Nehmen wir als Beispiel die kommende Bundestagswahl im Herbst. Worum wird es grob gesagt denn da gehen? Ich sehe da nur zwei wahrscheinliche Ergebnisse. Entweder geht es weiter so wie bisher unter Führung der Christlichen Parteien, den Konservativen also, oder aber es steht ein Wechsel an unter der Leitung der SPD oder der Grünen an in Richtung Reformen. Wer dann offen gesagt wem genau zur Mehrheit verhilft ist wenig spannend. Die AfD und die Freien Wähler werden im Bund auch weiterhin, wenn überhaupt, nur eine kleine Rolle spielen. Auch die Linke wird sich zu den Unbedeutenden rechnen müssen, spiel sie doch nur im Osten eine größere Rolle. Die Linke ist zur Zeit nur für die SPD ein denkbarer Partner, die Freien Wähler eher für CDU/CSU, die FDP will regieren, wie auch und mit wem auch immer, und mit der AfD will bisher niemand in einen Koalition eintreten. Andere Parteien haben eigentlich angesichts der 5%-Hürde bisher noch keine Chance. SPD und Grüne bilden für mich zwar einen Block, weil beide als Reformer auftreten, sind sich aber auch, jede für sich, nicht zu schade, mit jeder anderen der großen Drei zusammen zu gehen. Damit bleiben für den Wähler eigentlich nur zwei Möglichkeiten:
- Wechsel zu den Reformern… (Damit haben wir am Beispiel der Rot-Grünen-Regierung unter Schröder sehr schlechte Erfahrungen gemacht. Wir erinnern uns…)
- oder weiter so im Konservativen (Mit einem“Ich-tue-euch-nichts-Merkel-Kurs“ und Spezialisten wie Seehofer, Scheuer, Klöckner und AKK, denn das Personal wird sich ja wohl nicht ändern…)
Nun ja, die Auswahl ist wohl die zwischen den beiden im Volksmund genannten großen Krankheiten und eine Wahl fällt sicherlich sehr schwer. Die eine Möglichkeit treibt mir zum Beispiel den Angstschweiß auf die Stirn und die andere lässt mich vor Zorn rot anlaufen. Ich kann wirklich keinen Rat geben, wie man sich entscheiden sollte. Schauen wir jetzt auf die Zahlen der letzten Wahlen und die Ergebnisse aktueller Umfragen zur Bundestagswahl im Herbst.
- Beginnen wir mit Baden-Württemberg: Hier erhalten die Reformer zusammen 43,6% der Stimmen. Auf die Konservativen entfallen mit CDU, FDP und Teilen der AfD zusammen 44,4%, wobei ich die Stimmanteile der AfD zur Hälfte dem Protestsammelbecken und zur Hälfte den Konservativen zuordne. Auf die Protestträger entfallen dann die fehlenden 12%.
- Weiter geht es mit der Wahl in Rheinland-Pfalz: Hier haben die Reformer zusammen 45,0% der Stimmen. Auf die Konservativen mit CDU, FDP, den Freien Wählern und Teilen der AfD zusammen 43,0%, wobei ich auch hier die Stimmanteile der AfD zur Hälfte dem Protestsammelbecken und zur Hälfte den Konservativen zuordne. Auf die Protestträger entfallen dann die fehlenden 12%.
- Und zuletzt die aktuellste Umfrage zur Bundestagswahl im Herbst im Mittelwert aller Institute vom 14. März 2021: Hier erhalten die Reformer einschließlich der Linken zusammen 42,8% der Stimmen. Auf die Konservativen entfallen mit CDU, FDP und Teilen der AfD zusammen 45,7%, wobei ich die Stimmanteile der AfD zur Hälfte dem Protestsammelbecken und zur Hälfte den Konservativen zuordne. Auf die Protestträger entfallen dann die fehlenden 15,5%.
Im Grunde sind die Zahlen der drei Erhebungen miteinander vergleichbar. Die Sonderbehandlung der AfD erschien mit notwendig, da einerseits auch in naher Zukunft keine Koalition mit der Partei zu erwarten sein wird und weil sie sich als die Protestpartei etabliert hat, die auch zu zweistelligen Wahlergebnissen fähig ist. Die Linkspartei auf der anderen Seite konnte aufgrund der Stimmanteile im Osten Deutschlands so nicht gewichtet werden, da sie sich in der Regierungsverantwortung einiger Länder befindet und somit als eigenständige Kraft im politischen Spektrum gewertet werden muss.
Wir haben also ein Patt bei 43-45% in den großen beiden Richtungen, die zur Zeit in Deutschland Politik bestimmen. Und das Protestpotential an Wählerstimmen liegt zwischen 12 und 15%. Ein Patt eröffnet die Möglichkeit eines Motivwechsel in der Politik. Das bedeutet, das eine Stimmabgaben im Herbst nicht mehr „egal“ sein kann unter dem Motto, „es ändert sich ja sowieso nichts“. Es kommt im Herbst vielmehr darauf an, strategisch zu wählen und eine klare Entscheidung zu treffen zwischen Reformern und Konservativen. Niemand wird sich finden, der das als leicht empfinden kann. Ich empfehle daher folgende vereinfachte Strategie:
- Für Reformen: Man wählt SPD, Grüne oder Die Linke. Wer dann Kanzler wird ist relativ egal.
- Für Konservative Politik: Man wählt CDU/CSU oder FDP.
- Und auch als Protestwähler sollten sie sich für eine der beiden bereits genannten Varianten entscheiden, denn: Bei einem Patt ist jede Stimme eine entscheidende Stimme.
- Und auch die vielen Nicht-Wähler sollten bedenken, das sich in Pattsituationen wie zur Zeit mal wirklich etwas bewegen lässt.
Seit langer Zeit ist endlich mal wieder eine Wahl wirklich eine Wahl, zwar nur zwischen zwei Möglichkeiten, aber immerhin… Nutzen Sie die Chancen im strategischem Sinne, gleich welche der Richtungen auch immer Ihren Vorzug findet.