Der Neoliberalismus ist allgegenwärtig

Neoliberalismus ist kein Kampfbegriff, wie es verschiedenste Medien immer wieder zu verbreiten suchen. Auch ist er nicht in den 70ern als Propagandainstrument der Studentenrevolte entstanden. Die Idee des Neoliberalismus ist nunmehr bereits 70 Jahre alt und ist auf die erste moderne Wirtschaftskrise zurückzuführen, genau genommen auf die Antwort auf diese Krise, die Bestrebungen hervorbrachte, den Markt schärfer zu regulieren.

Unter dem Nobelpreisträgern Hayek und Eucken entstand dann ein Freundeskreis, der mit vielen sogenannten Denkfabriken sich zu einem internationalen Netzwerk zusammenschloss, um diese gegen den Markt gerichteten Bestrebungen umzukehren. Mit Thatscher (GB) und Reagen (USA) gelang ihm der Durchbruch in die politische Ebene, der bis heute andauert und konstante Veränderungen der Gesellschafts- und Wirtschaftsstrukturen bewirkt.

Werkzeug dieser Veränderungen ist die klassisch-römische Devise „devide et impera“ (teile und herrsche). Das große Ziel dieser Veränderungen ist es, Strukturen zu schaffen, die mithilfe von Deregulierung und Privatisierung immer größere Teile des Gesellschaftsvermögens in die Hand privat organisierter Eliten zu befördern, deren Macht somit auszubauen und somit eine Regentschaft dieser Eliten zu begründen. Begründet wird das damit, dass eine Demokratie im eigentlichen Sinne nicht funktionieren kann, da die Mehrheit der Bevölkerung nicht in der Lage sei, selbst vernünftig über ihr Schicksal zu entscheiden. Die daher favorisierte Staatsform der repräsentativen Demokratie wirkt hierbei wie ein Schutzmechanismus, da entweder große Geldmittel oder mächtige Beziehungen notwendig sind, um in die kleine Gruppe von Parlamentariern gewählt werden zu können. Auch das Hochdienen innerhalb der Parteien, deren Führungspersonal sich meist zu den Eliten zählt, kann daher nur mit dem Einverständnis der Eliten erfolgen. In GB und den USA, wo diese Veränderungen weit fortgeschritten sind, herrschen heute aufgrund dieser Bestrebungen in der Politik heute technokratische und oligarchische Strukturen vor. Beide Gruppen zählen zu den Eliten, denen sie schon aufgrund von Einkommen und Bildung eindeutig angehören.

Da zu den Eliten nur ein geringer Anteil der Bevölkerung gehören kann, sind die Anwendung verschiedene Werkzeuge notwendig, um die große Mehrheit (meist 90% der Bevölkerung) wirkungsvoll von Macht und Einfluss fernzuhalten. Diese Werkzeuge zielen auf die Aufteilung der Bevölkerung in kleine Splittergruppen, die zueinander in Konkurrenz stehen. So werden Alte gegen Junge, Arme gegen Mittelständler, Beamte gegen Arbeiter, Arbeitslose gegen Angestellte, Linke gegen Rechte, Männer gegen Frauen und so weiter ausgespielt und aufgehetzt. Solange diese Gruppen in Konkurrenz mit sich selbst beschäftigt bleiben, kann die Elite regieren, kann umverteilen und sich ungestört bereichern. Des Weiteren werden der Nicht-Elite die Chancen genommen, sich in großen und einflussreichen Organisationen zu organisieren. So werden neue Gewerkschaften gegründet, die immer kleinere Berufsgruppen vertreten und in Konkurrenz zueinander stehen. Immer größere Gruppen der arbeitenden Schicht werden mit Hilfe von Arbeitslosigkeit in unorganisierte prekäre Beschäftigungen gezwungen, werden dann mit disziplinarischen Maßnahmen überzogen und so zum stillhalten verdammt.

