Zu Jan Fleischhauer Der schwarze Kanal und „Vorwärts mit Sahra“ [Der Spiegel 25/2015]

Lieber Jan Fleischhauer,
wenn Sie schon Texte zitieren und damit Meinungen aus grauer Vorzeit an den Pranger zu stellen glauben müssen, sollten Sie wenigstens so viel journalistische Korrektheit aufbringen, zu erwähnen, dass sich Frau Wagenknecht von diesem Artikel längst distanziert hat. Wenn Wikipedia das schon weiß, kann ein Journalist wie Sie sich damit lediglich noch blamieren.

[Wikipedia – Sahra Wagenknecht] Wagenknecht selbst erklärte 2009 ihre umstrittenen Äußerungen zum Stalinismus von 1992 retrospektiv mit „Trotz und Wut über rechte Geschichtsverfälschung“ und distanzierte sich von diesen, da sie „nicht minder einseitig waren als die Geschichtsschreibung des Mainstreams, nur mit umgekehrtem Vorzeichen.“

Aber der genannt Artikel war ja nur als Vorspiel gedacht, um eine Partei diskreditieren zu können, die die Gefahr herauf beschwört, Ihnen so lieb gewonnen Akteure des Mainstreams an der Macht abzulösen. Das sich diese Partei seit ihrem Bestehen mehrfach umbenannt hat, war sicher ungeschickt. Geschickter ist eben doch eine Neugründung wie die CDU, in deren Reihen sich nach dem Krieg Anhänger des früheren Zentrums, der NSDAP, der Deutschen Volkspartei und der liberalen DDP zuhauf wiederfinden lassen und die auch die Ost-CDU nach der Wende, eine Gliederung des Demokratischen Blocks, mühelos integrieren konnte [siehe auch Wikipedia – CDU/SED].
So wie ich Frau Wagenknecht in ihren aktuellen Äußerungen verstanden habe geht es ihr nicht um eine Abneigung zur SPD im Allgemeinen, sondern ihre Ablehnung bezieht sich auf Positionen der SPD, die diese nicht aufzugeben oder in Frage zu stellen bereit ist: die Bereitschaft zu kriegerischen Aktivitäten der Bundeswehr, das Festhalten an Hartz IV und der Agenda 2010 gehören ebenso dazu wie die Positionen zu Griechenland.
Das bedeutet nun noch acht Jahre Merkel? Acht Jahre ohne Politik, ohne Ideen und mit Seehofer im Hinterhalt, weiteren Jahren mit prekären Beschäftigungsverhältnissen, mit Altersarmut und Ministern, die sich als Erfüllungsgehilfen der Industrie verstehen? Das wäre in Ihrem Sinne? Verstehe ich Sie richtig? Sie sind für Armut, Krieg, Not und Korruption?
Wer Sie sind? Ich sage es Ihnen nicht. Legen Sie einfach den Maßstab an, den Ihre Feinde von Ihnen erdulden müssen. Aber: Erschrecken Sie dabei nicht! Und wenn Sie schon Menschen mögen, die sich nicht verbiegen lassen, dann sollten Sie sich diese, finde ich, doch eher zum Beispiel nehmen. Denn Wahrheit, Fairness und journalistisches Vermögen scheinen mir in Ihren Zeilen doch sehr verbogen zu sein!
Hanspeter Sperzel 13.06.2015

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