Was haben wir Deutschen doch eine tolle Republik und wie gut ist es, dass sich Politiker, die sich bei Pateitagsschließung gerne den Gesang “Wann wir schreiten Seit‘ an Seit‘“ gönnen, uns einst gegen den Widerstand der breiten Masse eine Agenda verpasst haben, die uns heute im Vergleich mit allen anderen richtig gut dastehen lässt. Soweit mal kurz gefasst die allgemeine Tendenz, unseren wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Status im Weltenlauf des Neoliberalismus und der Globalisierung medienübergreifend zu beschreiben.
Nun ist die breite Masse eine Bevölkerungsschicht, die sich nahezu ausschließlich aus Lohn- und Gehaltsempfängern zusammensetzt, die gerade mal so viel in die Kasse bekommen, um sorgenfrei leben zu können, so denn nichts außergewöhnliches passiert. Mit „außergewöhnlich“ sind dabei nicht etwa Erdbeben, Kometeneinschläge, Tsunamis, Kriege oder Vulkanausbrüche gemeint, nein, das geht von Krankheit über unverschuldete Arbeitslosigkeit bis hin zum Zwang, jede Arbeit anzunehmen, auch wenn man davon nicht mehr sorgenfrei leben kann und zusätzlich Sozialleistungen in Kauf nehmen muss, damit die Letztgenannten nicht vollkommen zusammengestrichen werden.
Da gab es also eine Agenda, die als Reform verkleidet Vorstellungen der Bertelsmann Stiftung zu Sozialsystem und Arbeitsmarkt zu weiten Teilen unbearbeitet und unhinterfragt umsetzte. Des weiteren wurde bewusst und beabsichtigt ein Niedriglohnsektor eingeführt, der, wie heute mühelos festzustellen ist, alltägliche Not, Ausgrenzung, Altersarmut und Abhängigkeit produziert hat und zur Verelendung ganzer Landschaften führte.
Eine weitere Folge dieser Entwicklung war zumindest der Niedergang einer der verantwortlichen Parteien in der Wählergunst, die Abspaltung der linken Scene in einer neuen Partei und der Aufstieg einer Lobbyisten-Partei in die Regierungsverantwortung. Nun sollte man glauben, dass sich aus diesen Fakten heraus ein Umdenken, ein Hinterfragen oder zumindest etwas Unsicherheit entwickeln haben sollte darüber, ob der damals eingeschlagene Kurs so ganz richtig gewesen sei. Fehlanzeige, nein, ganz im Gegenteil, der damalige Kurs wird für das gute Standing Deutschlands verantwortlich gemacht, wird anderen Nationen empfohlen oder sogar aufgedrängt und man plant sogar eine Neuauflage der Agenda-Politik. Und die uneinsichtigen Köpfe, die den Niedergang verursacht haben, stehen selbstverständlich weiter an der Spitze dieses Ausbaues von Armut und Not.
Halb Europa versinkt durch den Export dieser Politik der Rücksichtslosigkeit in Arbeitslosig-, Hoffnungslosig- und Perspektivlosigkeit und Demonstrationen bringen mittlerweile Millionen auf die Straßen. Doch die Wirkung hier ist gleich „null“. Von Einsicht hier ist nichts zu sehen.
Der Wahlkampf der Verantwortlichen von 2013 soll jetzt unter dem Motto „soziale Gerechtigkeit“ geführt werden. Dabei wurden überwiegend Vorstellungen jener kleinen Partei übernommen, die sich aus Protest gegen die Agendapolitik abgespalten hatte und die seitdem vom gesamten politischen Spektrum einschließlich der Medien gemobbt wird. Nur werden diese Vorstellungen maximal minimiert und nur so weit ausgekleidet, dass sich keine wirkliche Änderung der bestehenden Verhältnisse ergeben kann.
Ich kann daher nur warnen vor einem politischen Wechsel in Berlin. Die jetzige dilettantische Regierung hat zwar nichts zustande gebracht, hat nur die Lobby der Finanzwirtschaft bedient, aber dabei ist doch noch das Eine oder Andere noch für die Allgemeinheit vom Tisch gefallen. Ein Regierungswechsel aber wird diese Häppchen auch noch zurückhalten und weiter mit großen Schritten in die falsche Richtung marschieren, nur wird sie dies effizient und wirkungsvoll gestalten, denn dilettantisch sind sie nun einmal nicht, die Macher der Armut und der Not. Was wir brauchen auch in Deutschland ist jetzt ein Clown, der auf der Straße sagt, was Wahrheit ist, der anklagt, die Menschen mobilisiert und der die Betroffenen auch bei uns auf die Straße bringt. Und dabei wäre dann „WIR SIND DAS VOLK“ der Slogan, der etwas bewegen könnte!
Und möge, um zum Anfang des Artikels zurückzukehren, den Sängern der Arbeiterlieder, vorausgesetzt, dass sie sich des Textes mal wieder erinnern können, beim nächsten Parteitag der Gesang im Halse stecken bleiben.