Begleitet werden diese Strukturen von einer Medien-Maschine, die Tag für Tag und Stunde für Stunde durchblicken lässt, dass jeder im Lande die gleichen Chancen habe und dass die Verlierer des Spiels selbst schuld seien an ihrem Schicksal. Diese Medien, die in Deutschland mehrheitlich in der Hand weniger privater Unternehmern sich befinden, dominieren nicht nur den  privaten Zeitungs- und Zeitschriftenmarkt, sondern wirken indirekt auch in die öffentlich rechtlichen Medienanstalten und die Politik hinein, deren Führungen sich ebenfalls zu den Eliten zählen. So sind Chefredakteure Regierungssprecher, sind Vorstände von Think Tanks in den Nachrichtenredaktionen der Fernsehanstalten zu finden und selbige sitzen ebenfalls in großer Zahl in den Rundfunkräten. Politiker werden von Vertretern der Medienindustrie beraten, bekommen von dort Vorlagen für Reden und Werbematerial für Wahlkämpfe.

Ein weiterhin gerne genutztes Werkzeug ist die Verfälschung von Zustandsbeschreibungen wie Statistiken und Kennzahlen für gesellschaftliche Entwicklungen. So ist das BIP zum Beispiel ein Kennwert, der nichts aussagt über die Qualität einer Entwicklung, ist die Arbeitslosenstatistik seit Jahren geschönt, wird der jährlich Armutsreport regelmäßig durch die Bundesregierung administrativ geschönt, werden Zahlen der Einkommensentwicklung durch statistische Methoden aufgepeppt (Mittelwert statt Median) und wird Planungsmaterial vorgelegt, das jeglicher vernünftiger Grundlage entbehrt, da eine Entwicklung auf viele Jahre vorausgeschätzt selten bis nie zu einer realistischen Annahme führen kann. Es werden sogenannte alternativlose Richtungsänderungen propagiert, es werden komplizierte Überlegungen halbherzig erklärt, falsch dargestellt oder sogar mit Neusprech in eine andere Stimmungslage überführt, so das der gemeine Mensch dieses entweder nicht verstehen kann oder falsch interpretiert. Ältestes Beispiel für Neusprech ist die Mehrwertsteuer, die nicht in einem Unternehmen den geschaffenen Mehrwert versteuert, sondern die eine reine Verbrauchssteuer ist, die nur den Endverbraucher belastet. Das hat mit Mehrwert in ökonomischen Sinn nichts mehr zu tun, klingt aber besser und belastet eben nicht die Unternehmen.

Ein weiteres Merkmal neoliberaler Strategie ist die Umwandlung von Gesellschaftseigentum in Privatbesitz. Ob sich hierbei um die Ausbeutung von Bodenschätzen handelt, ob es sich um Energien wie Strom aus Wasserkraft, Atomkraft oder der Verbrennung von Gas und Kohle handelt, immer wird gemeines Eigentum privat ausgebeutet. Selbst die Nutzung lebenswichtiger Wasservorräte gerät weltweit immer mehr in private Hände. Die Nutzung von Straßen und Kommunikationsnetzen, die als Versorgung getarnte Ausbeutung kranker Menschen, die Versorgung mit Nahrungsmitteln oder Konsumgütern, stets wird der privatrechtliche Weg bevorzugt eingesetzt. Es herrscht, durch die Medien unterstützt, der Glaube vor, das private Unternehmen besser wirtschaften können als der Staat. Daher wird dieser immer mehr zurückgeschnitten und auf das Notwendigste begrenzt. Notwendig ist aber aus neoliberaler Sicht nur, das dieser Staat die bestehenden Besitzverhältnisse durch Gesetze absichert und die große Mehrheit davon abhält, diese in Frage zu stellen. Daher wird der Staat von den Eliten auch nicht in Frage gestellt, denn nur er ist zu dieser Garantie in der Lage. Es darf daher Staaten geben, möglichst viele sogar, die, wie schon erwähnt das Prinzip „teile und herrsche“ erlauben, aber in Konkurrenz zueinander stehen und sich mit Lockangeboten den Eliten gegenüber überbieten. Geschätzt wird, was Profit bringt und wenn dieser den Eliten zufließt. Ein reicher Staat, der seine Armen versorgt, staatliche Leistungen und Vorsorge für alle anbietet, ist neoliberal betrachtet der erklärte Feind jeder Elite. Menschen, denen es gut geht haben viel Zeit zum Nachdenken. Das kann nicht gut sein und führt lediglich zu Verweichlichung und Zerfall. Daher wird ausschließlich für mehr Leistung und Motivation geworben und die Notwendigkeit von Wachstum in jeder Form deklariert. Wem es gelingt, mitzuhalten, steigt auf, wer scheitert, ist selbst schuld und hat nichts anderes verdient. Eine sehr einfache und repressive Art der Regentschaft, seit alters her bewährt.

