Das ist auch der Stand der Wissenschaft heute zur Erklärung dessen, was normalerweise als Narzissmus verstanden wird. Wir sehen dieses Verhalten meines Erachtens, wie bereit weiter oben erwähnt, regelmäßig jeden Abend in den Nachrichtensendungen des TV. Was in dem Artikel Narzissmus von Wikipedia erst sehr weit unten und wie nebenbei erwähnt wird ist eine ganz andere, viel neuere Bewertung dieses Phänomens, das nämlich Narzissmus als das Gegenteil der Liebe zu gelten habe:
„Die Liebe zu anderen und die Liebe zu uns selbst stellen keine Alternativen dar; ganz im Gegenteil wird man bei allen, die fähig sind, andere zu lieben, beobachten können, dass sie auch sich selbst lieben.“ – Erich Fromm: 1956
„Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“. Grundsatz des Christentums
Mit anderen Worten sei Narzissmus geradezu nach diesen Beschreibungen ein Zeichen von mangelnder Selbstliebe und damit von Selbsthass. Damit würden, wenn wir das zurückschauend in den Beginn dieser Zeilen stellen, der Großteil der „westlichen, freien Welt“ von Selbsthass und deren Befürwortern und Förderern regiert, geführt und ausgerichtet. Viele Regierungsfehler, Managementfehler und so manche Auslöser von Krisen sind meiner Ansicht nach auf das Phänomen Narzissmus zurückzuführen. Das allseits zu beobachtende selbstherrliche Verhalten von führenden Politikern und Managern nach dem Motto „mir kann jetzt nach der Inthronisierung keiner mehr etwas anhaben…“ ist in der westlichen Welt doch alltäglich zu beobachten. Und in meiner fast fünfzigjährigen Arbeitswelt-Erfahrung bei einem Global Player war Narzissmus in gehobenen und führenden Etagen mehr oder weniger beständig präsent.
Das bereits erwähnte Anspruchsdenken ist aber nicht nur dem narzisstischen Charakteren eigen, sondern reicht bis weit in die Mittelschicht der Gesellschaft hinunter. Will man bei einer narzisstischen Führung in der Position aufsteigen, muss man Anzeichen der Selbstliebe, sprich Statussymbole erringen wollen und dafür immerzu bereit sein, Opfer zu bringen, allerdings sind das nicht Opfer an sich selbst, sondern Opfer an seiner direkten Umgebung, in der Familie, bei Freunden und bei Kollegen. Das dabei eine gewisse Maßlosigkeit von Nöten sein muss, erklärt sich eigentlich von selbst. Nun möchte ich eine solche Ausstattung nicht als eine Grundeigenschaft unserer Gesellschaft und seiner Führungen verstehen, das wäre vermessen, aber ich sehe eine so breite Anwesenheit desselben, das dieses Phänomen ganz oben in der Prioritätenliste der Gesellschaftsmängel angesiedelt sein müsste. Es ist nicht so sehr die Angst vor Abstieg und Prekarität, die unsere Gesellschaft heute formt, so meine ich, sondern die immer größere Anwesenheit von Narzissmus und deren kleine Schwestern (Maßlosigkeit und Anspruchsdenken) in den Führungskreisen, die uns zu dem machen was wir heute sind.
Schauen wir also noch einmal in Wikipedia(DE) im Artikel „Narzissmus“ und dem Untertitel „Organisationsforschung und Managementtheorie“. Dort steht:
Der Begriff wird auch in der Organisationsforschung und der Managementtheorie benutzt, wo untersucht wird, wie sich die Einstellungen und das Handeln von „narzisstischen“ Persönlichkeiten in Führungsetagen auf den Unternehmenserfolg auswirken. Zugleich wird Narzissmus auch als ein kollektiver Charakterzug verstanden, wonach ganze Gruppen und Organisationen in ihren Anschauungsweisen und in ihrem Handeln narzisstische Wesenszüge aufweisen können. Dabei stellt sich – wie im Allgemeinen auch – die schwierige Frage, wie produktive Formen des Narzissmus (etwa visionäres Handeln) von destruktiven (beispielsweise Größenwahn) unterschieden werden können.
Der Psychoanalytiker Otto Kernberg konstatierte anhand von Studien zu sozialen Organisationen (Spitälern, religiösen Instituten, Bildungseinrichtungen, nicht-politischen Organisationen) dass, wenn ein Mensch mit narzisstischer und paranoider Persönlichkeit an der Spitze einer Organisation steht, diesem solche Leute am nächsten stehen, die ihm zu schmeicheln wissen und die sich furchtlos untergeben, weil sie ihn manipulieren. Das Erfordernis, sich einer gefährlichen Macht zu unterwerfen, mache die gesamte Organisation adaptiv paranoid. Wer sich mit dem System nicht identifizieren kann, geht in eine innere Emigration oder flüchtet.
Soweit Wikipedia. Hier wird bereits deutlich meine Ansicht bestätigt, das Narzissmus ein gewichtigere Rolle spielen muss, liefert doch der Satz: „…die schwierige Frage, wie produktive Formen des Narzissmus (etwa visionäres Handeln)…“ bereits den Nachweis darüber, das Narzissmus für produktives visionäres Handeln als hilfreich angesehen sein muss. Das ist doch gerade das Handwerkszeug, mit dem jede Partei und jedes Unternehmen im weltweiten Wettstreit tagtäglich hantieren. Es werden Visionäre in Spitzenpositionen gehoben, Visionen erzeugt und gefördert doch gerade überall dort, wo die geltende Managementtheorie in der Organisation den Ton angibt. Viele Unternehmen in D kranken daran, das die Visionen neuer CEO‘s so oft ausgetauscht werden, das die Belegschaft mit deren Umsetzungen gar nicht nachkommen kann. Eine unfertig umgesetzte Vision folgt der nächsten und so weiter. Das der Forscher des obigen Zitats den Politikbetrieb in seiner Forschung gezielt ausließ, wo es nebenbei gesagt, ebenso maßlos zugeht, er also nur nicht-politische Organisationen einbezog, lässt sich leicht erklären. Kein Medium würde seine Ergebnisse veröffentlichen können, ohne von mächtigen politischen Amtsträgern und deren Gefolgschaften in den Medien angefeindet zu werden. Das könnte nämlich durchaus den Ausschluss aus der Informationskette oder gar das Ende des Betriebs (Blatt, Sendung, Redaktion) bedeuten, was jeder heute live in den oben genannten Ländern hier und da auch schon beobachten kann.