Demokratie, Ochlokratie und Gesinnung

Was ich feststellen kann in der politischen Debatte in Deutschland, das Freund-Feind-Mechanismen, Polarisationsbegrifflichkeiten und verschlüsselte Abwertungsbegriffe immer häufiger ihren Einzug finden und das sowohl öffentlich-rechtliche als auch Qualitätsmedien ¹ diese Begriffe wie selbstverständlich übernehmen. Die oben genannten Begriffe sind übrigens die Ausbeute eines Tages aus Google News, das in seiner Auswahl fast ausschließlich Qualitätsmedien zu Wort kommen lässt. Das aber steht meiner Ansicht nach für Ausgrenzung von Gesinnungen und entspricht daher nicht dem demokratischen Grundverständnis, sondern ist viel näher an der Ochlokratie angesiedelt als auf den ersten Blick erkennbar. Ich halte das für eine sehr gefährliche Entwicklung. Und ich sage das, obwohl ich als Rentner keiner Minderheit der Gesellschaft angehöre, ein gutes Leben führen kann und für mich persönlich eigentlich alles so bleiben könnte, wie es ist. Aber ich sehe auch die Probleme der vielen Menschen in Deutschland, die prekär leben müssen, die verleumdet und beschimpft werden und deren wirtschaftliche Situation nicht so einfach ist, wie unsere Werbeeinblendungen das Tag für Tag in den Medien suggerieren. Und ich sehe auch die Probleme in der Weltpolitik, die Nato-Staaten eben nicht als Friedensfreunde dastehen lässt. Es gibt also in Politik und Wirtschaft, in Sachen Freiheit und Gleichheit, in Sachen Toleranz und Mitgefühl, in Sachen Gerechtigkeit und Gleichberechtigung viel zu tun. Nicht alles in Deutschland, Europa und der Welt ist so, wie es sein könnte.

Man sollte, wenn die gewünschten Änderungen angegangen werden sollen, als erstes damit beginnen, die Rechte und Pflichten zu verstehen, die eine gelebte Demokratie mit sich bringt. Und besonders beim oben genannten Wording ² können wir alle sofort beginnen. Es kostet nichts. Ich habe mir angewöhnt, Sendungen, Artikel und Beiträge, Posts und Nachrichten, die diese Begriffe verwenden, sofort zu schließen. Ich entziehe sie damit meiner Aufmerksamkeit. Ich antworte dann nicht mehr, ich diskutiere nicht weiter, ich like nicht, ich kommentiere nicht und demonstriere nicht gegen die Urheber. Und ich wünschte mir, es würden viele, besser sehr viele dieser meiner Handlung folgen. Hass und Verleumdung brauchen Aufmerksamkeit, um wirken zu können. Wird diese nicht gegeben, verschwinden diese Pöbeleien wie Nadeln im Heuhaufen. Sie sind zwar noch da, aber keinen juckt es.