Gibt es die „Goldene Milliarde“ wirklich?

Ich habe mich immer gefragt, wie es möglich sein konnte, das in der Vergangenheit eine Handvoll Europäer es gelungen war, bevölkerungsreiche Länder wie China und Indien zu beherrschen, mit ein paar Schiffsbesatzungen ganze Kulturen zu zerstören und riesige Menschenmassen zu beherrschen. Warum wehren sich die Menschen dort nicht. Sie waren doch zahlenmäßig überall in der Welt weit überlegen. Und auch innerhalb der Milliarde gibt es noch immer große Bevölkerungsanteile, die von einem goldenen Leben weit entfernt ihr Dasein bestreiten. Warum wehren die sich nicht. Sie sind und waren ebenfalls schon immer in der Mehrheit. Das ist doch eine spannungsgeladene Frage, die wirklich nicht einfach und ohne Schnörkel einzubauen beantwortet werden kann. Nun ist eine der gerne gesehenen Antworten die, das die Mehrheit der Menschen auf der Welt nicht in der Lage ist, große Systeme von Macht zu verstehen und entsprechend zu handeln. Eine weitere Antwort könnte sein, das die Unfähigkeit der Masse, sich zu organisieren, zu deren Passivität führt. Macht auszuüben erfordert immer einen hohen Organisationsgrad und das Verstehen des Spiels darin. Eine dritte Antwort könnte sein, das sehr viele Menschen ein bescheidenes, aber gesichertes Dasein einem Kämpferischen vorziehen, aus Bequemlichkeit vielleicht, auch aus der Angst heraus, zu den Verlierern des Kämpfens zu gehören und zu erwähnen wäre noch die gerne vorgeschobene Rücksichtnahme auf Familie und Nachwuchs. Besser Bescheiden-Sein als ungeliebt, gefangen oder tot. Zu erwähnen wäre dann auch noch die von Eliten oft vertretene Ansicht, das die ungebildete Masse einfach zu doof sei, einen Staat und seine Verwaltung zu führen und erhalten. Sie räkelten sich doch in ihrer Einfachheit lieber satt und besoffen auf dem Sofa, verbringen ihre Zeit damit, ihre Gier nach dem Neuem und Abwechslungsreichen nachzugeben und üben sich in der Zeugung der oft auch noch nicht einmal erwünschten Nachkommenschaft. Wissenschaft und Industrie machen das auch gerne und hilfreich möglich, verdienen sie doch so ihr Brot. Nun habe ich viele Aufsätze und Schriften dazu gelesen, und jeder Autor zeigt ein Bild aus der ihm eigenen Perspektive. Im Grunde aber ist doch wohl zu konstatieren, das alle diese Erklärungsversuche und Beschwichtigungen allein nicht greifen können, denn sie sind ja alle zumindest zum Teil richtig und auch beachtenswert. Der Mensch im Allgemeinen ist schlecht darin, sich zu organisieren. Stimmt. Auch sind Viele gar nicht in der Lage, eine wie immer geartete Wirklichkeit zu erkennen ob der Vielfalt der Motive, die beobachtet werden können. Das stimmt auch. Und Kämpfen-wollen/-können ist auch keine sehr verbreitete Fähigkeit mehr. Das ist ebenfalls richtig. Da wäre es doch tatsächlich bequemer/einfacher, sich den Gegebenheiten hinzugeben und mitzunehmen, was man gerade noch so kriegen kann. Auch richtig. Und doof sind doch Alle angesichts der Fülle des angebotenen modernen Wissens. Da sind auch Spezialisten und Gelehrte nicht auszunehmen. Die Letztgenannten wissen bekanntlich auch nur „viel über wenig“. Richtig. Und auch die Eliten sind nicht allein verantwortlich, haben sie doch viele Helfershelfer und tun auch nur das, was jeder Andere auch tun würde, hätte er/sie das Glück gehabt, in der richtigen Familie, einer fördernden Zeit oder auch nur in einer passenden Gelegenheit präsent gewesen zu sein. Mit anderen Worten und zusammengefasst, die eine Erklärung für die Miserenvielfalt gibt es einfach nicht. Gäbe es diese, wären die Ziehung von Konsequenzen sehr einfach. Wir würden dann einen *ismus gestalten, und der behübe dann alle Miseren auf vorzügliche Weise. Wir haben diese Ismen ja oft genug versucht 1, und keine davon hat jeweils mehr als eines der gesellschaftlichen Probleme wirklich gelöst, im Gegenteil: Es kamen durch den Lösungsversuch stets mehr neue Probleme dazu.