Oligarchische und plutokratische Strukturen fördern Neid und Missgunst. Daher ist es hilfreich, durch Bedrohungsszenarien wie Kriminalität und Terrorismus die Einrichtungen von starken repressiven Behörden wie Geheimdienst, Polizei, Militär und Gerichtsbarkeit zu fördern und die Überwachung der Nicht-Eliten zu verschärfen. Kein Mitglied der Eliten sollte in Amt und Privatsphäre bedroht oder gar gefährdet werden können. Die Sicherheit der sich Leistungsträger nennenden Elite kann aber nur dann gesichert gelten, wenn die Rechte des einfachen Bürgers deutlich beschnitten wurden. Dies geschieht in Deutschland gerade durch die Ausweitung der Sicherheitsgesetze, durch Erweiterung der Überwachungskompetenzen und den geplanten Einsatz der bisher im Inland nicht wirkmächtigen Organisation des Militärs. Schön zu sehen ist das, wenn große internationale Treffen angesagt sind. Da werden beispielsweise 20 Politiker von 30000 Polizisten beschützt und 2000 friedliche Demonstranten auch schon mal von 10000 Polizisten in Schach gehalten.

Das neoliberale Werkzeug zeigt sich ebenfalls sehr deutlich, wenn Kritik und Aufklärung drohen. Da die eingenordeten Medien und Anstalten diese nicht verbreiten (dürfen), stellen sich diese meist im Internet zu Diskussion. Die Autoren dieser Beiträge werden dann regelmäßig in geneigten Medien in Gesprächsrunden und Kommentaren als Verschwörungstheoretiker oder Feindversteher, als Abweichler und Quertreiber denunziert und mit perfiden persönlichen Angriffen auf breiter Front niedergewalzt, wie dies zurzeit an Autoren wie Ganser und Lüders oder Politikern wie Wagenknecht unschön zu erleben ist.  Aufklärung und Bildung für alle ist nicht erwünscht, nicht in Massenmedien und Netzwerken, nicht in Schulen und Universitäten. Neoliberalismus fordert und fördert die Herrschaft einer selbstbestimmten Elite, die sich durch unbeschränkte Macht und unbegrenzte Geldmittel auszeichnet. Wer stört oder gefährlich aufklärend tätig sein möchte, muss mit einer geballten Gegenreaktion rechnen. Nicht selten hat diese ihre Opfer zerstört und/oder ins Abseits der medialen Aufmerksamkeit befördert.

Der Neoliberalismus ist eine für die Allgemeinheit gefährliche Weltanschauung, die nicht selten ganze Landstriche und Volksgruppen in die Verarmung entlässt  und nur mit dem Begriff der Verwahrlosung der politisch wirtschaftlichen Sitten beschrieben werden kann. Leider ist er heute allgegenwärtig. Aber auch heute gilt, dass eine große Mehrheit nicht von wenigen ausgebeutet werden kann, wenn diese Mehrheit es nicht zulässt. Das Mittel der Wahl für eine Veränderung ist Aufklärung und Bildung, ist Solidarität und zu wissen, was Tag für Tag geschieht und darüber öffentlich Zeugenschaft abzulegen. Gelingt das nicht, werden in naher Zukunft schon große Teile der Welt Schaden nehmen oder sogar untergehen. Es liegt an uns, dies aufzuhalten.

Kommentar hinterlassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert