Kommen wir jetzt zu den wirtschaftlichen Prophezeiungen der westlichen Strategen. Das ist eine Kasperiade sondergleichen, denn entgegen den Zielen der Sanktionen, Russland zu schwächen, haben sie bewirkt, das Russland stärker und autonomer wird. Die russische Wirtschaft hat heute mit einer Deflation (Gegenteil: Inflation) zu kämpfen. Der Handel, der auf die Zusammenarbeit mit dem Wesen verzichten muss, wendet sich Asien zu und findet dort sowohl Abnehmer als auch Anbieter. Das China und Indien sich der westlichen Sanktionspolitik nicht angeschlossen haben, stärkt deren Wirtschaft. Sie bekommen preiswerte Energie aus Russland und gewinnen neue Absatzmärkte. Russland orientiert sich ebenfalls neu und greift nach diesen Märkten, die auf lange Sicht in der Zusammenarbeit mehr Kontinuität versprechen als Europa oder Amerika. Weiterhin werden die Sanktionen lediglich von 60 der 193 Staaten der Erde unterstützt. Da winken weitere Märkte und Möglichkeiten, wenn die westlich orientierte Welt wirtschaftlich schwächer wird.
Was haben die Sanktionen also bisher bewirkt? Diese Frage muss gestellt werden. Nun, die Preise und die Inflation in den Staaten des Westens sind explodiert. Das trifft besonders zu in den Bereichen Energie und Nahrungsmittel. Russland ist ein großer Lieferant von Erdgas, Öl, Weizen und Düngemittel. Fällt Russland als Handelspartner aus, gehen die Preise auf den Weltmärkten durch die Decke. Zusätzlich wird durch die Sanktionen der Zahlungsverkehr aller Staaten mit Russland behindert, so das selbst bei Ländern, die sich an Sanktionen nicht beteiligen, weitere Engpässe entstehen müssen. Kurz und knapp formuliert erzeugen die Wirtschaftssanktionen das Gegenteil von dem, was sie bewirken sollen. Sie treffen vor allen anderen die Ärmsten der Welt, die Staaten selbst, die sie verhängt haben und stärken den politischen Gegner. Das als Kasperiade zu bezeichnen ist genau genommen verfehlt, weil zu nachsichtig formuliert. Das ist schon Versagen und Dummheit in höchster Potenz.
Ein weitere Ärgernis, das durch die Stützung des Krieges in der Ukraine durch die EU entsteht, ist der Verlust deren diplomatischer Glaubwürdigkeit in der ganzen Welt. Diplomatische Gepflogenheiten werden einfach über Bord geworfen (Diplomaten ausweisen, sie nicht zu internationalen Versammlungen einreisen lassen, sie als unerwünschten Personen zu erklären, russischen Bürgern die Konten zu sperren, ihren Besitz zu beschlagnahmen, sie von kulturellen Veranstaltungen auszuschließen und so weiter…). Glaubt bei uns im Westen wirklich irgend jemand, dass das in der restlichen Welt der 133 Staaten, (…die sich nicht an Sanktionsmaßnahmen beteiligen…) nicht wahrgenommen wird? Wer wird in Anbetracht dieser Maßnahmen noch Verträge mit uns abschließen und uns vertrauensvoll begegnen wollen? Wer wird eine enge vertrauensvolle Zusammenarbeit wünschen können? Wir verspielen gerade unsere Glaubwürdigkeit in der ganzen Welt. Natürlich sind Verträge zwischen Staaten nicht in Stein gemeißelt. Sie können gekündigt werden. Dazu sind Fristen, Ankündigungen und Übergangsregeln üblich, und die werden in Verhandlungen vereinbart. Das ist seit dem Mittelalter eine Gepflogenheit zwischen Staaten, die sich mehr als bewährt hat. All das haben wir unserem „Gegner“ Russland nicht zugestanden. Stellen sie sich vor, das macht Schule in der Welt, und ein beliebiges Land beschlagnahmt Werke deutscher Firmen und Besitztümer von Privatpersonen deutscher Herkunft. Soll das vielleicht Standard werden und andere Staaten ermuntern, es uns gleich zu tun, diesmal aber gegen uns gerichtet? Das kann doch niemand von uns wünschen, oder täusche ich mich da?
Was wird in der nahen Zukunft geschehen? Das ist die Frage, die uns heute alle bewegt. Es geht um den internationalen Handel, dem D seinen Reichtum verdankt und der auf Vertrauen beruht. Es geht um die Finanzwelt, die vereinheitlicht die ganze Welt umspannt und die in Zukunft wohl zweigeteilt sein wird, denn die Brigs-Staaten bauen gerade ihr eigenes Zahlungssystem auf. Es geht um den militärischen Schutz Europas, der sich durch das Beispiel Ukraine derzeit auflöst, denn niemand glaubt mehr, das die USA Europa oder irgend einen anderen Staat verteidigen werden, sollte es jemals zu ernsthaften Auseinandersetzungen kommen. Und es geht um unsere Beziehungen zu Staaten weltweit, die durch unsere einseitige und alle Gepflogenheiten aufkündigende Haltung mehr als gefährdet sind. Und nicht zu vergessen ist der Gesichtsverlust, den wir erleiden werden, wenn unsere Ziele für die Ukraine scheitern, was in vielen Teilen der Welt nach wie vor Bedeutung hat. Und es geht um unseren Lebensstandard, der sich gerade in erschreckender Weise immer mehr auflöst. Kälter zu duschen und die Heizungen abzustellen (Das ist Kindergartenniveau…) kann das alles ja wohl nicht ausgleichen. Der Westen mit seinen 60 US-hörigen Vasallen-Staaten isoliert sich zunehmend. Viele dieser Staaten brauchen aber den internationalen Handel, denn sie verfügen nicht selbst über ausreichende Ressourcen und müssen exportieren, um Energie und Rohstoffe importieren zu können. Das wird dann richtig teuer, wenn das Vertrauen einmal zerstört und die möglichen Handelspartner sich abgewendet haben, weil sie anderswo bessere Verträge und angenehmere Partner finden. Wollen wir das wirklich?
Wir können sarkastisch sagen, das die westliche Welt das richtig gut gemacht hat im letzten Halbjahr. Jeder Kabarettist ist sprachlos angesichts dieser Unfähigkeit, politisch und strategisch zu denken. „So etwas könnte ich mir nicht ausdenken…“, hat einer von ihnen vor lachenden Zuschauern geäußert. Wie recht er hat, und wie lange seine Zuschauer wohl noch lachen werden, ist bisher auch nicht bekannt. Ich denke mal, wenn es sich im Geldbeutel bemerkbar macht, werden sich die Gesichtszüge schnell verfinstern und das Lachen wird aufhören, nicht, weil es nicht gefällt, sondern weil sich niemand mehr die Eintrittskarten wird leisten können. So ist das eben. Vielleicht sollten wir uns doch noch erinnern: Wer anderen eine Grube gräbt…