Ich weilte in Myanmar, als mich die Nachricht erreichte: Jamaika ist gescheitert. Nun soll/muss die SPD wieder ran. Und sofort stellte es sich wieder ein, das unangenehme Gefühl im Bauch, das es „so weiter geht, weitere vier Jahre lang – Stillstand total“.
So wie es aussieht gibt es keine gute Lösung in dieser Frage. Für die beiden großen Parteien ist jede Wahl einer Lösung ein Griff in die Mühle. Bei den großen und mittlerweile staatsgefährdeten Themen kann es keine wirkliche Einigung in den etablierten Parteien geben, ohne die eigenen Grundsätze der Programmatik zu verletzen. Zu unterschiedlich sind die Ausrichtungen, zu stark die Ängste vor einer Abstrafung durch die Stammwähler bei Neuwahlen, zu gering die Attraktivität für Wechselwähler. Und zu stur und verbissen werden mittlerweile flächendeckend in der Politik die einmal eingenommenen Positionen ge- und besetzt. So werden alle etablierten Parteien verlieren, jetzt, oder erst in vier Jahren, ganz gleich, welche Regierung zustande kommen sollte.
Die SPD hatte eine klare Richtung eingeschlagen: Die Wahl ging verloren und damit verbunden ist der Abstieg auf die Oppositionsbank. Nur dort kann sich eine Partei neu ausrichten, sich neu besinnen und zu neuen Zielen kommen. Das ist auch gar nicht schlecht für das Land Deutschland, denn die SPD, seien wir ehrlich, hat durch ihre Programmatik die großen Verwerfungen schlicht (mit) herbeigeführt. Ohne einen grundlegenden Wandel würde dieser Fluss immer weiter fließen, weiter, dem Abgrund entgegen. Herumtaktieren ersetzt nun mal keine Strategie.
Die christlichen Parteien halten zwar noch eine Mehrheit, aber diese bröckelt mehr und mehr, und selbst die einstige große Koalition verdiente diesen Namen heute schon nicht mehr. Sie hätte gerade mal knapp über 50% der Sitze des BT. Das wäre ein weiter so wie bisher. Eine Minderheitsregierung, die wechselseitig AfD/FDP-Stimmen, Grüne oder SPD-Stimmen benötigte ist für die Kommunikations-Legasthenikerin Merkel keine wirkliche Konstellation. Dazu bräuchte es eine andere Kanzlerin, einen anderen Kanzler. Und Neuwahlen, da sind sich Umfragen einig, würden vielleicht auch noch eine „Groko“ unmöglich machen, sollte sich die bestehenden Trends bestätigen. Für die C-Parteien bleibt daher keine Lösung ohne großes Risiko. Die Torheiten der CSU werden sich fortsetzen, egal, welcher Parteichef oder MP dort regiert. Obergrenze und Glyphosat, alte Weltbilder, Herdprämie und keine Windräder, Autoindustrie beschützen und Vetternwirtschaft, das ist und bleibt für eine Verbesserung der politischen Inhalte aussichtslos. Also bleibt doch wohl oder übel nur die „Groko“, die schon lange keine mehr ist. Dabei wird man versuchen müssen, die SPD immer weiter über den Tisch zu ziehen.
Die FDP und Die Grünen bieten beide keine Lösungen an. Beide wollen nur regieren, beide wollen ihre Klientel bedienen, beide haben weder ein Konzept noch eine Vision für die Zukunft außer den alten abgedroschenen Zielvorstellungen. Das eine Mäntelchen ist grün, das andere liberal, aber in Wirklichkeit ist alles egal, „regieren“ um jeden Preis heißt die Devise. Das Jamaika nicht zustande gekommen ist lag meiner Meinung nach wohl nicht allein an der FDP, sondern vielmehr und zu großen Teilen an der CSU, die sich zu keinerlei Zugeständnissen und Kompromissen durchringen konnte. Ihr sitzen die Wahlen in Bayern im Nacken, unter 40%, ein Alptraum für Vettern und verbandelte Lobbygruppen. Das letztlich die FDP Jamaika kündigte reicht einfach nicht für eine eindeutige Schuldzuweisung.
Bei den Linken ist im Moment Totenstille. Was macht diese Partei gerade? Keiner weiß etwas. Grabenkämpfe, Personaldiskussionen, Ränkeschmiede scheinen Programm zu sein. Aus meiner Sicht heißt das: Nichts gelernt aus der Vergangenheit, nicht gelernt für die Zukunft, weder Visionen noch Ideen, noch nicht einmal mehr Klassenkampf, erbärmlich. Vielleicht sollten Wagenknecht und Lafontaine, Gysi und Co eine neue Partei gründen und es dort noch einmal neu versuchen. Mit den Realos im Boot, die nur noch der eigenen Taschenfüllung wegen ans mitregieren denken, wird sich nichts Gutes einstellen.
Und dann ist da noch die AfD, die einige Partei, die gerade mal nicht zu reagieren braucht und das auch tut, die nur abwarten muss, bis sich der machtgeile Rest selbst erlegt hat. Sie jagen die Etablierten nicht, sie stehen gelangweilt an der Fallgrube des Wahlergebnisses und warten, bis die anderen hineinfallen. So einfach kann Politik sein.