Haben wir uns das gewünscht?

Ich plädiere dafür, das wir uns in Deutschland an unsere Verträge und unsere Gesetze halten. Wir leben in einer freien Gesellschaft, in der es jedem Einzelnen erlaubt ist, seine Ansichten zu äußern. Das Gleiche gilt auch für alle Medien. Wir haben uns ein Kriegswaffenkontrollgesetz gegeben. Ich bin dafür, das wir es strickt anwenden. Und wir haben mit Überzeugung uns der UN-Charta angeschlossen und die dazu zählenden Verträge bindend unterzeichnet. Diese Charta sagt unter vielem Anderen folgendes aus:

  • PRÄAMBEL: WIR, DIE VÖLKER DER VEREINTEN NATIONEN – FEST ENTSCHLOSSEN, künftige Geschlechter vor der Geißel des Krieges zu bewahren, die zweimal zu unseren Lebzeiten unsagbares Leid über die Menschheit gebracht hat, unseren Glauben an die Grundrechte des Menschen, an Würde und Wert der menschlichen Persönlichkeit, an die Gleichberechtigung von Mann und Frau sowie von allen Nationen, ob groß oder klein, erneut zu bekräftigen, Bedingungen zu schaffen, unter denen Gerechtigkeit und die Achtung vor den Verpflichtungen aus Verträgen und anderen Quellen des Völkerrechts gewahrt werden können, den sozialen Fortschritt und einen besseren Lebensstandard in größerer Freiheit zu fördern, UND FÜR DIESE ZWECKE Duldsamkeit zu üben und als gute Nachbarn in Frieden miteinander zu leben, unsere Kräfte zu vereinen, um den Weltfrieden und die internationale Sicherheit zu wahren, Grundsätze anzunehmen und Verfahren einzuführen, die gewährleisten, dass Waffengewalt nur noch im gemeinsamen Interesse angewendet wird, und internationale Einrichtungen in Anspruch zu nehmen, um den wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt aller Völker zu fördern…
  • Artikel 51 UNO-Charta: „Diese Charta beeinträchtigt im Falle eines bewaffneten Angriffs gegen ein Mitglied der Vereinten Nationen keineswegs das naturgegebene Recht zur individuellen oder kollektiven Selbstverteidigung, bis der Sicherheitsrat die zur Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit erforderlichen Maßnahmen getroffen hat. Maßnahmen, die ein Mitglied in Ausübung dieses Selbstverteidigungsrechts trifft, sind dem Sicherheitsrat sofort anzuzeigen; sie berühren in keiner Weise dessen auf dieser Charta beruhende Befugnis und Pflicht, jederzeit die Maßnahmen zu treffen, die er zur Wahrung oder Wiederherstellung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit für erforderlich hält.“
  • Wer sich den Vorgaben des Weltsicherheitsrates nicht fügt, übt völkerrechtswidrige Selbstjustiz.
  • Daraus folgt: Selbstverteidigung ist nur dann zulässig,
    wenn 1. der Sicherheitsrat sich nicht rechtzeitig um Beistand rufen lässt;
    wenn 2. die Notwehrmaßnahmen dem Sicherheitsrat „sofort“ angezeigt werden,
    wenn 3. der Sicherheitsrat die Notwehrmaßnahmen legitimiert und/oder mit Nothilfe einschreitet.
  • und es gelten die allgemeinen Limitierungen des Selbstverteidigungsrechts:
    Unter anderem kommt es darauf an…
    a) dass die Notwehrsituation nicht provoziert sein darf,
    b) dass die Notwehrsituation gegeben ist, also eine hoheitliche Hilfe nicht rechtzeitig wäre, c) dass die Notwehrmaßnahme geeignet sein muss, um dem Angriff zu begegnen,
    d) dass die Notwehrmaßnahme verhältnismäßig sein muss,
    e) dass sich der Notwehrende einer völkerrechtlichen Prüfung seiner Notwehrmaßnahmen stellt.

Soweit ich diese Zeilen richtig verstehe, hat D damit weder das Recht, Partei zu ergreifen noch Sanktionen oder andere Regelungen zu beschließen, die beabsichtigen, Selbstjustiz gegen irgend jemanden zu üben in welcher Form auch immer, da sich Deutschland zur Zeit nicht in einer Notwehrsituation befindet. Dieses Recht wird allein dem Sicherheitsrat der UN zugestanden. Sanktionen fallen ebenso darunter wie alle anderen Maßnahmen, die in einen bestehenden Konflikt einzugreifen versuchen. Ohne einen Beschluss des Sicherheitsrates sind alle Maßnahmen auf einen solchen regionalen Konflikt illegal. Warum also halten wir uns nicht an unsere Verpflichtungen, die wir bindend eingegangen sind? Ich verstehe die allgegenwärtigen Rechtfertigungen nicht. Nach dem UN-Statut geht uns der Konflikt im Osten Europas rechtlich gesehen nichts an. Sind wir jetzt ein Rechtsstaat oder nicht? Wir können durchaus entscheiden, keine Rohstoffe, Waren und Dienstleistungen in einem anderen Staat zu kaufen, aber wir sollten doch unsere Verträge mit diesem einhalten. Wir können und dürfen aber fremdes Eigentum in Form von Geldern oder Einlagen ohne UN-Zustimmung nicht blockieren oder beschlagnahmen, dürfen ihm zugetane Medien nicht verbieten und behindern oder Menschen, die sich zu diesem Staat bekennen, nicht aussperren, behindern oder gar verfolgen. Und die Absicht, einen anderen Staat wirtschaftlich ruinieren zu wollen, sei es durch Ausgrenzung, Sanktionen oder Boykott, widerspricht eindeutig dem Völkerrecht. Was ist daran nicht zu verstehen? Rein rechtlich gesehen sind wir keine Konfliktpartei und haben uns daher neutral zu verhalten. Das wäre schon deshalb notwendig, um unsere große Gabe, nämlich auf diplomatischem Weg etwas bewirken zu können, nicht zu verspielen. Ein wertebasierte Weltordnung, auf die sich immerzu berufen wird, gibt es doch vertraglich abgesichert gar nicht. Nirgendwo steht, was dieser Begriff eigentlich bedeutet, noch nicht einmal im „transatlantisch“ verblendeten Wikipedia. Es gibt nur die verschiedenen Bündnisse und die UN-Charta. Unser Bündnis ist nicht betroffen, also bleibt für uns verbindlich nur die UN-Charta. Was soll also die ganze Kriegs- und Feindschafts-Phobie, die wir zur Zeit politisch, medial und am Stammtisch erleben. Gefühlt mag das alles ja zu verstehen sein, aber zwischen Staaten gilt einfach nur das Völkerrecht. Dessen Grundlage ist die UN-Charta, nicht mehr und nicht weniger, und daran ist unser Staat gebunden, ob es ihm gefällt oder auch nicht.

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