Vier weitere Jahre verloren…

Die Wahrnehmung, das in Wissenschaft, Technik, Gesellschaft und Politik die Tendenz, Wissen immer mehr zu zerstückeln und in Schubladen einzugrenzen langsam aber unaufhaltsam zu Wissens-Blindheit führen muss.

Kennen Sie die Definition für Spezialisten, die da heißt: Der Spezialist ist definiert durch die Aussage, immer mehr über immer weniger eines stark eingegrenzten Gebietes zu wissen. Fortgeschrieben meint das: Am Ende weiß er alles über nichts.
Die Entwicklung unserer Wissenschaften gerät zunehmend in diesen Sog, den ich in seiner letzten Konsequenz als unwirklich ansehe. Nun sind Spezialisten hier und da sicher notwendig. Was aber allerorten fehlt sind Menschen, die sich dem verweigern und den Überblick über die Entwicklungen behalten, was sich nur fachübergreifend ergibt. Wir nannten dieser Menschen früher, viel früher Universalgelehrte. Das waren Menschen, die nahezu jede Frage auf der Höhe ihrer Zeit beantworten konnten. Heute geht das nicht mehr. Dazu ist viel zu viel Wissen im Umlauf. Ein Beispiel für eine Lösung könnte der Allgemeinmediziner sein, der die vielen Fachbereiche der Volksgesundheit einschließlich Psychologie und angrenzende Fachgebiete koordiniert und für den Patienten zugänglich macht. Ich denke da an Allgemein-Physiker, Allgemein-Chemiker oder umfassender Allgemein-Wissenschaftler, die hier ebenfalls die Fachbereiche koordinieren und versuchen, allgemeine fachübergreifende Entwicklungen zu erfassen und zu beurteilen. Vielleicht könnte auf diese Weise und bei umfassender Schulung begabter Menschen Fehlentwicklungen aufgehalten werden, die weltweit zu entscheidenden Fehlentwicklungen geführt haben. Das Maschinengewehr und die Atombombe zum Beispiel hätten nie erfunden werden dürfen. Wie steht es heute mit der Digitalisierung und ihrer Fehlentwicklungen? Wie steht es mit der KI und ihren möglichen Fehlentwicklungen? Nur Universalgelehrten mit Einblick in Wissenschaft, Philosophie, Ethik und Ästhetik könnten solche Fehler vorab schon erkennen. Wir brauchen solche Menschen, um auf einem sinnvollen Weg zu bleiben. Um sie auszubilden bedarf es der Förderung und Finanzierung durch die gesamte Gesellschaftswelt. Und wir müssen ihnen Raum, Stimme und Einfluss gewähren, auch wenn das oftmals als unbequem empfunden werden könnten.

Die belegbare Tatsache, das Europa und seine Kulturschöpfungen wohl kein Muster für eine weltumspannende Gesellschaftsform sein können.

Wir haben wie schon aufgezeigt in ganz Europa eine Gesellschaftsform, die sich Demokratie nennt. Trotzdem sind die Systeme sehr unterschiedlich. Da gibt es Königshäuser, die mehr oder weniger noch immer sehr einflussreich sind, da gibt es Präsidenten mit ungeheurer Machtfülle, Kanzler, die nur eine Richtlinienkompetenz für die Regierung erhalten und sehr unterschiedliche Republik-Konstruktionen. Manche Präsidenten haben lediglich repräsentative Aufgaben und viele Provinzen sind mehr oder wenige selbstständige autonome Teilrepubliken. Alles in allem ist der bunte Strauss Europa bunt geblieben. Und natürlich sind viele hierzulande der Ansicht, das unsere Grundsystematik ein Modell für die ganze Welt sein könne. Leider sehe ich das nicht so, denn in viele Länder der Welt sind Kulturen entstanden, die mit einer echten Demokratie nicht gut zurecht kommen würden. Warum ist das so? Das war in Europa vor mehr als hundert Jahren auch nicht anders. Monarchien sind sehr feste Gebilde, und jede autoritäre Staatsform findet immer wieder Anhänger, die sich gerne und wie selbstverständlich vor Autoritäten beugen möchten, weil sie dann selbst keine Verantwortung übernehmen müssen. Eine echte Demokratie braucht nämlich immer streitbare Bürger. Viele Länder der Welt haben erst sehr kurze Zeit ein Informationssystem, das staatstragende Bürger hervorbringen kann. Ebenso sind die Schulen und Ausbildungsstätten weltweit nicht mehr darauf ausgerichtet, kritische Bürger hervorzubringen. Das Gegenteil ist eher der Fall. Ich denke daher, das wir es den Völkern selbst überlassen müssen, zu bestimmen, wie und mit welchen Systemen sie regiert und verwaltet werden möchten. Wir sollten unsere Staatsform und unsere Werte daher nicht exportieren und damit nicht missionieren. Und egal welche Staatsform wir auch antreffen, wir sollten mit allen diplomatische Kontakte pflegen und uns bei Bedarf auf Hilfe zur Selbsthilfe zurückziehen. Ausnahmen wären Naturkatastrophen und unverschuldete Kriege.

