Freund-Feind-Denken hat Konjunktur

Feindbilder innerhalb der Gesellschaften (Staaten)

Waren es in früheren Zeiten noch Religionszugehörigkeiten und sozial Unterschiede, die innerhalb von geschlossen Gesellschaften (Staaten) für Unfrieden sorgten, reichen heute bereits minimal unterschiedliche Gesinnungen quer durch die ganze politische Ordnung, die zu nicht unerheblich feindseligen Bildern führen. Betrachten wir zunächst einmal einige extreme Beispiele von Lagermentalitäten. Da sind zunächst einmal die politischen Lagermentalitäten, die sich entweder über Parteien oder über Weltsichten formieren. Beispiele dafür sind die beiden konkurrierenden und sich mit aller Macht bekämpfenden Volksparteien in den USA, deren Auseinandersetzungen schon fast in der Form als Bürgerkrieg angesehen werden könnte. Ähnliche Strukturen, aber etwas schwächer ausgeprägt, findet man zum Beispiel in GB. Eine weitere Lagermentalität hat sich mit der Pandemie in weiten Teilen Europas gebildet, nämlich die der Befürworter der offiziellen Bekämpfungsstrategie und die Gegner derselben, was sich heute besonders bei dem Themen Impfungen und um Einschränkungen der Bewegungsfreiheit dreht. Andere Lagermentalitäten drehen sich um das Thema Abhängig Beschäftigt vs. Selbstständig, um das Thema reich vs. arm, um Themen der Gesundheit wie Vegetarismus vs. Fleischkonsum, um Themen wie Transparenz vs. Privatsphäre, um Themen wie die Ausformung von Sicherheitspolitik, der Kriminalitätsbekämpfung, um Themen das Recht der Frauen betreffend und was es sonst noch so alles gibt.

Betrachtet man diese Lager einmal so ganz unvoreingenommen, werden sich einige grundsätzliche Strukturen festmachen lassen, die Lagermentalitäten prinzipiell auszeichnen:

  • Da sind als erstes zu nennen die Radikalisierungstendenzen, die jede Lagermentalität ausprägen. Jede Gesinnung, die nicht ins eigene Lager passt, wird abgelehnt, verhöhnt, verspottet oder als den Angriff auf die moralischen Tugenden angesehen, der die Gesellschaft zerstört.
  • Dann bilden sich innerhalb der Lager autonome Kommunikationsmuster aus, so das die Insassen praktisch keine Verbindung zur anders gesinnten Außenwelt mehr unterhalten können. Durch die digitale Welt wird dieser Burgenbau zusätzlich mit Material versorgt, denn man konsumiert im Lager nur noch Medien, die zu der eigenen Gesinnung passen. Und wenn man jetzt glaubt, das beträfe nur Minderheiten und sei halt einer bunten Gesellschaft geschuldet, so muss ich enttäuschen. Gerade die Mehrheiten innerhalb einer Gesellschaft zeichnet sich durch diese Gewohnheiten aus. Nicht umsonst nennt sich die konforme Medienwelt der Mehrheit selbst „Qualitätsmedien“, während die anderen als „Alternative“ sozusagen ausgeschlossen werden. Aber auch die Alternativen bleiben unter sich. Für sie sind die Konformen nur der „Mainstream“, der plappert, was die große Mehrheit wünscht oder sich vorstellt, was dann für die eigene Ansicht keinerlei Relevanz beanspruchen kann.
  • Innerhalb der Lager bilden sich durch ständige Wiederholung des ewig Gleichen Narrative heraus, die zunehmend das Bild der sogenannten Realität bestimmen. Bald schon sind auch unbewiesene, abwegige und wenig nachweisbare Vorstellungen so vertraut und selbstverständlich, das anderslautende Ansichten dann schon vor deren Erörterung abgelehnt werden, eben darum, weil sie die Erzählung der anderen, die der Feinde sind. Wir sehen das in der Geopolitik, wo „wir“ stets die ewig Guten und andere mehr und mehr zu ewigen Feinden auswachsen, ohne das irgendein Ereignis in naher Vergangenheit diese Feindschaft begründen könnte.
  • Da auch innerhalb der Lager Machtinteressen eine Rolle spielen, werden Propaganda-Aktionen nicht nur zur Bekämpfung der Gegner, sondern auch für den Schulterschluss der Anhänger inszeniert. Illegale Aktionen, Proteste und Verweigerungen stärken die vorhandenen Narrative. Zu ihnen wird zwar regelmäßig von den Wortführern aufgerufen, aber diese beteiligen sich entweder nicht aktiv an verfolgbaren sprich strafbewehrten Handlungen oder sie nutzen die Strafverfolgung, um sich zu Helden oder Märtyrern aufzubauen. Ein paar Tage Haft, eine Geldstrafe und aus dem Mitläufer wird schon ein Held. Und auch die Anhänger der Mehrheitsmeinung schrecken nicht davon zurück, durch Übertreibungen, Angstmache und Propaganda-Attacken auf ihre Gegner/Feinde einzudreschen. Nur ist das hier sehr einfach und wenig von Mut beseelt, haben die Mehrheitsmitläufer doch keine Restriktionen zu befürchten.
  • Dann scheint es im 21. Jahrhundert interessant und erfolgversprechend zu sein, sich in einer Opferrolle zu generieren. Ob eine abweichende sexuelle Orientierung, die Angehörigkeit zu einer Migrations- oder Volksgruppe, ob Geschlechterrollen, Aussehen oder irgendeine spezielle, sprich nicht alltägliche Gesinnung, alles wird organisiert zur Schau gestellt. Mit Auftritten in den Medien, mit einer ganz besonders ausgefallenen Kleidung, Haarfrisur, Schmuckkultur, Sprache oder Ausdrucksweise, es muss erkennbar die Zugehörigkeit zu einer von der Mehrheit abweichenden, unterdrückten, als pervers empfundenen oder irgendwie anders gearteten Ausnahmeerscheinung anzeigen. Vorbei sind die Zeiten, in denen es der Privatsphäre und dem Freundeskreis vorbehalten blieb, diese „Geheimnisse“ zu kennen.

