Seit dem Krieg in der Ukraine ist der Begriff „Geostrategische Weltlage“ wieder in aller Munde. Es geht dabei letztlich um die Frage, wo die weltweiten Machtzentren angesiedelt sind und wer von dort aus die Weltpolitik bestimmt. Dazu gibt es nur zwei/drei von allen Experten akzeptierte und angestrebte Grundkonstellationen.
Die erste geht von einem Unipolaren Machtzentrum aus. Eine Nation bestimmt die Regeln, und alle anderen folgen. Nach US-amerikanischer Vorstellung sind das selbstverständlich die USA, die sich nach der vorherrschenden US-Politik-Philosophie als die Ausnahmenation ansehen (Der Amerikanische Exzeptionalismus). Die zweite Möglichkeit sieht in der geopolitischen Welt mehrere große Spieler wirken, die sich auf Augenhöhe begegnen und den Rest der Welt unter sich aufteilen (Einflusssphären nennt man die dann…). Das ist wahrscheinlich zur Zeit die von Russland und China bevorzugte Variante. Sie sieht Südamerika und West-Europa als Sphäre der USA vor, wogegen Russland und China ihre Sphären in den an ihr Staatsgebiet angrenzenden kleineren Staaten verorten. Und die dritte Variante ist die freie Selbstbestimmung der Völker, oder, um das anders zu umschreiben, jedes Volk bestimmt über sich selbst, und die Gemeinschaft aller wacht darüber. Diese Variante, so schön und einfach sie auch klingt, ist zur Zeit absolut unwahrscheinlich geworden. Zu groß sind die Bedürfnisse, die Wünsche und die Toleranzgrenzen der mächtigen Nationen und deren Führer, um so einen „Unsinn“ zuzulassen. Die Spannungen heute auf der ganzen Welt stammen doch zum großen Teil daher, das die USA und Europa ihre Vormachtstellung nicht aufgeben wollen und China und Russland mehr zu einem tripolaren Weltgefüge streben, also auf Augenhöhe aufzurücken gedenken. Regional begrenzte Kriege (Das sind Kriege, die die großen Drei nicht interessieren…) wie zwischen Griechenland und der Türkei (möglich?), wie zwischen Saudi Arabien und dem Jemen, zwischen Indien und Pakistan (möglich?), zwischen Israel und Iran und andere beruhen dagegen mehr auf einer historischen Feindschaft der Völker. Auch da geht es um Einfluss und Gebietsansprüche, aber diese sind eher als regional begrenzt anzusehen. Welche Gedanken und Mittel dort für eine unipolare oder tripolar geordnete Welt eingesetzt werden könnten, ist daher nur von geringen Interesse. Ob das „Ende der Geschichte“ oder der „Große Neustart“, ob „der Kampf der Kulturen“ oder andere imperiale Tagträume diskutiert werden, ist dafür in meinen Augen unerheblich. Mein Favorit ist und bleibt die dritte Variante, in der jedes Volk über sich selbst bestimmt und es keine großen Nachbarn gibt, die über die Köpf anderer hinweg Macht ausüben können, weil eine funktionierende Weltgemeinschaft das nicht zulässt. Die Auseinandersetzungen, Kämpfe und Kriege in aller Welt heute gehen fast immer um ein Thema: Wer regiert, wer hat die Macht zu bestimmen, und wohin muss ich gehören, um „auch“ zu den Gewinnern zu gehören. Keiner möchte Verlierer oder gar Bittsteller sein/werden. Und das ist ein Gedankengut, das ich weder verstehe, akzeptiere noch gutheißen kann. Das ist krankes Denken. Entweder USA oder Russland/China, das ist heute für viele Politiker die einzige verbliebene Option. Es gibt seit 3000 Jahren Zivilisation, und die Menschheit hat nichts gelernt? Ich persönlich hoffe auf den Erfolg der afrikanischen Staaten, der süd- und mittelamerikanischen Staaten und der Staaten Südasiens, die heute schon eine „sowohl-als-auch-Strategie“ betreiben. Und ganz ehrlich, wir in Europa (alles Kleinstaaten…) sollten diesen Beispielen folgen.