstunde. Die Frage nämlich heißt, ob die Maßnahmen, die zum Schutz bisher unternommen wurden, überhaupt geeignet sein können, um solche Überflutungen in Zukunft zu vermeiden.
Bezeichnend ist zum Beispiel die nicht hinterfragte Nachricht, dass durch einen Deichbruch sich das Scenario flussabwärts deutlich entspannen konnte. Das heißt doch, dass Schutzmaßnahmen, die am Oberlauf des Flusses Land und Städte schützen können und sollen, sich flussabwärts als Katastrophenverstärker erweisen. Ein Damm brach, Dörfer wurden überflutet, und flussabwärts konnten Städte und Gemeinden aufatmen.
Tatsächlich scheinen die bisher getroffenen Maßnahmen zum Schutze vor dem Wasser lediglich die Katastrophe flussabwärts zu verschieben. Sehen das Journalisten heute nicht mehr? Sie lesen scheinbar nur noch Nachrichten vor, schwelgen in Worten voller Mitgefühl und sehen einfachste Zusammenhänge nicht mehr? Höhere Dämme und Mauern treiben das Wasser flussabwärts nur noch mit mehr Macht gegen die Deiche. Wie hoch sollen denn flussabwärts die Mauern noch werden, bis alle ihr Hab und Gut in Sicherheit wähnen können? Oder sollte nicht mehr und mehr sich die Einsicht durchsetzen, dass die bisherigen egoistischen Maßnahmen nur zu dem Motto taugen:
Lieber Deichgott, lass mein Haus trocken, überflute andere, flussabwärts!
Es ist ja nicht so, dass es keine anderen Strategien gäbe. Da wäre zu nennen die Einrichtung von Überflutungszonen, um den Druck aus den Wassermassen zu nehmen. Dann könnte die Änderung der Baumaßnahmen zum Beispiel zu Ringdeichen, die nur bewohnte und bebaute Gebiete schützen, einen großen Teil des entstehenden Schadens verhindern. Und sollten wichtige Infrastrukturmaßnahmen wie Stromversorgungseinrichtungen, Fernstraßen und Eisenbahngleise nicht so gebaut werden, dass eine Überflutung derselben nicht möglich ist?
Überflutete Agrarflächen sind unschön, zugegeben, aber die Schäden halten sich doch in Grenzen und sind von der Gesellschaft als Ganzem leicht zu tragen. Verlorene Heimstätten, darin stehendes persönliches Hab und Gut und zerstörte Existenzen aber sind nicht ersetzbar.
Meiner Ansicht nach haben die Medien und ihre Mitarbeiter in einer Demokratie wie der unseren die Aufgabe, solche Hintergründe ins Licht und Bewusstsein der Öffentlichkeit zu stellen. Sie sollen aufklären, informieren, Fragen stellen, Alternativen aufzeigen. Das ist ihr Job. Nur Nachrichten zu verlesen und berührende Bilder und Berichte zu liefern, können sie getrost Amtsträgern und Politikern überlassen.