- Pegida-Demonstranten beschimpfen Merkel und Gauck
- Brandanschlag galt Syrischer Familie
- Umfrage unter Arbeitnehmern: Über die Hälfte traut der Firma nicht
Das verstehe doch mal, wer will, Donnerwetter!
Die Ausgegrenzten, Menschen also, denen gegenüber man Versprechen nicht gehalten hat, deren Träume und Hoffnungen im Nichts endeten, beschimpfen ihre Ausgrenzer. Vor zwanzig Jahren haben wir ihnen blühende Landschaften versprochen, Leben in Reichtum, Sicherheit und Glück. Was sie heute sehen und leben müssen ist davon weit entfernt, Arbeitslosigkeit, Löhne, von denen man nicht leben kann, Renten, die hinten und vorne nicht reichen, eine verlorene Jugend hervorbringend ohne Perspektive, angewiesen sein auf Tafeln und Stütze. Also mich wundert das nicht. Mich wundert, dass es nur wenige Zehntausend sind, die hier ihren Unmut kundtun. Es müssten eigentlich Millionen sein.
Was ich auch nicht verstehe ist, das sich der Unmut nicht nur gegenüber Politikern und Medien äußert, die mit dem Glauben an einen falsch gelebten Utilitarismus (Jeder ist sich selbst der Nächste, wer sich ausnutzen lässt ist selber schuld) jeden offenen Beitrag in Zeitungen, Funk und Fernsehen füllen und jedes Gesetz dieser Weltsicht anpassen, sondern auch in offener Gewalt gegen Fremde sich richtet, die erst gestern hier eingetroffen sind. Syrische Familien, die in unserem Land Schutz und Sicherheit vor Krieg und Verfolgung suchen, sind sicher nicht die Ursache für den Verfall des Sozialstaates und auch nicht für den Verfall der Firmenphilosophien, die sich nur noch am mittlerweile globalen Markgeschehen orientieren und dabei Arbeitnehmerrechte und -Interessen mit Füssen treten. Demonstriert werden müsste daher doch eigentlich vor Konzernzentralen, Firmentoren und in Betriebsversammlungen. Demonstriert werden müssten vor Ministerien, Behörden, Ämtern und vor allem anderen vor dem Bundeskanzleramt in Berlin. Flüchtlingsheime, vor Bussen mit Flüchtlingen und vor armseligen Unterkünften zu demonstrieren oder den neuen Mitbürgern (Das sind sie nämlich nach Recht und Gesetz!) sogar noch das Dach über dem Kopf anzuzünden trifft nicht nur die Falschen, sondern ist auch erbärmlich ungerecht.
Denn niemand zwingt die großen Gestalter der Firmenaufstellungen, nur noch Zeitverträge zu vergeben, sich überwiegend mit Zeitarbeitnehmern oder Werksvertragsmitarbeitern zu versorgen und Löhne und Gehälter in die Tiefe zu drücken, so dass dabei eine Vollzeitarbeit verbunden mit Armut entsteht. Niemand zwingt Spitzenpolitiker dazu, sich den Interessen der Konzerne zu beugen und dabei offensichtlich lächerliche Figuren abzugeben. Und niemand zwingt die Medien in der Mehrheit dazu, nur ein einseitig und neoliberal geprägtes Weltbild als Basis ihrer Berichterstattung zu verwenden. Aber es wird auch niemand gezwungen in diesem Land, für erbärmliches Geld zu arbeiten, die Gewerkschaften zu schwächen und/oder sich ausbeuten zu lassen. Auch diese Perspektive spielt eine Rolle, denn die Bereitschaft sich ausbeuten zu lassen ist auch eine Grundlage dafür, das im großen Stil Ausbeutung möglich wird.
Wir Arbeitnehmer müssen uns wieder organisieren lernen, denn jeder für sich allein ist machtlos. Die neoliberalen Antreiber unserer Gesellschaft haben sich an den Arbeiterbewegungen orientiert, die in ihrer Glanzzeit mehr und mehr die öffentliche Meinung beherrschten und somit die Politik und die Mächtigen vor sich her trieb. Nur sind es heute nicht die Menschenmassen, die das Geschehen beherrschen, sondern die Umwandlung von Allem und Jedem ins Geld, in Kapital (Kapitalismus nennt sich das!). Menschen werden gewertet daran, wie nützlich (utility) sie sind, wieviel Benefit sie abwerfen und sie werden daher auch verwaltet im Human Resourse Management, wörtlich übersetzt mit „Verwaltung menschlicher Mittel“. Allein der Ausdruck an sich verstößt gegen unseren kulturellen Werte, denn die „Würde des Menschen ist unantastbar“ ist ein Grundgesetz in unserer Verfassung. Und das bedeutet, die nicht-verrechenbare Würde des Menschen als solches immer als Zweck an sich selbst (also nie als Mittel zu einem relativen Zweck) zu behandeln. Die Hälfte der Arbeitnehmer traut ihren Arbeitgebern und Firmen nicht mehr. Ich hoffe, dass das bald auch auf Straßen, Plätzen, in den Medien und Betriebsversammlungen zu sehen sein wird. Und ich hoffe, das sich diese Einsichten in das wirkliche Geschehen endlich in Wählerstimmen ummünzen, und damit meine ich nicht Stimmen für die AfD, die eher daherkommt wie der rechte Flügel der CSU, neoliberal, narzisstisch und auf kultureller Nulllinie agierend.