Kommen wir zurück zum eigentlichen Thema des Artikels, der Menschenwürde. Obwohl dieser Begriff heute wieder großen Raum in der Diskussion zu Recht und Gesetzt einnimmt, sind zunehmend auch Stimmen zu hören, die diesen Begriff gerne aus dem Gesetzestext entfernen würden. Sie halten die Würde für einen windigen Begriff, für eine metajuristische Pathosformel oder sogar als eine Argumentationskeule, die jede Debatte über ein Thema ersticken könne. Rat- und gedankenlose Moralisten würden sich hinter dem Begriff verstecken oder als Tabuformel ansehen, um nicht über bestimmte Ansichten kontrovers diskutieren zu müssen. Was gerne dabei übersehen wird und was diese Äußerungen so fragwürdig erscheinen lässt ist die Tatsache, dass durch Artikel 79 Absatz 3 GG dieser Begriff eine Ewigkeitsgarantie besitzt, dieser Begriff wie oben schon erwähnt die Achtung und den Schutz des Staates für alle Menschen garantiert und aller staatlicher Gewalt enge Grenzen setzt. Ihn weg zu diskutieren, weg zu definieren oder sogar mit einer eingrenzenden Dialektik abzuschwächen zu suchen, ist nutzlos. Hier beißen sich die Wissenschaften, die jede für sich eine Eingrenzung ihres Gültigkeitsrahmens pflegen, die Zähne aus. Selbst die über alles erhabene Philosophie sieht sich hier nicht als zuständig an. Hauptsächlich wird in den Kritiken konstatiert, das etwas Irrationales in die Rechtsnormen einfließen könne, wenn die Menschenwürde immer häufiger als Begründung für Moralitäten verwendet würde. Warum ist das so?
Die Würde des Menschen, so wie sie im GG verankert ist, ist ein absolutes Recht. Sie kann nicht eingegrenzt werden, denn die Formulierung „unantastbar“ lässt keine Eingrenzung zu. Somit ist die Würde wie die Unendlichkeit und die Ewigkeit ein Begriff, der sich jeder Definition verweigert. Sie ist absolut. Das wir solch ein Recht in unserer Verfassung in dieser unkündbaren Weise besitzen, ist ein Glück sondergleichen. Sie ist, obwohl Menschen sich in der Regel nicht ideal verhalten, die Einforderung eines Ideals. Daher kann sie auch niemals nur als einfaches Gesetz betrachtet, niemals definiert und von einem Einzelnen unter Strafandrohung eingefordert werden. Sie ist daher immer nur eine Rechtsnorm, an die sich der Gesetzgeber zu orientieren hat, der wiederum nur durch das Verfassungsgericht und deren geschulten Richtergremien bewertet werden kann. Bedingt durch diese Besonderheit blickt die Politik und die Staatsverwaltung stets mit einem besorgten Auge auf diese Rechtsnorm und würde sie liebend gerne kippen, behindert sie doch die Freizügigkeit, Gesetze nach Belieben und gerade mal nach modern erscheinenden Dogmen zu verfassen, enorm.