Muss nicht eher der Ansatz, die Herangehensweise an die Problematiken verändert werden. Gesellschaften und Gemeinschaften überall auf der Welt sind stets auf Vielfalt aufgebaut. Die mir bekannten Gesellschaftssysteme alle sind bestrebt, durch Einschränkungen und Einhegungen diese Vielheit entweder zu reduzieren oder das Vorgefundene zugunsten einer bestimmten Gruppe auszugestalten. So entstehen zwangsläufig Eliten und diese bedürfen dann einer Macht, um bestimmend bleiben zu können. In der Vergangenheit gab es viele Revolutionen, die jeweils eine dieser Eliten gestürzt und eine neue dieser Art eingesetzt haben. Hat es jemals funktioniert? Die einzigen Zeiten des Friedens auf der Welt waren wohl nur die Regierungszeiten von Monarchen und Diktaturen, die ein wohlwollendes Händchen hatten sowohl für die große Masse der Bevölkerung als auch deren Eliten. Schon deren Nachfolger allerdings sind sodann meist schnell und schwer gescheitert. Ein selbiges ist heute bei den entstandenen Volksherrschaften in sogenannten Demokratien zu beobachten. Der Zeit des Aufschwungs folgte eine kurze Zeit der Erhabenheit, die dann schnell in politische Reaktion 2 abglitt. Auch Deutschland, Frankreich und GB zeigen mittlerweile Symptome dieser Art in beängstigendem Ausmaß. Einschränkungen und Bevormundungen durch selbsternannte Eliten sind in einem Maße angewachsen, das man in einigen Kreisen bereits wieder von Diktatur spricht. Präsidenten verhalten sich wie Monarchen. Minister verhalten sich wie Oberhäupter. CEO’s gebärden sich wie Provinzfürsten. Selbstgefällige Experten verhalten sich wie Allwissende. Es ist nicht mehr als „schön“ anzusehen, was heutzutage als Realität und Zeitgeist angeboten wird.

Nun gab es hier und da ja schon Konstellationen in der Regentschaft eines Staates, wo innerhalb der Eliten es keine Einigung geben konnte, wer denn jetzt den Hut auf hat und es eine Notregierung aus Ministeriumsmitarbeitern und anderen Bediensteten des Staates gab. Österreich zum Beispiel hatte eine solche Zeit mal mit Bundeskanzlerin Bierlein. Wenn man dem Volk und einigen Experten glauben darf, war das eine der angesehensten und besten Regierung dieses Landes. Diese Regierung beschränkte sich ausnahmsweise nämlich darauf, zu regieren, anstatt alles durcheinander zu würfeln. Sie ordnete und verwaltete nach vorgegebenem Gesetz und ließ Ruhe einkehren in die Staatsverwaltung. Vielleicht ist das ja auch heute noch ein machbarer Ansatz, um mit den bereits genannten Problemen umzugehen. Die Regierung beschäftigt sich lediglich mit Regieren. Die Volksvertretung vertritt das Volk und beschließt Gesetze nach den Wünschen des Volkes. Die Staatsanwaltschaften und Richter beschäftigen sich mit Strafmaßnahmen und der Staatsgewalt zur Durchsetzung der Gesetze. Und die Medien berichten unparteiisch darüber nach eigenem Gutdünken. Vielleicht ließe sich so die Verwirrung auf ein erträgliches Maß reduzieren. Heute ist es in Deutschland nämlich so, das die Regierung Gesetze macht und sich diese von der Volksvertretung nur noch abnicken lässt, das die Regierung nach Gutdünken die Staatsanwaltschaften und Richter einsetzt und dann auch noch ihre Macht benutzt, um die Medien in ihrem Sinne zu kontrollieren und regulieren. Von Gewaltenteilung ist hier keine Rede mehr. Und das Ganze geschieht dann auch noch nach Vorgaben der gerade regierenden Parteien, privaten Vereinen also mit einer begrenzten Anzahl von Mitgliedern, die neben den selbst genehmigten Zuwendungen des Staates von den Spenden reicher Familien und Unternehmen ihre Ausgaben bestreiten. Soweit der Exkurs in die Politik Deutschlands heutiger Tage.

  1. Kommunismus, Sozialismus, Kapitalismus, und auch die Monarchie, die Diktatur, das Patriarchat, das Matriarchat, die Ochlokratie, die Oligarchie, die Demokratie und ihre Ausformungen gehören auch dazu. Sollte ich ein paar Begriffe vergessen haben, tut es mir leid. Es sind einfach zu viele.
  2. (abwertend) politisches Festhalten an überholten, nicht mehr zeitgemäßen Einstellungen, Gegebenheiten.

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