Freund-Feind-Denken hat Konjunktur

Obwohl in immer mehr wissenschaftliche Disziplinen die grundsätzliche Dualismus-Idee der Gegensätze 1, in Frage gestellt wird, stellt sich im gesamt-gesellschaftlichen Kontext immer mehr heraus, das in Gegensätzen zu Denken zur Zeit eine unbeschreibliche Hochkonjunktur besitzt. Es ist so einfach, die Welt in Gut oder schlecht, in Freund oder Feind oder Verursacher (Täter) oder Opfer einzuteilen. Und häufig sind „natürlich“ immer die eigenen Interessen oder Sichtweisen die, die gut genannt und somit positiv betrachtet und die der Andersdenkenden als schlecht und negativ gesehen werden.

Das ist schlicht und einfach gesagt eine Unsitte, die zwar eine lange Geschichte, aber selten gute Ergebnisse gezeitigt hat. Gut belegte Beispiele sind dafür die zur Zeit bestehenden Feindbilder, die aufgrund unterschiedlicher Interessen die Welt in politische und/oder militärische Blöcke einteilt 2 und von jedem verlangt, sich zu entscheiden, wozu man gehören möchte mit all den Konsequenzen, die eine solche Entscheidung mit sich bringt. Ein anderes Beispiel für bestehende Feindbilder ist/war die Unterteilung der Menschen in Europa heute in Geimpft contra Ungeimpft, was in der Praxis darüber entscheidet, ob man die Teilhabe zugestanden bekommt über weite Teile des Gesellschaftslebens. Und ein drittes Beispiel belegt, nicht klar und offensichtlich, aber wirkungsfest ist es ein weiteres Feindbild, das die Welt in Reich contra Arm eingeteilt ist und das in seiner Konsequenz Mrd. von Menschen die Teilhabe an vielfältigen Schutzmechanismen vorenthält. Dazu zählen unter anderem die moderne medizinische Versorgung, die Versorgung mit Wasser und Lebensmittel, die Teilhabe am Fortschritt der Wissenschaft und an vielen anderen Gebieten des modernen Lebens. Betrachten wir aber zunächst einmal die üblichen wohlbekannten Feindbilder.

Feindbilder auf staatlicher Ebene

Es ist offensichtlich, das die vielen Staaten der Welt unterschiedliche Interessen haben müssen. Die Lebensbedingungen und die gesellschaftlich möglichen Grundstrukturen sind in verschieden Kulturen einfach unterschiedlich.Erschwerend kommt hinzu, das es zumindest für kleine Staaten zur Zeit wirklich schwer ist, sich aus den Machtspielen der ganz großen Mächte herauszuhalten. Schauen wir uns diese Riesen in Kurzfassung etwas genauer an:

Die Vereinigten Staaten von Nordamerika (USA)

Es ist kein Geheimnis, das sich die USA in ihrer politischen Ausrichtung für das ausgewählte Volk der Welt halten, das den Auftrag hat, für „Frieden, Wohlstand und die Verbreitung von demokratischen Strukturen“ auf der ganzen Welt zu sorgen. Und das sie dies wie selbstverständlich damit verbinden, die eine Ausnahme-Nation zu sein, was schon daran ersichtlich ist, das es dazu eine eigene Ideologie gibt (Exzeptionalismus), zu der sich alle amerikanische Präsidenten seit dem Zweiten Weltkrieg bekannt haben. Ursprünglich gedacht, die arroganten Ansprüche Westeuropas zu entkräften, wird diese Doktrin heute eingesetzt, um die geopolitische und wirtschaftliche Vormachtstellung der USA zu legitimieren und fortzusetzen. Als einziger Staat der Welt haben die USA den zweiten Weltkrieg mit unzerstörter Infrastruktur überstanden und darauf baute sie ihren Großmachtstatus mit nahezu allen verfügbaren Mitteln auf. Weiterhin waren die USA viele Jahre nach diesem Krieg das einzige Land, das Forschung für Innovationen ausreichend finanzieren konnte. So verließen viele helle Köpfe der Welt ihre Heimat, um in den USA ihr Glück zu versuchen. Und die Wirtschaft der USA verstärkte diesen Effekt mit großzügigen Angeboten an Wissenschaftler aus aller Welt. So wurde der Mythos dieses Landes gegründet, ein Stern der Freiheit zu sein. In Wirklichkeit aber ist dieses Land nur eine als repräsentative Demokratie getarnte Oligarchie, wo das ganz große Geld einzelner die Regeln bestimmen. Anders als in vielen anderen westlichen Staaten sind die USA politisch in zwei Parteien organisiert, die sich zur Zeit aber in einem Patt gegenüberstehen und sich gegenseitig blockieren. Die USA bilden mit ihren verbündeten Satellitenstaaten die Nato, die sich zwar als Verteidigungsbündnis sieht, aber trotzdem die Oberhoheit auf allen Weltmeeren, die Oberhoheit der Lufträume und des erreichbaren Alls für sich beansprucht. Allein die USA unterhalten weltweit nach Wikipedia über 5000 Militärstützpunkte, die ihre erklärten Gegner Russland und China regelrecht einkreisen.

