Die heutigen politischen Moden

Die heutigen politischen Moden sind nicht anders als die früherer Zeiten und daher auch bestimmt nicht besser. Das Bild: Zwei Menschen besprechen mangels Alternativen die aller Wahrscheinlichkeit nach verbleibenden Möglichkeiten, die da sind: Grab oder Galeere?

Seit vielen Jahren schon gehört das tägliche Studium der Nachrichten aus aller Welt zu meinen Gewohnheiten des Tages. Und dabei verlasse ich mich nicht allein auf deutsche Leitmedien wie Spiegel, Zeit und Frankfurter Rundschau, sondern auch auf ausländische Nachrichtenportale und alternative Medien. Und natürlich gehören auch die Medien der Länder, die in Deutschland mittlerweile als Feinde betrachtet werden, zu dieser Lektüre. Das ist sehr viel Lesestoff und frisst einen nicht unerheblichen Teil meiner Freizeit, aber diese ist aufgrund meines Ruhestandes ziemlich umfangreich und und wird durch die Verfügbarkeit des Internets samt Übersetzungssoftware immer mehr vereinfacht. Oft genügen schon das Lesen der Überschriften und der ersten Zeilen des Artikels, um sich über den Inhalt klar zu werden. Wiederholungen und Neuinterpretationen mit kleinen Nuancen scheinen unvermeidlich und kommen mehr und mehr in Mode. Man scheint von Seiten der Medien zu glauben, das das, was von verschiedenen Seiten immer neu aufgelegt wird immer wahrer werden wird. Das Prinzip kennen wir aus der Werbung: Immer wieder die gleichen Spots im gleichen Film, bis aus Klebstoff U.. wird. Allerdings ist das Prinzip so nicht klar ausformuliert, denn die Wiederholungen machen eine Ansicht oder eine Interpretation nicht wahrer, sondern nur bekannter. Und bekannt ist nicht gleichbedeutend mit richtig oder gar wahr. „Wer einmal lügt dem glaubt man nicht…“ scheint in der Zunft der Schreiber und auch der modernen Leser keine Gültigkeit mehr zu haben.

Zur Zeit haben die Berichte über Israel und Gaza die Berichte zur Ukraine maßgeblich verdrängt. Nur langsam werden dabei aus den Entschuldigungen und Rechtfertigungen der letzten Wochen Anklagen und Äußerungen von Unverständnis angesichts der Gewalt, die von unseren Freunden dort ausgeht. Trotzdem kommen in den Gazetten und Gazettensammlungen wie Google-News immer wieder vermehrt Äußerungen von Institutionen wie der Deutsch-Israelischen-Gesellschaft oder der Jüdischen-Allgemeine lautstark zu Wort, obwohl deren Verständnis der Ereignisse doch massiv einseitig gefärbt sein müssen. Also ich weiß nicht genau, wie Sie das sehen, aber allein die Anzahl der Getöteten auf beiden Seiten spricht doch wohl eine sehr klare Sprache. Rücksichtslose Zerstörung und der Hunger als Waffe belegen weiterhin die wahren Verhältnisse in den Auseinandersetzungen dort. Auch fehlen in den offiziell anerkannten Nachrichten oft die sehr eindeutigen Aussagen israelischer Politiker zum Hintergrund der Ereignisse. Da hilft es doch nicht, keine Waffen mehr zu liefern. Da ist eine Verurteilung der Vorgehensweise samt Sanktionen politischer und diplomatischer Natur gefragt. Es ist offensichtlich, das Israel nicht nur agiert, um seine Landsleute zu befreien, sondern versucht, sich den Gazastreifen endgültig einzuverleiben. Neuere Forderungen nach einer Auswanderung der Gaza-Bewohner sind doch wohl unmissverständlich. Ich kann die dahinterstehende Absicht recht gut verstehen, allerdings verurteile ich die Mittel und Maßnahmen, die dafür angewendet werden. Es wäre zum Beispiel denkbar gewesen, den Gazastreifen als automomes Gebiet in den Staat Israel aufzunehmen, unblutig und wahrscheinlich sogar für beide Seiten von Vorteil (win-win). Gaza war immer auf die Hilfeleistungen seiner Nachbarn und Freunde angewiesen. Aber das entspricht wohl nicht der Strategie des „teile und herrsche“, wie es weltweit gepflegt wird. Friedliche Lösungen erscheinen heute nahezu weltweit als Phantasiegebäude und würden voraussetzen, das die Menschen auf allen Seiten ihren Hass überwinden und Gewesenes gewesen sein ließen. Was in Südafrika, im Verhältnis Deutschland-Frankreich und in anderen Ländern gelingen konnte, geht dort im Orient nicht? Das ist unverständlich und widerspricht jeder Logik.