Die Tatsache, das das Volk der Erfinder, Techniker, Dichter und Denker doch in ihrer Glanzzeit eine andere Form der Bildung zur Grundlage hatte als dies heute mit den „neuen Maßstäben“ angestrebt wird/wurde/werden soll

Die Schulen weltweit machen eher den Eindruck, als würden sie nur die Felder unterrichten, die den jeweils herrschenden und besitzenden Schichten dienen. Übrigens ist auch Europa von ehemals freien Bildungsangeboten immer mehr dazu übergegangen, bequeme Staatsbürger heranzuziehen. Ich sehe nicht, das die letzten zwei Generationen irgendwelche revolutionäre Bewegungen hervorbringen könnten, wie das in den Sechzigern der Fall war. Dazu ist der Erfolgsdruck zu groß und die Risiken zu folgenschwer. Das Internet nämlich vergisst nicht. In einer Zeit, in der digital der gesamte Lebenslauf einsehbar geworden ist, gibt es nach wilden Jahren keinen Neuanfang mehr. Kein wilder Revoluzzer heute kann wie früher sich zu einem staatstragenden Bildungsbürger umwandeln und dann immer noch Karriere machen. Aber diese wilden Jahre zum Beispiel auf einer Universität sind wichtig, um Gelehrte wachsen zu lassen, die über den Tellerrand ihrer Karriere schauen können. Wir sollten zurück zu dem System, bei dem sich junge Studierende ausleben und umsehen konnten, wie das vor den großen Reformen – Das war die Rückkehr zu autoritären Strukturen – der Fall war. Wo, wenn nicht auf den Universitäten, sollte Freiheit ganz groß geschrieben werden. Wenn wir unsere künftige Elite schon in der Ausbildung in Schubladen mit wenig Spielraum einsperren, wie soll dann Demokratie und Freiheit entstehen.

Das bisherige vereinte Europa (EU) ist keine Demokratie, sondern eine Eurokratie 1.
Die EU wird von einem Rat aus den Regierungschefs der Mitgliedsländer geführt und verfügt über ein eigenständiges Exekutivorgan (EU-Kommision). Ihr frei gewähltes Parlament besitzt wenig Rechte, ist vom EU-Rat abhängig und verwaltet einen Haushalt, der von den Mitgliedsländern bereitgestellt wird. Weiterhin gibt es einen eigenständigen Gerichtshof, einen Rechnungshof und eine Zentralbank. Im Grunde genommen haben die Organe der EU nahezu keinerlei Eigenständigkeit, da die Umsetzung ihrer Beschlüsse, die noch dazu Einstimmig sein müssen, letztlich nur von den Regierungen der Mitgliedsländer umgesetzt werden können. Erschwerend kommt hinzu, das viele Mitgliedsländer die EU nutzen, um unliebsame frühere Amtsträger und Parteimitglieder durch Beförderung nach Brüssel zu entsorgen.
Die Aufgabe der EU, in der westlichen Hälfte Europas für Frieden zu sorgen kann durchaus als gelungen bezeichnet werden. Nicht zu gelingen aber erscheint der Versuch, ein vereintes Europa nach Vorbild des US-amerikanischen Staatenbundes zu schaffen. Dafür sind/waren die Vorstellungen über Gesellschaft, Politik und Recht in den Teilstaaten zu unterschiedlich und zu festgefahren. Beispielhaft sind dafür die vielen Verordnungen und Regelwerke, die gesellschaftliche Bereiche bis ins kleinste Detail zu regeln gedenken. Das aber stößt in vielen europäischen Kulturen auf Unverständnis, da solche Thematiken dort vollkommen unterschiedlich gehandhabt werden/wurden.
Festzuhalten ist, das die EU in der heutigen Form lediglich ein wirtschaftspolitisches Gefüge ist und nur wenige Anteile anderer politischer Teilaspekte verwirklichen konnte. Eine gemeinsame Verteidigung ist nicht verwirklicht und eine gemeinsame Außenpolitik erscheint vollkommen undenkbar. Das aber sind im Vorbild USA gerade die einigenden politischen Teilaspekte. Die Institution EU ist meiner Ansicht nach komplett reformbedürftig oder sie wird überflüssig. GB ist bereits ausgestiegen, Ungarn und andere osteuropäische Staaten werden nur noch durch finanzielle Zuwendungen gehalten und Deutschland und Frankreich allein fehlen zunehmend die Mittel, die Union am Leben zu halten.

  1. von Globokratie (siehe www.herrschaftsformen.de/globokratie) abgeleitet, wobei zunächst für Europa ein einheitliches politisches System angestrebt wird, das wohl als Vorbild für eine zukünftige globale Weltregierung dienen soll.

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