Viele Fragen scheinen uns zu beschäftigen, und doch wird die eigentlich wichtige Frage nicht aufgegriffen und entzieht sich somit jeder Bearbeitung in Form von Diskussion und Hinterfragung: Was ist der Grund, dass die Mehrheit eines Volkes schweigt, sowohl an der Wahlurne als auch in der öffentlichen Auseinandersetzung?
Wir erleben jeden Tag in Nachrichten, Kommentaren und Meinungen, dass nach Befragungen und Eindrücken von Medienvertretern das Volk der Ansicht ist, dass… Ich möchte diese Äußerungen zunächst einmal gründlich in Zweifel ziehen, denn weder an den Befragungen noch an öffentlichen Diskussionen ist die sogenannte schweigende Mehrheit beteiligt. Wer nicht zur Wahl geht, also die grundlegendste Mitarbeit an unserer Form von Demokratie verweigert, beteiligt sich auch nicht an Meinungsumfragen, Diskussionsrunden oder gar Demonstrationen. Jetzt zu sagen, dass diese schweigende Gruppe sich nicht für Politik interessiere oder zu beschäftigt mit sich selbst sei, um sich eine Meinung bilden zu können wäre für mein Verständnis zu einfach.
Wenn man, wie ich dies manchmal versuche, über politische Themen zu sprechen beginnt wird nachfolgende Beobachtung sicherlich bestätigen können: Entweder, es wird sehr still und es kommt schnell zu einem Themenwechsel, oder es folgt die Aussage, das man ja eh nichts machen könne und das Sprechen darüber daher vollkommen nutzlos sei. Die machen das schon wird seltener angemerkt und manchmal höre ich auch die Meinung, dass man zu wenig wisse und zu unerfahren sei, um mitreden zu können. Nun könnte ich diese Argumentationen auseinander nehmen und ad absurdem führen, aber bringt das wirklich etwas? Kann ich durch Argumentation Interesse wecken oder muss ich nicht doch andere Wege gehen.
Meiner Ansicht nach geht es hier um die Grundfrage der demokratischen Ordnung: Wie interessiere ich einem Bürger für Mitarbeit und Teilnahme? Wie schaffe ich es, ein wirklich repräsentatives Bild der Ansichten und Meinungen der Bürgerschaft zu bekommen? Das Grundprinzip unserer Ordnung ist Freiwilligkeit. Nur wer sich interessiert, nur wer Zeit oder gerade nichts anderes im Sinne hat beteiligt sich an öffentlichen Aufgaben. Ja, ich bin der Ansicht, auch eine Meinung sich zu bilden und diese in geheimen Abstimmungen auch kundzutun, ist eine öffentliche Aufgabe. Und wie wir an unseren Vertretungen in Industrie und Handel unschwer erkennen können, reicht Freiwilligkeit häufig nicht aus, um Unheil abzuwenden und Gerechtigkeit zu garantieren. Die Gleichberechtigung der Frauen, gleiche s Geld für gleiche Arbeit, die Beteiligung an Gremien und Räten sprechen doch eine sehr deutliche Sprache.
Sich auf Teilhabe, eine mehr passive Form des Gesellschaftslebens, sich zurückzuziehen funktioniert nur in Zeiten, in den eine deutliche Mehrheit der Bevölkerung an der Gesellschaft mitarbeitet, wählt und an der Meinungsbildung sich beteiligt. Zurzeit wählt aber nur noch knapp die Hälfte der Staatsbürger, ausreichend informiert sind deutlich weniger. Die Anzahl der Menschen, die mitreden und mitgestalten, wird sich jetzt schon unter der 20% Marke befinden. Das ist für eine Demokratie zu wenig. Wenige Medienkonzerne beherrschen die öffentliche Meinung, nur eine Handvoll Politiker gestaltet dieses Staatswesen im Inneren und Äußeren. So geht das nicht. Wir brauchen Volksabstimmungen, wir brauchen die Teilnahme aller am Meinungsbildungsprozess.
Nun könnten wir verschiedene Modelle ansprechen, mit denen es möglich ist, Mitarbeit zu erhalten. Da reicht die Palette von Zwang bis Belohnungen und Vorteilsnahmen. Alle diese Motive sind negativ besetzt und werden zum Teil sogar im Strafrecht als Vergehen geführt. Ich wäre daher für eine andere Lösung zu erweichen, die ich zwar auch nicht gut finde, aber die immer noch besser als die bereits genannten ist: Die Vergünstigung. Das Modell sieht so aus, dass die Einkommenssteuern generell um 12 % erhöht werden und jeder Mitbürger die Möglichkeit besitzt, sich durch Teilnahme an einer monatlichen Umfrage bzw. Abstimmung von Bund und Ländern sich diese Verteuerungen zurückzuholen. Die schweigende Mehrheit würde sich dann ihr Schweigen und ihre Teilnahmslosigkeit erkaufen durch einen höheren Steuersatz. Das erscheint mir gerade noch gerecht zu sein.
Sie meinen jetzt bestimmt: Er scherzt?! Nein, eigentlich scherze ich nicht. Aber natürlich hat so ein Vorschlag keinerlei Umsetzungschancen. L Teilnahme ist ein Grundprinzip der Demokratie. Wenn diese nicht freiwillig mehr erfolgt, ist die Demokratie in Gefahr und Ansichten und Meinungen werden sich durchsetzen, die keinerlei Rückhalt in der Bevölkerung mehr haben. Eine Minderheit wird sich für das Volk halten und entsprechend ihrer Vorstellung die Gesellschaft umwandeln. Das sehen wir doch heute schon und kann und darf nicht im Interesse eines Staates sein. Und wenn Freiwilligkeit nicht hilft und Zwang nicht zur Verfügung steht, bleiben nur noch Vergünstigungen. Volksabstimmungen sollten wie die Steuererklärung zur Pflicht gemacht werden. Es ist kein Zwang erforderlich. Wer sich nicht beteiligen möchte, zahlt. Das ist wie im Haushalt. Wer nicht putzen möchte, zahlt.
Wetten möchte ich darüber, dass bei diesen Abstimmungen ganz andere Ergebnisse herauskommen als in den Meinungsumfragen; die durch unsere Medien geistern. Nach dem gleichen Prinzip könnten auch Wahlen organisiert werden. Die Wahlteilnahme ersetzt dann die monatliche Abstimmung. Und ich denke, es wäre ein Versuch wert. Wenn jede Abstimmung 1% Steuern spart, haben wir bald 99% Beteiligung, da gehe ich fast jede Wette ein. Und mit moderner Technik (EDV, Internet) ist das noch nicht einmal schwierig. Selbst die Finanzämter haben das doch schon längst geschafft. Wir haben Internet, wir haben ein Darknet, wir könnten auch ein Staatsnet haben. Was sollte daran schwierig sein. Und für die wenigen, die mit der Technik nicht vertraut sind, gibt es das Bürgerbüro, in dem nette Menschen helfen. Jeder Mitbürger besitzt außerdem schon eine persönliche Steuernummer. Alle sind also erfasst. LASST UNS ERNEUT MEHR DEMOKRATIE WAGEN! Das gilt doch auch heute noch und mehr denn je. So wie es ist und es sich zurzeit entwickelt, kann es jedenfalls nicht weitergehen.