FREIHEIT

Wir sollten über Freiheit sprechen. Ist Freiheit wirklich das, was wir zurzeit politisch, wirtschaftlich oder kulturell zu verteidigen haben? Was ich hiermit meine ist die Freiheit, die zurzeit in aller Munde ist und das Freisein oder die Befreiung von etwas meint. Wir können frei sein von Not, von Leid, von Bevormundung, von Abhängigkeit, von Gedanken, von Pflicht, von Hass, von … Des Weiteren können wir auch frei sein „zu“, zu tun, was mir gefällt, zu lieben, zu denken, zu verweigern…

Was du liebst, lass frei. Kommt es zurück, gehört es dir – für immer.
(Konfuzius)

Wer die Freiheit aufgibt, um Sicherheit zu gewinnen, wird am Ende beides verlieren.
(Benjamin Franklin)

3000 Jahre Philosophiegeschichte bedeuten 3000 Jahre lang kreisen um den Begriff „Freiheit“. Jeder Einzelne wird wohl dazu eine eigene Definition besitzen, aber nur Philosophen und große Politiker sprechen diese  oft auch offen aus. Während erstgenannte diesen in Worte, Definitionen und Glaubenssätzen zu fassen suchen, verteidigen letztgenannte ihre Vorstellung davon mit  Schlagworten oder gleich in Taten.

Nahezu alle Definitionen zum Begriff Freiheit kranken an ein und demselben Muster, welches nämlich eine Auswahl trifft aus den möglichen Formen, die ich mir auf die eine oder andere Weise vorstellen kann. Es ist dem menschliche Denken und seiner Sprache eigen zu wählen, Unterscheidungen zu formulieren um daraus ein abgegrenztes Etwas zu formen, das wie immer großartig formuliert aber immer eine Grenze besitzt. Aber eine Grenze gebietet auch immer „halt“ und beschreibt damit etwas, was eigentlich nicht frei sein kann, denn was begrenzt ist, ist nicht wirklich frei. Andere Verfahren versuchten den Begriff so zu umkreisen, dass benannt wird, was nicht frei ist. Freiheit ist nicht dies, ist nicht das und ist nicht jenes. Aber auch hier müssen Dinge ausgeschlossen bleiben, nämlich die Verneinten, nicht genannten und unbekannten.

Können wir also über einen umfassenden Begriff wie Freiheit überhaupt schreiben, wenn wir dabei die Welt in Teile zergliedern, wenn wir ein- und ausschließen? Ist Freiheit in Sprache überhaupt benennbar? Oder ist Freiheit doch nur eine Fata Morgana, eine Idee, ein Kunstbegriff, der keinerlei Wurzeln in der Wirklichkeit besitzt. Müssen wir uns überhaupt damit beschäftigen, was frei sein bedeutet? Ich denke ja, denn wir verteidigen ja gerade unsere Freiheit am Hindukusch, verteidigen sie gegen den Islam und die Fremden, verteidigen sie gegen die EU (Bürokratiemonster), die USA (TTIP), gegenüber Kanada (CETA), gegenüber Erdogan, gegen den Schleier der Muslima, gegen den Terror von rechts, von links und gegenüber dem Fundamentalismus, gegenüber der Ausspähung durch Geheimdienste und gegenüber Medienriesen, verteidigen die Freiheit auf der Straße (Freie Fahrt für freie Bürger) und gegenüber allem, was uns gerade nicht ins Weltbild passt. Das Wort Freiheit regiert überall in Diskussion und Diskurs, Meinung und Protest, und eigentlich überall, und eigentlich zu Recht. Und was meint man aber genau mit Freiheit? Was ist Freiheit überhaupt?

All das genannte verteidigt aber vielleicht gar nicht die Freiheit? All das verteidigt mehr unsere Art zu leben, unsere Art zu denken, unsere Art zu wirtschaften und zu regieren. Freiheit  jedoch hat etwas mit Sein zu tun, und Sein ist das Unbestimmte, Ungewisse und tief im Leben verborgene „Nichts“, das zugleich „Alles“ ist. Ein esoterischer Satz? Nein, ein wahrer und mehr polar geprägter Satz, denn nur für unsere Sprache ist dieses Unbegrenzte und Grenzenlose eine quadratische Kugel, sie/es erschließt sich einfach. Nun habe ich nichts gegen jeglichen Versuch, unsere Art zu leben zu verteidigen, jedoch sollten wir das nicht Freiheit nennen, denn: Der Afghane verteidigt auch nur seine Art zu leben, die Muslima verteidigt ihre Freiheit sich zu kleiden, und der Journalist verteidigt sich und seine Meinung frei äußern zu dürfen, alle aber Genannten und Ungenannten sind immer schon frei. Irgendwann hatten wir in Deutschland dieses Mal verstanden und wir schrieben in unsere Verfassung einen Satz, der heute scheinbar mehr und mehr in Vergessenheit zu geraten droht. Dieser Satz nannte diese unbestimmte und grenzenlose Freiheit im Sein  „Würde“, und dieser gesteht unser Grundgesetz „Unantastbarkeit“ zu. Unangetastet in Würde zu leben ist in Freiheit zu leben. Und die Würde Andersdenkender zu achten und, wenn es gar nicht anders geht, auch nur zu tolerieren ist Freiheit.

  • Stört es deine Würde, wenn andere Menschen sich anders kleiden?
  • Stört es deine Würde, wenn ich nicht deiner Meinung bin?
  • Stört es deine Würde, wenn mein Gott einen anderen Namen trägt?
  • Sind andere für deine Angst verantwortlich?

Ist es daher nicht folgerichtig zu sagen, dass der Inhalt dieser Fragen keine politische Bedeutung haben kann und darf. Dann frage ich mich allerdings, was die Diskussionen über Burka, über Islam und die Kultur des Abendlandes im politischen Exkurs und in dem über Freiheit zu suchen haben. Meine Antwort darauf heißt: Nichts, gar nichts! Jeder in diesem Land sollte sich frei zu allen Themen äußern dürfen, auf der Straße, in der Demo, in den Medien oder am Stammtisch, aber in der aktuellen Tagespolitik, die sich mit Gesetzgebung, Gerechtigkeit und Organisation einer Gesellschaft beschäftigt  haben diese Themen wirklich nichts zu suchen. Freiheit kann nicht befohlen, nicht geregelt und nicht eingefordert werden, sie ist oder sie ist nicht! Und es gibt auch keinen Zaun aus Gesetzen um Freiheit, denn ein bisschen frei ist gleich schon unfrei.

  • Eine Frau, die eine Burka tragen möchte und dieses nicht darf, ist nicht frei.
  • Ein Mensch, der für seine Religion angefeindet oder gemobbt wird ist nicht frei.
  • Und jeder darf jede beliebige Meinung äußern, ob rechts, links oder grell in der Erscheinung, oder ihr Träger ist nicht frei.

Und solange es Unfreiheit gibt, und Staat und Gesellschaft diese und andere Freiheiten nicht respektieren wollen, auf dieser Welt oder nur in diesem Land, ist und bleibt Freiheit, worin und wofür auch immer geäußert, nur ein Wort ohne Gehalt.

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