Die Europäische Union (EU)

Das Projekt der EU, einst geschaffen, um die endlosen Kriege in Europa zu beenden, kann trotz aller Erfolge heute als gescheitert angesehen werden, zumindest, seit Staaten wie Polen, Ungarn und Lettland Mitglieder wurden und GB die Gemeinschaft verlassen hat. Die drei erstgenannten Staaten entwickeln sich mehr und mehr zu einer Ein-Parteiendiktatur nach neofaschistischem Vorbild, wo die einmal führende Partei alle Institutionen zu beherrschen und sich mit allen Mittel an der Macht zu halten sucht. Und GB, das mit einem fragwürdigen Volksbegehren die EU verließ, träumt anscheinend weiter von der einst großen Macht des Commenwealth. Dieser Traum wird sich aber wohl nicht erfüllen, im Gegenteil, weite Teile dieses Landes wollen heute zurück in die EU und drohen mit Abspaltung. Die Länder der EU bilden zusammen mit GB und Kanada die Nato, genießen aber den militärischen Schutz der USA und gehören demnach zu deren direkten Einflussgebiet. Geopolitisch und verteidigungstechnisch bestimmen die USA die Politik der EU, die somit selbst für sich keine geopolitische Macht beanspruchen kann.

Russland als Nachfolger der UdSSR

Russland ist wie viele Staaten mit großen Staatsgebieten ein Vielvölkerstaat mit einem großen Aufgebot an kultureller Vielfalt. Solche Staaten sind nicht einfach zu regieren. Außerdem war und ist Russland auch heute noch in weiten Teilen ein Agrarstaat mit einer relativ einfach lebenden Bevölkerung. Lediglich die industriellen Hochburgen weisen Russland als Industriestaat aus. Seine Haupteinnahmequelle für den Staatsapparat sind der Verkauf von Bodenschätzen, besonders das reichlich vorhandene Erdgas. Russland ist wie viele andere westlich geprägte Staaten ebenfalls eine als repräsentative Demokratie getarnte Oligarchie, die in einer nahezu alles umfassenden Partei organisiert ist. Russland hat durch die Nachfolge der UdSSR, durch die Übernahme der Atomwaffen und große Teile der Armee, in der Welt noch immer einen schlechten Ruf. Das die Diktatur aber durch eine den westlichen Normen entsprechende Demokratie ersetzt 3 wurde, bleibt häufig ungesehen. Geopolitisch punktet Russland zur Zeit als eine der führenden Militärmächte der Welt. Besonders ihre Verteidungswaffen-Systeme sind weltweit begehrt und auf allerhöchsten Niveau.

China, die älteste Zivilisation der Welt

China ist ein Vielvölkerstaat mit einer sehr alten kulturellen Identität, die sich bis zu heutigen Tag erhalten hat. Mit einem vollkommen anderem Logikverständnis, mit einer vollkommen anderen politischen Kultur als Europa und USA, ist China heute eine einzigartige Nation. Geschichtlich betrachtet, hat sie seit dem Zweiten Weltkrieg sich aus einem Armutsstaat aus eigener Kraft zu der führenden Industrienation entwickelt, die sie heute ist. Sie wird von einer aus dem Kommunismus hervorgegangenen Einheitspartei regiert, die Staat, Regierung und Verwaltungen stellt und nahezu alle Machtbefugnisse auf sich vereinigt. Auch wenn das in westlichem Verständnis schwer erträglich klingt, halte ich diese Form der Staatsverwaltung als die einzige, die den Erfolg Chinas heute zustande bringen konnte. Ein Milliardenvolk aus hungernder Armut zu befreien und mit Forschung und Technik den westlichen Vorsprung in kurzer Zeit aufzuholen war eine Leistung, die nur ein absolut geführter Staat zustande bringen konnte. Man muss diese Staatsform nicht mögen, aber es ist Zeit, sich einzugestehen, das sie Erfolge zeitigt. Und das die überwundene Armut der chinesischen Völker durch Europäer verursacht und lange erhalten wurde, haben die Menschen in China sicher nicht vergessen. Gleichzeitig hat China seine Verteidigungsstreitkräfte mit rasender Geschwindigkeit aufgebaut und ist zumindest mit konventionellen Mitteln die einzige Militärmacht, die den USA etwas entgegenzusetzen hat und bei fortwährender Entwicklung in baldiger Zukunft ebenfalls weltweit operieren wird.

Es ist offensichtlich, das diese reichen Staaten auch heute noch die Armen dieser Welt nicht aus ihrer Bedürftigkeit zu entlassen bereit sein werden, denn sie haben mit ihrem Streit untereinander mehr als genug zu tun. Und die vielen kleinen Staaten, die sich mühsam zu erhalten suchen, haben keine Wahl, als sich einer oder mehreren dieser großen Mächte anzudienen. Dazu kommen die vielfältigen überlieferten Konflikte von Nachbarstaaten untereinander. Denken wir nur an Pakistan und Indien, Griechenland und Türkei, Israel, Palästina und die arabischen Staaten, Iran, GB und USA, Kolumbien und Venezuela und viele andere Konfliktfelder. Und das die ganz Großen dieser Welt diese Klein-Konflikte für sich und ihren Einfluss zu nutzen versuchen, sollte auch nicht unerwähnt bleiben.

  1. Körper-Geist (Medizin, Psychologie), Rechts-Links (Politik), Ursache-Wirkung-Prinzip (Neuroimmunologie) , gut-schlecht (Entscheidungen)
  2. USA contra Russland, USA-contra China, NATO contra Rest der Welt
  3. Man denke da doch mal an demokratische Staaten wie Polen, Ungarn, Italien, Ukraine und viele andere in der Welt, die dem russischen Demokratiesystem durchaus entsprechen.

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