Die viel beschworene Angst der Bürger erscheint mir angesichts der Verbreitung von Narzissmus in den Eliten durchaus angemessen, und auch die oft beschworene Feigheit angesichts der Missverhältnisse, mit anderen Worten zu schweigen und zu ertragen, erscheint mir im Angesicht der allgegenwärtigen und Kritik-unfähigen Selbstliebe als durchaus angemessen. Der Heldenstatus währt nur kurz und ist schnell vergessen. Und ein jeder hat offensichtlich nur ein einziges Leben. Das zu gefährden, wäre wagemutig und tollkühn. Da stellt sich doch direkt die Frage, was jetzt mutig wäre in diesem Bild. Was kann ich eigentlich als Einzelner noch zielführend tun? Mutig wäre es zum Beispiel, seine Stärken auszuspielen und sich weder beeindrucken noch entmündigen zu lassen. Der Narzisst braucht Anhänger, Bewunderer und Erfolg. Entziehen Sie ihm diese Motive, indem sie nicht anhängen, nicht bewundern und seine Waren und Dienstleistungen nicht kaufen, wird seine Macht wesentlich geschwächt. Ihr Geldbeutel ist also eine mächtige Waffe, Organisationen brauchen Mitglieder, und Macht-Demonstrationen brauchen Bewunderer. Niemand kann Menschen in westlichen Systemen zwingen, sich so missbrauchen zu lassen. Und vielleicht sollte man einfach hier und da auch Menschen unterstützen, die den Wagemut, sich zu erheben, aufgebracht haben. Dazu zählt die kleine Spende für alternative Medien, die „finde ich gut“ Bestätigung in den Sozialen Medien und das Kreuz an der richtigen Stelle im Wahlzettel. Und natürlich gibt es den alltäglichen Einsatz in den vielen kleinen Gesprächen, in denen Sie Überzeugungsarbeit leisten können. Jedes gute Gespräch kann Zweifel oder sogar Richtigstellung schaffen, kann Wissen und/oder Hoffnung vermitteln. Jeder kann also gefahrlos etwas beitragen.
Warum beschäftige ich mich mit dem Narzissmus? Nun, weil mir dieser in der Historie immer wieder begegnet und weil diese Persönlichkeitsstruktur immer wieder große Trümmerstätten erzeugt hat, sei es durch Kriege, seien es Zerstörungen in Organisationen, Familien oder auch nur in betrieblichen Abteilungen. Ich prophezeie heute schon den amerikanischen Republikanern eine ebenso stark ausgeprägte Schwächung, wie sie die deutsche SPD erfahren hat. Auch En Marche in F wird wohl die nächsten Wahlen nur stark geschwächt überstehen und damit das Los der Sozialisten teilen dürfen. Die Tory‘s in GB werden ebenfalls, sollte nicht ein Wunder geschehen, keine großen Erfolge mehr verzeichnen können. In D ist der Narzissmus ebenfalls mehr als zu Hause. Diese Prägung bestimmt noch immer die Politik in weiten Teilen, trotz vieler Fehlleistungen und fragwürdigem Verhalten führender Köpfe. Vor dieser Disposition ziehen scheinbar alle Ängstlichen erfahrungsgemäß noch immer lieber den Kopf ein. Diese Form der Persönlichkeit ist nämlich für Argumente jeglicher Art einfach verschlossen. Sie beharrt auch dann noch auf ihrer Meinung, wenn der Beweis des Gegenteils direkt vor ihnen und für alle sichtbar auf dem Tisch liegen würde. Und natürlich spielen sie eine einmal erhaltene Macht rücksichtslos aus. In meinen Augen zerstören Narzissten nur. Sie erschaffen nichts. Sie stehen für das schlichte Gegenteil nachhaltiger Entscheidungen. Nun ist ja ein schwach ausgeprägter Narzissmus ja bei vielen Führungspersönlichkeiten zu sehen. Deshalb sind sie ja gerade Führer. Daher muss bei wählbaren Führungspersönlichkeiten stets etwas dazu kommen: Nächstenliebe zum Beispiel, was bei Narzissten allerdings oft in Vorteilnahmen ausufert. Ein anderes wäre wohl Weitsicht, die meist nur noch als Liebe zum eigenen Volk ausgetragen oder verstanden wird. Ich plädiere allerdings als Kriterium mehr für Menschenliebe oder einfach für Liebe zum Leben. Ein guter Politiker vermittelt und spaltet nicht. Er ist mitfühlend und drängt sich nicht bei jeder Gelegenheit in den Vordergrund. Ein guter Führer ist selten allseits präsent. Sie kennen niemand, der ein solches Kriterium erfüllt? Es gibt nicht nur die allseits bekannten Parteien und nicht nur deren Medien-verwöhnte Vertreter. Schauen Sie sich um. Hören Sie zu. Gehen Sie zu Veranstaltungen, wo auch unbekannte Leute sprechen. Seien Sie mutig. Es lohnt sich.