Eine weitere Beobachtung ist die scheinbar neue Sichtweise, das Entscheidungen nur auf der Basis von gesicherten Wissen getroffen werden können. Das mag bei bekannten und sich wiederholenden Problemstellungen durchaus angemessen sein, bei neu erscheinenden Motiven allerdings geht das nicht. Wenn ich also über ein neu erschienenes Virus noch nichts weiß, kann ich als Entscheidungsträger entweder einfach raten oder den viel-benannten „worst case” annehmen. Bei letzterem Motiv schießt man dann auch schnell mal weit über das Ziel hinaus. So ist das nun einmal. Es trotzdem hier und da mal mit „try and error” zu versuchen, wenn Menschenleben, Leben überhaupt auf dem Spiel stehen, ist fahrlässig. Kein politischer Entscheidungsträger, der seinem Auftrag korrekt nachkommen will, wird sich bei Fragen Geld oder Leben fürs Geld entscheiden können. Einem verarmten Menschen kann die Gesellschaft immer noch helfen, einem Toten aber nicht mehr. Diesen Satz sollten sich alle, die aus Angst vor wirtschaftlichen Einbußen schon lange nach Lockerungen rufen, einmal auf der Zunge zergehen lassen.
Dann scheint es einen neuen Trend zu geben, im dem alle Probleme des täglichen Lebens vermittels einer App zu lösen versucht wird. Du hast Gewichtsprobleme? Ein App hilft beim Abnehmen. Du weißt nicht mehr, wo du dein Auto geparkt hast? Eine App sagt dir wo es steht. Du möchtest wissen, wie das Wetter wird? Eine App sagt dir das auf die Stunde genau. Du willst wissen, wer XY war oder ist? Bei Wikipedia kannst du es schnell nachlesen. Du weißt nicht, was du lesen könntest? Amazon sagt es dir. Und so geht das weiter und weiter. Wenn XY eine umstrittene Figur 1 ist, wirst du bei Wikipedia wahrscheinlich falsche Informationen bekommen. Wenn die Wetter App sich irrt, stehst du irgendwann ohne Schirm im Regen, und Abnehmen geht eigentlich, und ich weiß wovon ich spreche, nur durch weniger essen. Dabei kann dir die App nicht wirklich helfen. Sie wird dir nämlich nur Futter vorschlagen, das du ohne sie niemals kaufen würdest. Formuliere ich das prägnanter, komme ich zu folgendem Satz: Wenn du nur vorgekautes Futter zu dir nimmst, wirst du das Kauen irgendwann verlernt haben. Zurzeit zum Beispiel wird versucht, Ansteckungswege mittel einer App zu detektieren und offenzulegen. Das dabei aber Daten entstehen, die einem Bewegungsprofil Tür und Tor öffnen, wird dabei gerne unerwähnt gelassen. Bewegungsprofile werden seit Jahren schon von Polizei und Justiz gefordert. Ist die Pandemie also jetzt der Einstieg in die erste Stufe eines Überwachungsstaates. Kommt als nächstes die Vollüberwachung mittels Gesichtserkennung, wie sie in nordischen Krimis gerne schon gezeigt wird? Und wollen wir das angesichts der Entwicklungen, die in anderen Ländern schon Früchte tragen. China, Korea, die Türkei und Ungarn lassen grüßen. Die meisten Apps sind kostenfrei oder zumindest preiswert zu erhalten. Warum aber gehen diese Programme wohl so billig an den Kunden? Spätestens wenn deine Stoppuhr dir den Kauf einer Ware in der Basiszeile nahelegt, nach der du letztens im Netz gesucht hast, wirst du die Antwort finden. Sie werden nicht gebaut, um zu helfen, sondern um zu bespitzeln und um Profite mittels Werbung zu generieren. Deshalb kann man sie trotzdem verwenden, aber man sollte schon wissen, was es damit auf sich hat. Ich zum Beispiel stelle das GPS nur dann an, wenn ich es brauche, reagiere aus Prinzip weder auf Werbung noch auf unangefragte Einblendungen. Und wenn eine App nervt, wird radikal deinstalliert. Unbekannte Rufnummern erfahren keinen Rückruf, Werbemails werden ungelesen gelöscht, und wer nervt wandert dauerhaft in den Span-Ordner, ohne jemals gelesen zu werden. Und so verfahre ich mittlerweile auch mit den Sondersendungen und sogenannten Nachrichten zu Corona. Und eine App zu meinem Bewegungsverhalten lehne ich grundsätzlich ab. Was nervt wird abgewählt oder erst gar nicht installiert.
- betrifft sogenannte „Feinde“ der Nato oder „Verschwörungstheoretiker“ ↩