Der Konflikt in der Ukraine, einerseits Krieg und anderseits Sonderoperation genannt, ist aus den Nachrichten Deutschlands weitestgehend verschwunden. Von Zeit zu Zeit erinnern sich noch bekannte Schreiber und schwärmen über die Erfolge der Ukraine und deren Chancen, mit einer neuen Offensive und neuen Waffen des Westens doch noch zu gewinnen, aber diese Stimmen verstummen mehr und mehr und machen einer Ratlosigkeit Platz, der sich sogar schon einige wenige Politiker der regierenden Parteien anzuschließen scheinen. Manch eine Stimme kommt trotzdem heute noch mit der Vorstellung in die Medien, mit Russland aus einen Standort der Stärke heraus zu einer gesichtswahrenden Verhandlungslösung zu kommen. Sie drohen und sanktionieren, als ob das Potential dafür vorhanden wäre und Sanktionen (bisher 18 Pakete aus der EU) etwas anderes vollbracht hätten als nach hinten loszugehen. Ich halte das nur für einen gelungenen Bumerangeffekt, ausgelöst aus einer riesigen Überschätzung der eigenen Möglichkeiten und Fähigkeiten, die bar jeglicher Grundlage sind. Unsere Armee ist bedeutungslos, wir haben keine Ressourcen mehr, sind auf Handel angewiesen und haben die Ausbildung der nachwachsenden Generationen vernachlässigt. Mit was wollen wir erfolgreich drohen? Meiner Ansicht nach wird Russland den Krieg gewinnen, dann aus der Position der Stärke heraus die Regelungen zum Frieden diktieren und seine Vorstellungen voll verwirklichen. Übrig bleiben wird eine winzige, machtlose Ukraine, wahrscheinlich sogar ohne Zugang zum Meer. Sie wird dann wohl der EU angehören, nicht aber der Nato und sie wird im Gewimmel der Kleinstaaten der Erde mehr und mehr verschwinden. Keine große Bühne mehr, sie wird keine Geschenke der EU und USA mehr erhalten und keine Industrie mehr haben. Ihre Rohstoffe sind ja bereits verkauft. Und der kleinlaute Westen wird freudestrahlend das ausgehandelte Ergebnis als Erfolg zu verkaufen trachten und aller Wahrscheinlichkeit nach auch Erfolg damit haben. Die Geschichte wird umgeschrieben und die Wahrheit versiegt wieder wie immer schon in der Historie. Der Konflikt ist zu Ende und wir können uns dann beruhigt der Pflege des Rasens vor dem Kanzleramt und dem Lobbyismus der Auto- und Pharmaindustrie widmen. Ist halt schiefgegangen, na und?

In der Spitze der Regierung unseres größten und mächtigsten Verbündeten jenseits des Atlantik steht heute ein Mann, der vom vereinten Europa mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln bekämpft wurde. Keiner wollte sich mit der Möglichkeit auseinander setzen, gute und freundschaftliche Beziehungen mit ihm zu pflegen und sich auf ein Miteinander einzulassen. Selbst als die Wahl längst entschieden war und klar wurde, wer die USA künftig regiert, stellte sich keine Anpassung an die neuen Gegebenheiten ein. Auch hier kommt wieder der Bumerang zu Tage, der mittlerweile fest in der EU zu wohnen scheint und sich maßgeblich auf Ignoranz gründet. Was Europa im Verhältnis zu den USA gerade versucht, ist, den misslungenen Start auszusitzen. Die letzten Tage waren gefüllt mit Nachrichten über den Jahrhundert-Deal zwischen der EU-Kommission und Trump, der konkrete Zahlen hervorbrachte und ansonsten mit Versprechen gefüllt war. Es war abzusehen, wie lange dieser Deal halten würde. Nicht die EU investiert in andere Länder. Auch kauft die EU nicht wirklich Öl und Gas ein. Das tun hier Nationalstaaten und Privatunternehmen, die sich an keine überstaatlichen Vorgaben halten müssen. Die Verhandlungsführerin muss das gewusst haben, als sie den Deal abschloss. Nun hat er ja gerade mal zwei-drei Tage gehalten, denn schon sind die nächsten Drohungen unterwegs. Die vereinbarten Zölle sind in Kraft und die weiteren Versprechen werden wohl nicht gehalten werden können. Das ist weiteres Öl im Feuer des zwischenstaatlichen Verhältnisses. Der Handelskrieg wird fortgesetzt. Allerdings verstehe ich die allgemeine Aufregung nicht. Die Zölle der USA werden auf Einfuhren erhoben und müssen von den Amerikanern bezahlt werden, die europäische Waren kaufen. Wer sich in den USA teure europäische Waren leisten kann, wird die 15% locker verkraften. Auf der anderen Seite entfallen europäische Zölle, was amerikanische Waren, die in Europa eh nur wenige kaufen wollen, billiger macht. Na und? Davon geht die Welt nicht unter. Die samit fehlende Nachfrage nach Gütern erhöht die Angebotsseite und das reduziert die Preise in Europa. So haben wir es doch in der Wirtschaftstheorie gelernt, nicht, aber wohl noch nie beobachten können. Die Zölle werden übrigens von den Staatskassen eingenommen. In der EU-Kasse werden diese Einnahmen fehlen, was bedauerlich ist, in den USA sind sie allerdings dringend notwendig, um den Konkurs des Staates und der Wirtschaft abzuwenden. Die Bilanzen der USA sind miserabel, die produzierende Wirtschaft kränkelt und nur noch IT-, Rüstungs- und Finanzunternehmen sind vorzeigbar. Das könnte auch für Europa gefährlich werden, bräche doch der Haupthandelspartner für Ressourcen weg, die in der EU nicht mehr zu finden sind. Dann sind die USA ja noch der wichtigste Verteidigungspartner und daher in der Lage, mit Rückzug aus der Nato zu drohen. Dumm gelaufen für Europa. Trump muss seine Ausgaben massiv einschränken, um handlungsfähig zu bleiben. Daher versucht er, die Kriege in Nahost und im Osten Europas zu beenden, die Unsummen seines Etats verschlingen. Für mich ist das verständlich, für die EU zwar unangenehm, zugegeben, aber nicht entscheidend für deren Wirtschaft. Die Vertreter derselben klagen doch immer. Europa hat ganz andere Probleme.

