Die Münchner Sicherheitskonferenz ist das beherrschende Thema dieser Woche. Man stellte sich nicht nur dort die Frage, ob die neue amerikanische Administration, die mehrere hochrangige Vertreter zu dieser privat organisierten und durch die Bundesregierung unterstützten Militärkonferenz schickte, dort ihre künftige Politik bezüglich der NATO zu offenbaren beabsichtige. Das Ergebnis allerdings ist ernüchternd.
Während jetzt in Medienkommentaren und TV-Diskussionsrunden gerätselt wird, was die Ausführungen dort zu bedeuten haben, haben deutsche Regierungsvertreter schon ihre Schlüsse gezogen und fangen an Fakten zu schaffen. Da ist von einer massiven Erhöhung des Verteidigungsetats mit mindestens 8 % Steigerung pro Jahr die Rede, und es wird aufgerufen, mehr Verantwortung nach Europa zu nehmen und dem Imperium, das seine Aufgaben nicht mehr wie bisher zu erfüllen vermag, zu helfen und zur Seite zu stehen. Was aber bedeutet das in der Praxis?
Bei Beibehaltung der jetzigen Haushaltspolitik (Schwarze Null) müsste eine Steigerung der Verteidigungsausgaben aus den anderen Resorts herausgebrochen werden. Da aus der Erfahrung der letzten Jahre heraus dieses immer nur aus den sozial relevanten Resorts geschah, kommen hier nur die Ministerien für Arbeit und Soziales, Entwicklungshilfe, Gesundheit, Verbraucher und Familie in Betracht. Die Resorts Inneres, Wirtschaft, Finanzen sowie das Außenministerium bieten hierfür auch gar nicht genug an Masse. Und dann ist natürlich auch zu klären, wie diese zusätzlichen Mittel eingesetzt werden sollen und für oder gegen wen diese Aufrüstung denn sichern soll. Auslandseinsätze für humanitäre Hilfeleistungen werden wohl kaum gemeint sein. Auch nicht vorgesehen sein werden die Mittel für die Marine zur Rettung von Flüchtlingen im Mittelmeer. Wer ist denn für Europa noch ein Feind? Wer könnte Europa mit den Atommächten Frankreich und Großbritannien und weiteren hochgerüsteten konventionellen Armeen denn angreifen wollen? Da bleibt eigentlich bei rationaler Betrachtung nur ein Kandidat übrig, und das ist Russland. Dieses Land ist aber ebenfalls eine hochgerüstete Nuklearmacht und ist konventionell somit gar nicht zu beeindrucken. Wie also sollen die verstärkten Rüstungsausgaben zur Verteidigung eigentlich investiert werden? Ich persönlich nehme an, die von BP Köhler aus Versehen angeschnittenen Angriffskriege der NATO zur Verteidigung unserer Rohstoffinteressen im Orient und in Afrika, damit gemeint sind. Hierfür werden in Erfüllung bestehender Doktrin meiner Meinung nach auch die zusätzliche Mittel verwendet werden. Wie ist das aber mit Verteidigung und Angriffskriegen? Letzteres ist in dieser Form weder durch das Grundgesetz noch durch die von Deutschland unterzeichnete UN-Charta gedeckt.