Soweit vorerst einmal die Ausdrucksweisen und Gemeinsamkeiten, die Feindbilder und Lagermentalitäten kreieren können. Ich komme jetzt zur aktuellsten Feindbild-Konstruktion, die unsere Gesellschaft konstruiert hat und die mit mächtigem Mediengetöse angeheizt wird: Das Bild Geimpfte/Genesene vs. Ungeimpft/Impfverweigerer. Ich erkenne in der aktuellen Diskussion alle oben genannten Lagerkriterien erfüllt. Ich erkenne zunehmend eine Radikalisierungstendenz, die auf der Mehrheitsseite fast schon für eine Zwangsimpfung votiert, und ich sehe die Ungeimpften, die sich mehr und mehr verstecken (müssen). Ich erkenne deutlich aus den Argumentationslinien, das sich Geimpfte und Ungeimpfte nur noch aus ihren zugeordneten Lager-Medien informieren. Man diskutiert auch nicht mehr miteinander, sondern wiederholt nur noch die immer gleichen Argumente nach dem Muster „Nein, doch, nein, doch, nein…“ Ich sehe oftmals keinerlei Verständnis für die Ängste und Sorgen der Anders-Denkenden. Und ich höre oftmals das Argument, „Wir“ wollen unser Recht auf Unversehrtheit und „Wir“ wollen unsere Freiheit zurück, und es sind die Anderen, die das nicht zulassen. Als Opfer der Anderen sehen sich daher auch beide Gruppen. Diese Spaltung in Lager lässt keinerlei Raum mehr für die Lösung der Problemstellung.

Lagermentalitäten und Opferrollen entstehen dann, wenn Menschen nicht (mehr) dazu bereit sind, offen zu sein. Sie, die Bewohner der Lager, brauchen eine Bestätigung ihrer Gesinnung, ihres Lebenswandels und ihrer Neigungen, um weiter atmen zu können und sie finden dies ohne Widerspruch nur noch bei Gleichgesinnten. Das ist fatal, denn die Wiederholung der immer gleichen Geschichte macht diese, ob wahr, real, Illusion, Täuschung oder einfach nur erfunden, immer glaubwürdiger. Sie wird immer weiter erzählt, angereichert, mit neuen Rechtfertigungen verschönert und irgendwann glaubt selbst der Erfinder/Lügner der sich im Umlauf befindenden Geschichte mehr als seiner eigenen Erinnerung/Wissen. Es gestaltet sich ab dem Moment der Lager-Einrichtung eine sich selbst verstärkende und unerbittlich ablaufende Schleife der Verstärkung und Verhärtung. Beide/Alle Lager schüren sowohl die Angst vor dem Problem als auch die Angst vor der Angst der Anderen. Am Ende schüren nur noch Ängste weitere Ängste an und das Ergebnis ist ein unüberbrückbare Spaltung.

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