Das Hauptproblem Europas ist seine Abhängigkeit von Ressourcen, die nur von außerhalb bedient werden können. Dazu bräuchte es ein gutes Verhältnis und einen guten Ruf in der Welt der Staaten. Das hatten wir einmal, ist aber durch Größenwahn und Ignoranz unserer Eliten mittlerweile unter den Nullpunkt gesunken. Wir liegen heute im Clinch mit den drei Supermächten der Erde, stehen in Russland auf der Feindesscala ganz oben, haben durch Missachtung diplomatischer Regeln Konflikte mit China und anderen Ländern und leisten uns einen Handelskrieg mit den USA. Und auch in Afrika und Asien ist das Ansehen der Europäer, die durch ihre koloniale Vergangenheit eh nicht beliebt waren, weit unter den Nullpunkt gesunken. Ich denke, wir stehen in mehreren geopolitischen Sphären immerzu auf der falschen Seite. Wir sollten auf die richtige Seite zurückkehren, und die betrachte ich als ein sich beschränken auf die eigenen Thematiken innerhalb der EU. Hier haben wir mehr als genug zu tun. Ansonsten sollte die Pflege von guten nachbarschaftlichen Beziehungen unser Hauptaugenmerk darstellen. Wir haben nichts zu tun mit dem Konflikt Israel/Gaza, und auch der Konflikt Russland/Ukraine geht uns im Grunde nichts an. Ich sehe keinen Grund, warum wir uns ohne Legitimation der UN dort einmischen sollten. Unsere Fregatten haben an den Grenzen Chinas auch nichts zu suchen. Wir sind schon aufgrund unserer Geschichte nicht in der Lage, über die Regierungen anderer Staaten zu urteilen oder gar zu richten. Innerstaatliche Angelegenheiten anderer Staaten sind schon aufgrund unserer Mitgliedschaft in der UN nicht unser Aufgabengebiet. Das ganze Moral- und Wertegetue ist eher peinlich. Und wer Waffen liefert, macht sich immer den zum Feind, der die Waffen zu spüren bekommt. Warum verstehen wir das nicht? Und Verteidigungsbündnissen wie die Nato, die mehr angreift und droht als verteidigt, sollten wir grundsätzlich nicht angehören. Unser Grundgesetz verbietet unter Androhung von Strafe jede Vorbereitung eines Angriffskrieges. Die Aufgaben der Politik in Europa sollten nur die Bürger Europas sein. Wenn ich die Unterwürfigkeit sehe, die europäische Politiker der amerikanischen Administration gegenüber vorzeigen, schäme ich mich zutiefst. Auch die USA sind kein Einflussbereich europäischer Politik. Und wir sollten uns von US-Amerika als Vorbild lösen und unsere eigene Agenda verfolgen. Wir brauchen keinen Vormund und keinen Mafiaboss an unserer Seite. Wenn ich die letzten 30 Jahre zurückschaue, haben wir viele Freundschaftsangebote aus aller Welt immer wieder aus ideologischen Gründen abgelehnt. Das waren Fehler, die sich heute auswirken. Abpuffern und Aussitzen wird hier nicht mehr helfen. Wir müssen Konsequenzen ziehen und zu Selbstständigkeit und Vernunft zurückkehren. Wir sind ein kleines Land mit fleißigen Menschen. Wir sollten diesen Fleiß fördern und bedenken, das wir lediglich 1% der Weltbevölkerung darstellen. Für Großmannssucht ist hier kein Platz.

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