Zur besten Sendezeit in einem Sender des öffentlich rechtlichen Fernsehens, Arte, wurden die zwei Teile des US-Propagandafilms „Putin vs. USA“ ausgestrahlt. Und die Frage sollte gestellt werden, wer hinter diesen Machwerken wohl stecken könne. Zwei mit öffentlichem Geld gekaufte Lobbyfilme werden einem europäischen Publikum in der Manier einer Dokumentation vorgestellt. Es wird suggeriert, dass eine der drei Supermächte (zumindest von der Bewaffnung her) auf höchst aggressive Weise die Weltherrschaft mittels Desinformation, Geheimnisverrat und Fake-News anstrebt. Wenn Sie jetzt die Filme selbst nicht gesehen haben, werden Sie garantiert mit mir der Meinung sein, die USA würden hier durchaus zu Recht beschuldigt. In den Filmen allerdings erweist sich die USA lediglich als Opfer der ständigen Aggressionen Russlands und seines angeblich tief beleidigten Führers. Dort ist von Cyberspionage, von Propaganda, von Wahlmanipulationen und falschen Nachrichten die Rede, die gezielt eingesetzt dazu beigetragen haben sollen, in dem Opferstaat USA den falschen Präsidenten ins Amt gepuscht zu haben. Trump im Dienste Russlands. Was für eine Vorstellung? Stellt eigentlich in unseren Rundfunkanstalten niemand mehr die Frage, wem oder was ein gesendeter politischer Film wohl nutzt?
Soweit der grobe Inhalt der beiden Filme. In ihm kommen in Interviews und Meinungsäußerung lediglich Personen zu Wort, die ausschließlich aus den Geheimdiensten, aus Funktionen der Regierung der USA, Systemkritiker Russlands und bekannten Vertretern aggressiver Nato-Think Tanks bestanden. Nun ist es ja vollkommen legitim, solche Filme zu machen und auch irgendwo zu senden, immerhin haben wir Meinungsfreiheit, aber warum kaufen ZDF und Arte so etwas. Normalerweise werden Beiträge zu Lobbyzwecken wie bei der Werbung üblich nur gegen Bezahlung ausgestrahlt und nicht behandelt wie eine gründlich recherchierte Dokumentation. Und bei diesen Ausstrahlungen wird dann auch dezidiert darauf hingewiesen, dass es sich dabei um Werbung oder eine Lobbymaßnahme handelt. Und wie üblich sollte dieser Ausstrahlungen eine Diskussionsrunde folgen, in der die Inhalte nochmals genauer hinterfragt und eingeordnet werden. Davon war hier aber nicht die Rede, vielmehr wurde in der Moderation mit zwei Gesprächspartnern zusätzlich noch der Eindruck erweckt, hier handele es sich um klar recherchiertes Material.
Nun möchte ich die Inhalte der Sendungen nicht weiter ausformen. Das erscheint mir selbst als Negativbeispiel noch viel zu viel Werbung für die falsche Seite zu sein. Die psychologisierenden und Absichten unterstellenden Behauptungen in den Filmen lassen eigentlich nur den Schluss zu, dass die Autoren einen ständigen Sitz unter Putins Schreibtisch und Bett besitzen müssen und dieser ihnen wie auf der Couch des Psychologen seine intimsten Geheimnisse offenbart habe. Ich allerdings würde darin etwas ganz anderes sehen wollen, nämlich das hier Vertreter eines aggressiven Volkes mit Propagandamaßnahmen versuchen, die Hintergründe, Abgründe und Absichten der eigenen Regierung samt deren dogmatischen und geostrategischen Vorstellungen ihrem politischen Gegner anzudichten. Anders ausgedrückt wird hier ein Feindbild stilisiert, das von den eigenen Unzulänglichkeiten und Verbrechen ablenken soll. Das was man Putin hier unterstellt, könnte man nämlich haarklein als die Politik ansehen, die von den USA seit Jahrzehnen schon bei Freund und Feind angewendet wird. Was sonst geschieht auf amerikanischen Militärbasen, in amerikanischen Botschaften und Spionageeinrichtung anderes als Cyberkriegsführung, die Verfolgung von Hegemoniebestrebung und Einmischungen in die inneren Angelegenheiten anderer Länder1. NSA und CIA sind jahrelang schon und weltweit mit Spionage- und Regime-Change-Aktivitäten in aller Munde. Und niemand sollte ernsthaft glauben, dass von diesen Aktivitäten Regierung und Volk der USA nichts mitbekommen haben. Hier versucht sich ein Gewohnheitstäter mit den Mitteln der Propaganda als Opfer darzustellen. Infam ist das, unwürdig, vollkommen unglaubwürdig, eine Kakophonie.
Natürlich spioniert auch Putin, Merkel spioniert mit dem BND auch, Macron spioniert und die Briten sowieso. Auch China und Indien spionieren, und eigentlich spioniert und beeinflusst jeder Geheimdienst auf der Welt. Tatsächlich aber gibt es nur eine Weltmacht, die unverdeckt und vollkommen offen international mit Drohnen mordet, ständig gegen das Völkerrecht verstößt und permanent Krieg führt, wo immer es dieser Macht in den egoistischen geostrategischen Kram passt, und das sind die USA. Da wurden und werden noch immer alle befreunden Staaten einschließlich aller Institutionen der UN belogen, beschimpft und verleumdet, wie es gerade gefällt. Mit einer Figur wie Trump im Oval-Office und der amerikanischen Geschichte im Gepäck würde ich mich auf jeden Fall als Amerikaner deutlich mehr zurückhalten.
Um genauer zu erkunden, was Putin mit seiner Politik verfolgt, darf doch nicht einfach nur der politische Gegner zu Wort kommen. Gerade von Putin gibt es zwei Reden, die dieser in Europa vor laufenden Kameras und offener Weltbühne gehalten hat. Seine Worte darin lassen den hier verleumdeten Politiker in einem ganz anderen Licht erscheinen. Man sollte schon bereit sein, ein paar Seiten Skript zu lesen, bevor man einen Mann in einem Film portraitiert.
- Diese Theorie, die in nahezu allen Strömungen der amerikanischen Politik und Gesellschaft anzutreffen ist, nennt sich Exceptionalismus. Bush, Obama und Trump bekannten sich alle drei zu dieser Theorie und verfolg(t)en auch explizit deren Ziele. ↩