Wann immer sich die Nachrichten mit Parteien der westlichen Welt und deren Tun beschäftigen, werden Begriffe verwendet wie Populismus, Linkspopulismus, Rechtspopulismus und deren Nomen zum Adjektiv, wie das in der Grammatik so schön heißt, also …istisch. So wird die AfD und deren Anhänger gerne als recht-populistisch bezeichnet, wobei hier rechts als völkisch, rückwärtsgewandt und/oder sogar rassistisch gilt. Auf der anderen Seite des so gewonnenen Spektrums der Wortbildungen, die gerne als Beiwort für Parteien und Politiker verwendet werden, deren Gesinnung der aktuell populären politischen Richtung (Kapitalismus) widerspricht, gerne als links-populistisch klassifiziert werden, wobei links im Sinne des historischen Sozialismus und Kommunismus definiert wird.
Ausnahmen von dieser Sprachregelung im Mainstream werden dann vollzogen, wenn die üble Nachrede des Ismus nicht mehr als ausreichend betrachtet wird und die Schreiber zur Verleumdung greifen wie im Falle von Wagenknecht und Lafontaine letztens durch die Bildzeitung, die die beiden Politiker mit dem Synonym „national-sozialistisch“ zu markieren trachtete. Das ist eine listiges, hinterhältiges Wortspiel, weil „nationalsozialistisch“, also die Schreibweise ohne Bindestrich, als Namen für eine Epoche der deutschen Geschichte steht, in der eine Regierung ein faschistisches tausendjähriges Weltreich durch einen Weltkrieg zu errichten gedachte. „National“ steht bei Bild wohl deshalb, weil beide vorab genannten Politiker in ihrem Sinn notwendige Gesetze, die in Europa zurzeit keine Chance haben, auch schon mal nur national einsetzen würden und sozialistisch, weil sie als Politiker der Linken natürlich sich einem Sozialismus verpflichtet fühlen. Nur ist „Nationalsozialismus“ ein historisch begründeter Eigenname, während „national“ die Eingrenzung eines Geltungsbereiches und „sozialistisch“ eine politische Richtung darstellen. Das ist so wie bei „Du bist, was du isst“, wobei „bist“ von Sein und „isst“ von Essen sich ableitet und beide Worte einfach gar nichts miteinander zu tun haben. Hier wurde also wie so oft versucht, durch gleich klingende Wortgeschöpfe eine Verleumdung zu betreiben. Das gelingt aber nur, wenn der Leser unaufmerksam ist und die gelesenen Zeilen nicht hinterfragt. Es ist eben schon lange nicht mehr wahr, was in der Zeitung steht oder von Politikern gesagt wird. Seit Trump sollte das auch einem Bild-Zeitungsleser längst klar geworden sein. Wir alle müssen lernen, zwischen den Worten und Zeilen zu lesen.
Kommen wir aber schnell zurück zu den Ismen, die gerne verwendet werden. Seltsam dabei ist, dass es immer die Abweichler von links oder rechts sind, die mit diesen schönen Beiworten geschmückt werden. In Anlehnung an Stegemanns Essay (Das Gespenst des Populismus) 1 ist bei den sogenannten etablierten Parteien ein solchen Beiwort eher unüblich, oder hat irgendjemand schon mal was von der sozial-desorientierten SPD geschrieben oder berichtet, oder von der machtbesessenen CDU, der Murphys-Gesetz-unterworfenen CSU 2 oder den gutverdienenden-bildungs-bürgerlichen Grünen? Dabei wären diese Beiworte bei den zur Zeit im Fokus sich befindenden Spitzenpolitikern dieser Parteien durchaus angemessen und würde deren politische Ausrichtung sehr genau beschreiben.
Im Buch Stegemanns wird den bestehenden populistischen Richtungen eine weitere Variante hinzugefügt, und zwar der liberale Populismus, der in der Mitte der Gesellschaft angesiedelt werden muss und somit unter anderem das Neusprech des politischen Mainstreams trägt und beschreibt. Zum liberalen Populismus gehört dann auch die Verschmelzung liberaler Anschauungen mit den Dogmen des freien unregulierten Marktes, was man heute meist als Neoliberalismus benennt. Er beinhaltet die Unterordnung aller unter Marktgesetze ebenso wie die Ausbeutungen innerhalb der globalisierten Wirtschaftsordnung, die aufgrund fehlender globalisierte Macht das Gesetz des Stärkeren praktisch verewigt. Beide Richtungen, Liberalität und Neo-Liberalität haben trotz Gleichklang wie bei Essen und Sein eher nichts miteinander zu tun, im Gegenteil, sie widersprechen sich sogar in eklatanter Weise. So ist die durch den entfesselten Markt geschaffene Armut für die Betroffenen eher eine Eigenschaft von Unfreiheit, während der Liberalismus die Freiheit des Einzelnen auf einer sehr hohen Stufe fordert. Hier sind zwei Richtungen der Gesellschaftsorganisation miteinander verschmolzen, die sich eher als Feinde gegenüberstehen müssten.