Wie allseits bekannt hat der Präsident der USA Marschflugkörper auf Syrien abgefeuert, obwohl dieser Staat mit der Supermacht Russland verbündet ist und hier eine Eskalation zwischen Riesen (Atommächten) drohen könnte. Für unsere Republik Deutschland erfand die Regierungschefin die Bezeichnung „nachvollziehbar“ für die Bewertung dieser Aktion.Die Handlung des Verbündeten ist nachvollziehbar bedeutet, dass man zwar das Verhalten nicht billigt, es aber auch nicht kritisieren möchte.
Das ist in etwa so, wenn man über den Dieb, der nach Tat mit dem Diebesgut im Gepäck erwischt wurde, behauptet, er habe das Tafelsilber nicht stehlen wollen, sondern nur gedachte, es sich für ein paar Tage auszuleihen. Ich weiß nicht, wie das bei Staatsanwalt und Richter aufgenommen werden würde. Wir Wähler und Nachrichtenleser sind in diesem Fall die Richter, die hier jeder für sich und in Bezug auf sein Wahlverhalten zu entscheiden haben, ob hier durch den Angriff der USA ein Verstoß gegen geltendes Recht vorliegt oder nicht und ob die Beweise und Argumente, die vorgelegt oder vorgebracht wurden, ausreichen, das Geschehen zu rechtfertigen oder nicht. Und natürlich kommt bei der Wahl das Kreuz zu der Partei, die meine Vorstellungen zum Krieg teilt und auch artikuliert. Natürlich gibt es noch viele andere Themen, aber das Thema Krieg und friedliches Leben hat in meiner Betrachtung zur Politik einen sehr hohen Stellenwert.
Unsere Regierung und deren Vertreter jedoch sind Diplomaten, die sich zukunftsfähig verhalten müssen. Die größte und mächtigste Macht (Imperium) und dessen erster Vertreter kann man auf diplomatischem Parkett nicht verurteilen, ohne (wahrscheinlich) unangenehme Reaktionen befürchten zu müssen. Zumindest scheint das eines der Motive der ein wenig feige klingenden Aussagen zu diesem Thema zu sein. Jeder Wähler muss für sich entscheiden, ob das eine gültige Ausrede sein kann oder nicht.
Was mich betrifft, halte ich das Völkerrecht und seine Charta für ein sehr wertvolles Gut. Es ist nicht nachvollziehbar, wenn ein Verteidigungsbündnis oder ein Vertreter desselben dieses geringschätzen oder gar nicht mehr zu beachten pflegen. Die Vokabel „nachvollziehbar“ ist in meinen Augen eine Geringschätzung. Die Nato ist nicht nur eines dieser Bündnisse, es führt auf seiner schon lange nicht mehr weißen Weste die Liste der Verstöße gegen dieses Abkommen mit großem Vorsprung an. In diesem Abkommen werden Systemwechsel und alle dazu vorgesehenen Unterstützungen von Rebellengruppen von außerhalb des betroffenen Staates geächtet. Es ist nicht erlaubt, fremdes Staatsgebiert ohne UN-Mandat militärisch zu betreten oder zu beschießen. Der Vertreter Syriens ist der von der UN anerkannte Präsident Assad und seine Regierungsmannschaft, die dieses Land auch offiziell in der UN-Versammlung vertreten. Die Nato-Staaten unterstützen Rebellen mit dem Ziel eines Systemwechsels, sie überfliegen, betreten und beschießen das Staatsgebiet Syriens ohne Erlaubnis seiner offiziellen Vertretung und sehen ohne Grund eine Ausnahmesituation für gegeben, obwohl noch nicht einmal eine Untersuchungen dazu stattfinden konnten. Also ich als Richter sehe da weder mildernde Umstände noch Nachvollziehbarkeiten.
Wenn man Diskussionsrunden wie Sonntag bei Anne Will aufmerksam nachverfolgt, wird jedem deutlich, wie absurd die geäußerten Vorstellungen und Argumente zum Völkerrecht sind. Man könnte meinen, da spielen Akteure nur Schach oder Tennis und man diskutiert über Strategien und Taktiken in einem sportlichen Wettkampf. Die Regeln darin erscheinen verschwommen oder unklar und/oder für manche gar nicht gesetzt zu sein. Und wenn das heutige Spiel mal wieder schief oder verloren geht, gibt es morgen ein neues. Und genau hier werde ich für Politik deutlich widersprechen müssen. Das ist kein Spiel, das ist bitterer Ernst. Hier geht es um Menschenleben, Millionen von Menschenleben. Es geht um Armut, Not, Leiden und Grausamkeiten bar jeglicher Vorstellung. Menschenleben sind doch nicht nur wichtig in Paris, Berlin und New York, sondern immer und überall auf dem ganzen Erdball.
Haben wir nicht genug anderes zu tun in dieser Welt. Million afrikanischen Menschen droht der Hungertod. Interessiert das denn niemand mehr: Keine Hilfe, keine Schiffe, keine Flugzeuge oder Hubschrauber, die Nahrung bringen. Menschen ertrinken im Mittelmeer auf der Flucht, während ihr euch auf euren Schiffen, Flugzeugen und Stützpunkten belauert, statt Leben zu retten. Eine entfesselte Wirtschaft und deren Chaos bedroht die Lebenswirklichkeiten in Südeuropa, in Südamerika, in Afrika und Asien, und es gibt anscheinend für euch nichts Besseres zu tun, als einen kleinen Staat im Nahen Osten in die Steinzeit zurück zu bombardieren, um ihn dann, wahrscheinlich mit Milliardenhilfen aus Steuergeldern, wieder aufzubauen?
Es macht mich fassungslos, wie hierzu argumentiert wird, und von mir als Richter würdet ihr alle, die Täter als auch die feigen Klein-Redner, verurteilt und von der Ausübung von Macht für immer getrennt werden. Aber ich bin nicht Richter, sondern nur ein Wähler. Was ich einzig verweigern kann ist meine Stimme für euch Befürworter des Krieges als Mittel der Politik, und diesmal bekommt ihr meine Zustimmung mit Sicherheit nicht! Und ich werde zusätzlich und rund um die Uhr und überall diskutieren und jeden, den ich irgendwie im Gespräch treffen kann, von dieser meiner Ansicht zu überzeugen versuchen. Ich erkläre euch den demokratischen Krieg, geführt zwar nur mit Überzeugung, verbalen Ausführungen und Argumenten, aber er wird unerbittlich gestaltet sein. Das Wegschauen muss ein Ende haben!