Ich frage mich schon seit Wochen, was um aller Welt wohl die bayrische CSU so stark umtreibt, weil sie sich sogar gegen die von ihr gewählte Kanzlerin erhebt und sogar erwägt, mittels Klage vor dem Verfassungsgericht gegen die zurzeit gelebte Politik vorzugehen, die sie doch über Jahre selbst mitgetragen und in den Grundzügen mit initiiert hat.
Führende politische Köpfe dieser Partei scheinen Positionen zu vertreten, die einerseits aus gesellschaftlichen oder rechtlichen Gründen weder machbar noch möglich erscheinen, sich einander widersprechen, gegen geltendes Recht verstoßen, wegen unseren Nachbarn und der EU einfach nicht durchsetzbar sind und auch mit der Logik hier und da in Konflikt geraten.
Schon seit FJ Strauß gibt es einen Grundsatz bayrischer Politik im Bund, dass nämlich rechts von der CSU es keine weitere Partei geben dürfe. Das erklärt sich aus der schlichten Tatsache, dass die CSU im Bund bisher immer so zwischen 6-7% der Wählerstimmen auf sich vereinigen konnte. Auch für die CSU gibt es im Bund wie für alle anderen Parteien auch die 5% Hürde. Bei 43,3 Mio. Wählerstimmen insgesamt muss die CSU also 2,13 Mio. (= 5%) Wählerstimmen in Bayern bekommen, um im Bundestag mitreden zu dürfen. Bisher erreichte sie bei 40-43% der bayrischen Wähler im Bund 6,5% der Stimmen. Jetzt allerdings liegen in aktuellen Umfragen die C-Parteien im Bund nur noch bei 35% aller Wählerstimmen, das ist ein Rückgang um gut 12,5%. Für die CSU würde ein Ergebnis von 32,5% in Bayern genau auf 5,0% im Bund stehen bleiben. Dazu kommen noch die vielen unzufriedenen Wähler, die demnächst einfach als Nichtwähler zu Hause zu bleiben drohen, die auch überwiegend zu Lasten der regierenden Parteien gehen. Sollte sich dieser Trend auch in Bayern weiter ausdehnen und die neue Kraft im Bund (AfD) auch in Bayern 10% der Wählerstimmen erobern, gerät der Einzug der CSU in den Bundestag in Gefahr. Die 10% AfD-Stimmen bedienen sich fast ausschließlich aus dem rechten Stammlager, das bisher allein der CSU als Pool zukam. In Krisenzeiten und bei schlechter Reputation der Bundespolitik könnte es ganz schnell eng werden für die kleine CSU!
Die Angst geht also um in der CSU, denn ein Scheitern im Bund wäre eine harsche Niederlage und hätte wohl auch bald ein Scheitern in der Heimat zur Folge. Schlechte Nachrichten sind für Regierende immer gefährlich. Was also tun, um diese Gefahr abzuwenden? Rückt die CSU weiter Richtung Mitte, wird sie sich im Sog der CDU auf weniger Stimmen einstellen müssen. Rückt die Partei aber weiter nach rechts, damit auch weiter Richtung Populismus, verliert sie Stimmen aus der Mitte, könnte aber der AfD vielleicht genügend Stimmen in Bayern abfischen, um auch weiterhin in der großen Politik mitspielen zu dürfen.
Laut Peter Altmaier (Nachrichten HR2 vom 26.02.2016) hat die Verabschiedung des Asylpakets 2 bereits zu einer deutlich Abnahme der Zustimmung für die AfD geführt. Was aber hat das Asylrecht mit der AfD zu tun? Die Partei und ihre Sprecher behandeln also das Problem AfD und damit die Stimmen am rechten Rand bereits jetzt schon mit großer Priorität und versuchen Schadensbegrenzung. Anders ist diese Verknüpfung in den Aussagen eines Spitzenpolitikers der Union eigentlich nicht zu erklären.
Die Folgen einer Politik, die mehr und mehr Rücksicht auf nationale, populistische und volksnahe Ausrichtungen setzt sind in einem Einwanderungsland für die politische Rechte doppelt gefährlich. Deutschland ist mit 19% Einwanderung nach USA das zurzeit zweitbeliebteste Einwanderungsland der Welt. Mehr als die Hälfte dieser Mitbürger besitzen einen deutschen Pass und sind wahlberechtigt. Sie werden sicherlich nicht überwiegend „rechts“ wählen, sondern mehr der Mitte zugewendet sein. Das heißt dann und mit klaren Worten ausgedrückt: Einwanderung ist eine Gefahr für die CSU. Sie stärkt sowohl Parteien am radikalen rechten Rand (aus Protest gegen Einwanderung) als auch die in der Mitte der Gesellschaft (durch die Einwanderung). Beides sind Richtungen, zu denen sich die eine Kraft wie die CSU, die sich zurzeit im trüben halbrechten Milieu aufhält, entscheiden müsste, um ihre jetzigen Wählerstimmen zu sichern. Sie kann aber nur eine dieser Richtungen wirksam bedienen. So erklärt sich wohl auch das oftmals vollkommen unverständliche Herumreden ihrer Spitzenkräfte, die in einem Satz sowohl liberale, konservative, populistische und auch nationale Wortfetzen enthalten und damit allen politischen Richtungen zu gefallen versuchen.
Die Quadratur des Kreises lässt grüßen!