Die Weltordnung als Spiel

Die Frage ist doch jetzt nicht: „Wie konnte das geschehen?“ und „Wie kommen wir zum gewohnten Spiel zurück?“, sondern doch eher: „Was müssen wir verändern, um weiterhin zurechtzukommen?“, denn die Entwicklung lässt sich nicht zurückdrehen. Genau das haben wir immer wieder versucht, und wir haben uns dafür den Stärksten der Aufsteiger ausgesucht, wohl um ein Zeichen zu setzen: Russland. Oder wie anders ist zu verstehen, das wir „Russland wirtschaftlich, politisch und militärisch schwächen woll(t)en“, indem wir es in Kriege verwickelten, erst Afghanistan, dann die Ukraine, und dieses Land dann zur Strafe für die von uns erfolgreich provozierten Kriege mit Sanktionen und Handelsbarrieren überzogen? Wir wollten der Welt demonstrieren, das wir immer noch ganz oben stehen. Die USA haben das verstanden und lange mitgetragen, heute mit Trump allerdings haben sie auch verstanden, das das gewünschte Ziel nicht mehr erreicht werden kann und fahren daher einen Annäherungskurs gegenüber Russland. Auch wenn die Art und Weise ihrer Vorstellungen der Annäherung im Grunde den Gewohnheiten der Mafia entspricht, sie steuern Frieden und Freundschaft mit Russland an. Was ich jetzt nicht verstehe ist folgendes: Warum haben wir uns im in Fahrwasser der USA immer erfolgreich an deren Vorgaben gehalten und sind jetzt dabei, genau das Gegenteil dessen zu wollen, was uns die USA vorgeben. Reichen uns die erklärten Feinde Russland und China nicht? Wollen wir uns auch noch die USA zum Feind machen? Wir müssen uns ja nicht anbiedern, aber wäre es für ein kleines Land wie Deutschland nicht von Vorteil, mit allen überstarken Weltmächten gute Beziehungen zu unterhalten? Das Gleiche wäre wohl auch für den Rest von Europa von Vorteil, zumal sowohl die internationale Reputation der EU, deren wirtschaftliche Kraft als auch deren militärische Fähigkeiten zu Wünschen übrig lassen. Ich habe den Eindruck, das sich unsere Regierungen keine Gedanken darüber machen, was es heißt, zwischen allen Stühlen zu sitzen, oder sind sie einfach nur zu feige, um zuzugeben, sich geirrt zu haben. Der Krieg mit Russland wird verloren werden, sowohl wirtschaftlich, militärisch als auch politisch. Da helfen auch Billionen an Steuergeldern nicht weiter, zumal das Kriegsgeschehen wohl bald zu Ende gehen wird und unsere handwerklichen Fähigkeiten zur Waffenherstellung veraltet sind. Es fehlen in West-Europa und der Ukraine Soldaten, Munition, Waffen, Ressourcen und produzierende Betriebe, um Kriege führen zu können. Wir sollten es schon deshalb lassen. Von der ethischen Begründung möchte ich gar nicht erst anfangen zu erzählen. Besser wären gute diplomatische und wirtschaftliche Beziehungen, ein ehrlicher und fairer Handel mit Allen und Jedem und die Wiederherstellung unserer ethischen Reputation.

Kommen wir nun zur zweiten Baustelle, die uns unser großer Freund USA gerade auferlegt. Dieses Land in Nordamerika hat gierig und vorauseilend alle Fehler bereits gemacht und sieht sie ganz deutlich in seiner Gesellschaft vollständig etabliert, der sich die Europäer erst viel später zugewendet haben. In Europa erscheinen die Auswirkungen gerade erst deutlich zu werden. Es sind eine mangelhafte Innovationsbereitschaft und die fehlende Sorge um die eigene Bevölkerung, die sich durch Abwanderung der Produktionsstätten in Billiglohnländer seiner Einkommensmöglichkeiten beraubt sieht. Immer mehr Menschen geraten dann entweder in den Niedriglohnbereich der prekären Beschäftigung oder in das aus seiner Stellung und Bezahlung heraus abgewertete niedere Dienstleistungsgewerbe, da sich die Menschen im eigenen Lande, die den Dienst in Anspruch nehmen wollen, sich selbiges ja auch leisten können müssen. Der nach wie vor gut verdienende Teil der gemeinen Bevölkerung arbeitet in Verwaltung, Banken und im Handel, was sich aber nur dann tragen lässt, wenn genügend produktiv arbeitende Menschen über ausreichend Geld verfügen können. In den USA hat sich die Auslagerung in Billiglohnländer so weit verfestigt, das einerseits jedes Jahr ein riesiges Handelsdefizit eingefahren wird und andererseits die Arbeitsplätze, die einen Menschen ernähren können können, rar geworden sind und viele zwei Jobs annehmen müssen, um über die Runden zu kommen. Diese sind dann entweder schlecht bezahlt oder bestehen nur auf prekärer Basis. Nur in der Dienstleistungsbranche habe die USA ein Plus, sagen die Wirtschaftsrechner, aber das entsteht entweder im Hoch-Finanzgewebe oder wird nur von wenigen großen Digitalkonzernen erwirtschaftet. Trump versucht daher, durch Zölle, die Importe teuer machen, die Einfuhren aus aller Welt zu reduzieren, um so das Defizit auszugleichen und Investoren auch aus anderen Ländern dazu zu ermutigen, Produktionsstätten in den USA zu gründen. Ob das gelingen wird, bleibt fraglich. US-Erzeugnisse sind auch ohne Zölle schon teuer und haben in der technischen Welt wenig Chancen. Auszunehmen sind Finanz- und Digitalprodukte und natürlich der Agrarbereich. Erst durch die vielen Sanktionen konnte sich die US-Energie auf dem Markt behaupten. Fallen die Sanktionen weltweit wieder weg, wird auch diese Branche wenig Chancen haben, ihre Ware an den Kunden zu bringen. Was die USA so erzeugt haben wird von Europa direkt und unhinterfragt kopiert. Man muss nur Digital durch Auto und Finanzen durch Maschinen ersetzen, und schon stimmt sowohl Vergleich als auch Ergebnis.

