Die Weltlage ist auch ohne Corona schwierig, aber nicht hoffnungslos

Es ist nicht gerade einfach zu sagen, was ich gerade und zur aktuellen Stunde von der Welt und ihren Einrichtungen und Zuständen halte. Zu unterschiedlich sind die zu erkennenden Motive und Entwicklungen. Und ich werde dabei Corona mit keinem Wort erwähnen. Trotzdem muss ich leider und zu meinem Bedauern die Niederschrift erst einmal in verschiedene Exkurse aufteilen, bevor, so hoffe ich zumindest, eine fazitäre Gesamtschau möglich wird.

Exkurs: Geo-Politik

Das politische Geschehen auf der Welt zur Zeit ist in einer sehr fragilen Epoche angekommen. Das war meiner Ansicht nach auch zu erwarten. Die Anzeichen der verschiedenen Entwicklungen liegen schon lange offen und können von jedem, der sehen will, auch wahrgenommen werden. Die große Mehrheit der westlichen Welt dachte wohl, das nach dem Zusammenbruch des Sowjetreichs und der damit verbundenen Globalisierung die westliche Lebensart sich ohne Widerstand durchsetzen könne. Die Nato-Staaten unter der Führung der USA sollten somit den Ton angeben dürfen, nach dem alle zu tanzen hätten. Die Staaten und ihr Machtbereich waren eingeteilt und das sollte für immer so bleiben, dem „Frieden zuliebe“ als „Status quo“ in Stein gemeißelt. Das war nett gedacht, aber ließ ein paar Wirkungen vollkommen außer acht, die eigentlich zwangsläufig auftreten mussten. Beginnen wir von vorne:

Nach dem zweiten Weltkrieg gab es nur eine Weltmacht, die nahezu unbeschadet aus dem Töten und Zerstören hervorgehen konnte, die USA. Dann begann die Sowjetunion sich gegen alle Annahmen sich schnell zu entwickeln und bildete einen Gegenentwurf zur USA und seiner Nato. Der erste kalte Krieg war eröffnet, und er umfasste Zeiten, wo die Welt gefährlich nahe am Abgrund stehend sich wiederfand. Es muss heute als Glück gesehen werden, das diese Phase ohne große Opfer zu verzeichnen zu Ende ging. Als die Sowjetunion dann zerfiel, glaubte man im Westen: Jetzt haben wir in der Nato mit unserem Militär- und Wirtschaftssystem, mit der repräsentativen Demokratie und unseren Vorstellungen von Freiheit endgültig gewonnen. Aber das war eine Rechnung ohne den Wirt gemacht, denn Russland, das Kernland der Sowjetunion, hatte nicht vor, sich ohne Widerstand zu ergeben. Heute, mit Putin an der Spitze, ist Russland wieder ein Spieler der ersten Liga der Weltpolitik. Putin hat erreicht, was Trump vergeblich angestrebt hat, nämlich „make Russia great again“.

Vergessen in diesem Wettstreit der zwei wurden Europa und China. Europa ist seit vielen Jahren bestrebt, sich zu einer mächtigen Einheit zu formen. Das es hierbei in Politikfeldern zu Uneinigkeiten kommen musste, war klar, aber die Einheit würde nicht aufzuhalten sein, auch wenn GB bereits gegangen ist und einige Staaten wohl noch folgen werden. Ich denke da besonders an Polen und Ungarn. Das andere Land China hat sich im Schatten der Zwistigkeiten Europas und Amerikas hervorragend entwickelt und ist heute ein ganz großer Mitspieler nicht nur in der ersten Liga der Politik, sondern auch wirtschaftlich und kulturell. China ist nicht laut und polternd wie die USA, aber auch nicht so vorhersehbar wie Russland. Chinas internationaler Politikstil ist leise und auf gegenseitigem Gewinn aufgebaut. Das ist chinesische Politikmentalität seit dem Altertum: Regulieren und der (politischen) Neigung zu folgen. Und China ist bereit, sich wie die USA und Russland selbst zu verteidigen, baut seine Armee aus und befestigt seinen Status in der ganzen Welt. Das hat das einige China heute dem noch nicht vereinten Europa voraus. Wir haben also nicht mehr zwei, sondern zur Zeit vier Welt-Spieler. Europa ist heute noch machtpolitisch schwach und wirtschaftlich inhomogen, führt aber die Welt auf der diplomatischen Ebene, die USA sind angeschlagen, wirtschaftlich und politisch, Russland ist nach wie eingezwängt in seinem in Sowjetzeiten erworbenen schlechten Ruf, und China, mit dem niemand so wirklich gerechnet hat, ist ein Überflieger geworden, steht kurz davor, die „Nummer Eins“ der Welt zu werden. Vier Spieler, einer angeschlagen, zwei so lala, einer auf der Überholspur. Das ist die Weltlage heute.

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