Was mich mehr als irritiert und mit großer Besorgnis erfüllt ist die zur Zeit zu beobachtende Verknüpfung eines Kriminalfalles (Nawalny) sowie eines wirtschaftliches Energieversorgungsprojekts (Nord Stream 2) mit politischen und geostrategischen Interessen einer Imperialmacht (USA), seiner militärischen und operativen Organisationen (Nato, NGOs) und einer nahezu im Gleichklang operierenden Politik- und Medienlandschaft.
Betrachten wir zunächst einmal den Kriminalfall, die Vergiftung des Kremelkritikers Nawalny während einer Reise innerhalb seines Heimatlandes Russland mit einem Nervengift. Nun ist es ja üblich in Kriminalfällen, das umfassende Ermittlungen angestellt werden, während gleichzeitig alle Maßnahmen getroffen werden, um das Anschlagsopfer zu retten. Nun behaupten die behandelnden Ärzte in Russland, die das Opfer nach Notlandung des Flugzeugs, Komaversetzung und erfolgreicher Behandlung über drei Tage gerettet haben, das keine Anzeichen für eine Vergiftung nachgewiesen werden konnten. Daher wurde von Seiten Russlands kein Ermittlungsverfahren eröffnet. Nach einem unüberhörbaren Aufschrei von westlichen Politikern und Medien wurde der Patient mit Erlaubnis der russischen Behörden in die Berliner Charité ausgeflogen und wird dort zur Zeit behandelt. Bei Analysen von Patientenproben in einem Bundeswehrwehr-Labor wurde dann nach Aussagen der deutschen Behörden nachgewiesen, das doch eine Vergiftung die Ursache für den Zusammenbruch des russischen Politikers sei und man habe das Gift eindeutig identifiziert: Nowitschok, eine russische Kampfstoffentwicklung der 1970er Jahre. Über die Entwicklung, Bekanntmachung und Verbreitung der Entwicklung dieses Kampfstoffes kann man auf Wikipedia.de unter dem Suchbegriff „Wikipedia Nowitschock“ alles Wissenswerte ausführlich nachlesen. Danach sind alle für die Herstellung und Verwendung notwendigen Kenntnisse mittlerweile weit verbreitet. Genannt werden dort neben Russland unter anderen Schweden, Deutschland, Tschechien, USA, GB, Niederlande, Kasachstan und Kanada. Um einen Stoff in einer Probe nachzuweisen, benötigt man den gesuchten Stoff als Referenzmaterial. Daher muss auch das BW-Labor über diesen Kampfstoff verfügen. Alles andere wäre nicht wissenschaftlich. Was mich mehr als irritiert ist die Tatsache, das aufgrund des verwendeten Giftes wegen seiner Entwicklungsherkunft automatisch der Auftraggeber des Anschlages in der russischen Führung zu suchen sei und man dies trotz westlicher Rechtsauffassung, die einen Nachweis über ein begangenes Verbrechen oder seiner Beauftragung verlangt, von manchen Politikern in Deutschland diese Behauptung bereits als erwiesen betrachtet wird. Denn nur wenn ein Verbrechen bewiesen ist, kann man eine Bestrafung, in diesem Fall Sanktionen, verlangen. „Im Zweifel für den Angeklagten“ ist geltender europäischer Rechtsgedanke. Warum gerade bei innerrussischen Angelegenheiten von westlicher Seite nicht so gedacht wird, ist mir vollkommen unbegreiflich.
Das Opfer, Alexei Anatoljewitsch Nawalny, ist ein russischer Anwalt und Politiker, der die Fortschrittspartei als Vorsitzender anführt. Diese Partei ist heute ähnlich wie die FDP in D ganz auf ihre Leitfigur zugeschnitten. Nawalny kandidierte für das Amt des Moskauer Oberbürgermeisters und kam dabei auf beachtenswerte 27% der Stimmen. Als Anführer einer Opposition ist er seither auch im Westen Europas bekannt. Allerdings gilt er als Nationalist und bekennt sich aktiv dazu, das die Krim ein Teil Russlands sei und betrachtet Weißrussland und die Ukraine als Bruderländer Russlands. Nawalny hat sich die Bekämpfung von Korruption auf seine Fahne geschrieben. Deshalb besitzt er im russischen Gesellschaftsgefüge sehr viele Gegner und Feinde. Für die Natostaaten ist Nawalny daher nur interessant als erklärter Gegner Putins. Sein Einfluss in -Russland ist aber nur auf die großen Städte Russlands begrenzt. Auf dem weiten Land kennt ihn nahezu niemand. Daher stellt er heute, darüber sind sich alle Fachleute einig, für die russische Führung keine Gefahr dar. Auch über Herrn Nawalny gibt es auf Wikipedia einen ausführlichen Artikel, der mir sehr interessant erschien.