Meiner Meinung nach werden hier einerseits nur Zusatzeinnahmen für den militärisch-industriellen Komplexes kreiert und weiterhin betätigt man sich wie in der Vergangenheit auch als Steigbügelhalter der USA und deren Anspruch, die eine Führungsmacht in einer monopolaren Welt zu sein. Das weder Russland noch China dieses zulassen werden, kann nicht nur logisch nachvollzogen werden, sondern ist auch besonders aus verschiedenen Reden von deren Führungspersonal eindeutig herauszuhören. Ich erinnere nur an Putins Rede auf der Konferenz 2007. Dort warnte er vor einer weiteren Erweiterung der NATO an Russlands Staatsgrenze und stellte Widerstand in Aussicht, falls diese Warnung nicht gehört wird. Und so ist es dann ja auch gekommen. Die Vereinnahmung der Ukraine und Syriens durch das westliche Imperium wurde von ihm erfolgreich unterbunden. Und Russland ist somit auch wieder zurückgekehrt auf der Weltbühne der Großmächte. Dass es sich damit Sanktionen einhandeln könnte, wurde dort auch sicherlich bedacht und in Kauf genommen. Russland aber allein die Schuld für die Verschärfung der Weltsicherheitslage verantwortlich zu machen, ist unsinnig. Europa und die USA haben bisher noch jeden Streit begonnen. Jetzt müssen sie auch mit den Folgen leben und entsprechend handeln. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Russland Versuche einer Annäherung an Europa ablehnen würde, im Gegenteil. Wir als Europäer müssen uns nur trauen und uns aus der Unterwürfigkeit den USA gegenüber befreien. Mit Trump ist dieses erstmals möglich geworden. „America first“ bedeutet für Europa eben folgerichtig auch „Europe first“ für die Staaten der EU. Und gut für Europa ist heute und jetzt eine Verständigung mit Russland. Das öffnet einerseits neue Märkte für die Wirtschaft, schafft zusätzlich Ressourcen bei den Verteidigungsausgaben und holt ein altes europäisches Volk in die europäische Wertegemeinschaft zurück. Und es bietet etwas mehr Distanz zum Imperium USA, dass durch die Wahl von Trump zum Präsidenten mehr und mehr zu einem politischen Risiko werden wird oder sogar schon geworden ist.
Besser als in der Präambel der UN kann das Ziel einer jeden internationalen Verständigung nicht ausgedrückt werden:
PRÄAMBEL
WIR, DIE VÖLKER DER VEREINTEN NATIONEN – FEST ENTSCHLOSSEN, künftige Geschlechter vor der Geißel des Krieges zu bewahren, die zweimal zu unseren Lebzeiten unsagbares Leid über die Menschheit gebracht hat, unseren Glauben an die Grundrechte des Menschen, an Würde und Wert der menschlichen Persönlichkeit, an die Gleichberechtigung von Mann und Frau sowie von allen Nationen, ob groß oder klein, erneut zu bekräftigen, Bedingungen zu schaffen, unter denen Gerechtigkeit und die Achtung vor den Verpflichtungen aus Verträgen und anderen Quellen des Völkerrechts gewahrt werden können, den sozialen Fortschritt und einen besseren Lebensstandard in größerer Freiheit zu fördern, UND FÜR DIESE ZWECKE Duldsamkeit zu üben und als gute Nachbarn in Frieden miteinander zu leben, unsere Kräfte zu vereinen, um den Weltfrieden und die internationale Sicherheit zu wahren, Grundsätze anzunehmen und Verfahren einzuführen, die gewährleisten, dass Waffengewalt nur noch im gemeinsamen Interesse angewendet wird, und internationale Einrichtungen in Anspruch zu nehmen, um den wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt aller Völker zu fördern – HABEN BESCHLOSSEN, IN UNSEREM BEMÜHEN UM DIE ERREICHUNG DIESER ZIELE ZUSAMMENZUWIRKEN. Dementsprechend haben unsere Regierungen durch ihre in der Stadt San Franzisco versammelten Vertreter, deren Vollmachten vorgelegt und in guter und gehöriger Form befunden wurden, diese Charta der Vereinten Nationen angenommen und errichten hiermit eine internationale Organisation, die den Namen „Vereinte Nationen“ führen soll.
Vielleicht sollten bei der Eröffnung von Konferenzen dieser Art wie in München die Vereinbarungen aller Völker der UN, zu deren Einhaltung sich alle Unterzeichnerstaaten verpflichtet haben, nochmals in Erinnerung gerufen werden. Vielleicht würden dann andere Ergebnisse als bisher möglich und andere Reden gehalten werden.