Europa sollte aufhören damit, die USA als das gelobte Land anzusehen und möglichst bald auf eigenen Füßen stehen lernen. Und ihre Füße sollten auf einem Sockel aus Frieden, Diplomatie und Handel stehen, nicht auf Krieg und Vorherrschaft. Und der so gewonnene Freiraum sollte dazu genutzt werden, die eigenen selbst gestalteten Fehlentwicklungen und Versäumnisse abzuarbeiten. Wie viele Krisen-Baustellen wollen wir in der EU noch ansammeln, bevor hier zu Hause nach und nach alles zusammenbricht? Reichen marode Schulen und Brücken, verschleppte Modernisierungen auf allen Ebenen, ein unfunktionales und überteuertes Gesundheitssystem, ein verklärtes Bildungssysten, der wissenschaftliche Meineid, Altersarmut und Pflegenotstand und wie weiter noch die Krisenstrukturen heißen mögen nicht aus, um hellwach eine andere Einstellung zu erzeugen? Unsere Arbeit und Sorge sollte dem Leben dienen und nicht der Gier, der Gewalt oder einfach nur der Frage, welche Fahne vor dem Rathausbüro im Wind weht. Verstehen wir denn nicht, das, wenn wir aufrüsten und uns zum Krieg vorbereiten, es jemand geben muss, der sich selbst als das Ziel dieses Krieges sehen wird. Glauben wir ernsthaft, das diese dann nicht ebenfalls aufrüsten, allein schon um uns abzuschrecken und wir dann weiter rüsten müssen, um der Abschreckung zu entgehen und so weiter und so weiter. Wir produzieren Waffen, um sie nicht einzusetzen? Wer soll denn so einen Unsinn glauben. Ein Held ist nicht der, der dieses Spiel gewinnt, sondern der, der dieses Spiel aufgibt. Wenn es keine Waffen gibt, können sie auch nicht eingesetzt werden. Das ist das einzige, das sicher ist. Und darauf müssen wir hinarbeiten. Nur so wird ein Schuh daraus. Und was für das Militär gilt, gilt auch in den Wirtschaften, gilt auch innerhalb aller gesellschaftlichen Schichten, innerhalb der Familien und der Beziehungen, nur mit anders gearteten Einsätzen. Das Spiel heißt immer: Ich bin besser, klüger, vernünftiger, mächtiger, mutiger und erfolgreicher als du und werde gewinnen. Und bei diesem Spiel geht es zu wie im Wettbüro: Der Spieler verliert im Glauben an seinen sicheren Gewinn langfristig immer. Irgendwann muss er nämlich gewinnen, um dem Bankrott zu entgehen. Erinnern sie sich: Die Ukraine muss gewinnen. Aber die Wirklichkeit sieht anders aus, denn nur der Spielanbieter gewinnt. Fragen sie sich daher zunächst einmal, wer das oben beschriebene Militärspiel anbietet. Und wenn sie keinen Anbieter finden, dann folgen sie dem Geld, das zum Spielen verwendet wird. Wo es landet, sind sie dem Anbieter ganz nah…

Die Themen von Watzlawick, die sich in Bezug zur Politik Europas anbieten und in eigenen Worten beschrieben wurden, sind: Die Spiele der Vergangenheit sollten beendet werden. Mehr desselben führt selten zum Erfolg. Wir sollten niemals glauben, angekommen sprich fertig zu sein. Das gesellschaftliche Leben ist ein Spiel mit Regeln, die nicht nur von mir, sondern auch von anderen verändert werden können. Absolute Sicherheit gibt es nicht. Wahrheit, Werte und Gerechtigkeit sind Geister ohne Bestand.

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